Der andere Blick auf Tschechien - oder das Individuum im Zentrum
Verehrte Hörerinnen und Hörer den heutigen Schauplatz widmen wir einem eher abstrakten, wenn auch sehr reizvollen Thema. Mit dem schweizerischen Botschafter Johann Bucher unterhielten wir uns über die Stellung des Individuums in der postkommunistischen Gesellschaft, aber auch über den kürzlich erfolgten Staatsbesuch von Vaclav Havel in der Schweiz. Silja Schultheis heisst Sie herzlich willkommen zu einer Sendung, die unsere freie Mitarbeiterin Marcela Pozarek zusammengestellt hat.
Zur Zeit weilt Johann Bucher bereits in Wien, gesprochen hat er aber mit Radio Prag noch an seinem alten Dienstort als Botschafter in der Tschechischen Republik. Ende Juni besuchte der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel die Schweiz. Er der immer durch kluge gesellschaftspolitische Analysen besticht traf in der Schweiz auf ein nicht minder kluges Pendant, Bundespräsident Moritz Leuenberger. Diese Begegnung bewegte sich nicht in tagespolitischen Niederungen, vielmehr in philosophische Höhen, die jedoch für grundlegende Fragen Raum geboten haben. Einer dieser Fragen betrifft die Gründung des Staates als ein zivilgesellschaftliches Gründbedürfnis, wie Vaclav Havel auf der Rütliwiese in der Innerschweiz bemerkte.
"Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist durch einen Vertrag entstanden und darin sehe ich ein Prinzip, das sich immer deutlicher als ein internationales Ordnungsprinzip durchsetzt. Es sollte auf einem gleichberechtigten Vertrag basieren, den Bürger, Nationen oder regionale Einheiten eingehen und ich möchte mich hier an dieser Stelle vor dem Willen kleiner Staaten, kleiner Gemeinschaften in der Freiheit zu leben, verbeugen. Diesem Willen dem Druck von Großmächten stand zu halten."
Bundespräsident Moritz Leuenberger hat mit seiner Rede wiederum eine Brücke geschlagen zwischen der Rütliwiese und der Tschechischen Republik. Die Frage nach der Stellung des Einzelnen in einer sich in komplexer Weise verändernden Welt kann niemand endgültig beantworten und doch lässt sich, wenn nicht eine Antwort, manchmal immerhin ein gewisser Halt finden. Oder wie Botschafter Bucher in seinem Landschaftsdiskurs ausführt...