Der Medienspiegel: Verschrottungsprämie, Gesundheitsgebühren und des Kreishauptmanns Telefonnummer
Nach Ostern wieder hochgekocht ist das Endlos-Thema der Gesundheitsgebühren: In einigen Landkreisen gibt es dazu Gerichtsurteile, die die Erstattung der Gebühren durch die Regionalregierungen verbieten. Das ist natürlich wieder ein großes Thema in der tschechischen Presse. Und der mittelböhmische Kreishauptmann hat deswegen nun Probleme mit seiner Handynummer.Außerdem: Jetzt ist sie auch in Tschechien da – die Verschrottungsprämie. Und zwar nicht nur für Autos. Mehr dazu erfahren Sie nun in unserem wöchentlichen Medienspiegel.
"Ja, Finanzminister Miroslav Kalousek hat bisher immer betont – und nahezu gebetsmühlenartig wiederholt – das so eine Prämie einen bestimmten Industriezweig bevorzugt und außerdem viel Geld kostet. Geld, das in der Staatskasse einfach nicht vorhanden ist."
Jetzt kommt aber diese Abwrackprämie doch. Woher diese plötzliche Wendung?
"Das hängt mit der Bildung der Übergangsregierung zusammen, die ja von Demokratischer Bürgerpartei und Sozialdemokraten unterstützt wird. Im Zuge der Gespräche darüber haben sich die beiden großen Parteien auch auf ein gemeinsames Anti-Krisen-Paket geeinigt. Und dabei konnten eben die Sozialdemokraten ihre Forderung nach einer Verschrottungs-Prämie durchsetzen."Wie kommentieren denn die Medien diesen doch einigermaßen überraschenden Schritt?
"Dazu habe ich einen sehr interessanten Kommentar gefunden. Wieder in den „Hospodářské noviny“, was ja übersetzt „Wirtschaftszeitung“ heißt – für das Blatt ist das „šrotovné“ natürlich ein großes Thema. Am Dienstag veröffentlichte dazu Ondřej Schneider einen Kommentar unter dem bissigen Titel „Die Verschrottungsprämie ist ein Blödsinn, darum ist sie beliebt“. Schneider zieht darin das Vorhaben ordentlich durch den sprichwörtlichen Kakao. Wie Finanzminister Kalousek spricht er von einer einseitigen Stützung der Autoindustrie. Und auch die oft gebrachten Argumente, dass eine Verjüngung des veralteten Pkw-Parks in Tschechien Vorteile für die Verkehrssicherheit und die Umwelt habe, zieht Schneider in Zweifel: „Vielleicht könnten die Unfallzahlen zurückgehen und damit auch die Ausgaben für die Versorgung der Verletzten (aber modernere Autos verleiten auch dazu, schneller zu fahren, also werden die Unfälle in Zukunft vielleicht schwerer sein). Womöglich geht die Umweltverschmutzung ein wenig zurück (aber mit einem neue Auto fährt man üblicher Weise mehr, und damit steigen auch die Emissionen.)“ Ondřej Schneider macht auch den wahren Grund für die Einführung der Abwrack-Prämie aus: „Die Autofirmen sind mächtig. Sie beschäftigen viele Leute und haben Hunderte Millionen an Marketingbudgets, die sie für ‚Lobbying’ ausgeben. Darum hören die Politiker auf sie und nicht auf die Vertreter der weniger privilegierten Firmen.“
„Weniger privilegierte Firmen“? Was kann man sich darunter vorstellen?
"Der Autor des Kommentars in der „Hospodářské noviny“, Ondřej Schneider bringt ein eher kurioses, aber dennoch sehr aussagekräftiges Beispiel, das er mit der Frage „Wie alt ist ihr Stuhl?“ einleitet. Er schlägt nämlich eine „Verschrottungsprämie“ für alle Arten von Stühlen vor. Das würde die krisengeschüttelte Möbelindustrie unterstützen, die in Tschechien auch sehr viele Leute beschäftigt. Und brächte nahezu allen Bürgern Vorteile, nicht nur den Autofahrern. „Das Durchschnittsalter der Stühle in Tschechien ist sehr hoch. Und zwar sowohl im privaten, wie auch im öffentlichen Sektor. Ein Großteil der Stühle in den Schulen etwa erinnert an die Zeiten des entwickelten Sozialismus.“ Und viele Stühle in den tschechischen Amtsstuben seien sogar gesundheitsgefährdend, so Schneider. „Es wäre auf jeden Fall eine gerechtere staatliche Unterstützung als die Schrott-Prämie. So gut wie jeder könnte davon profitieren, nicht nur diejenigen, die eine Viertelmillion und mehr (Kronen) für ein neues Auto zu Verfügung haben. Die Vorteile für die Gesundheit sind unbestreitbar. Einen Stuhl zu kaufen ist außerdem sehr einfach, das heißt, das hätte einen unmittelbaren Effekt für die Wirtschaft.“
Eine sehr interessante Theorie. Es gibt ja bereits so genannte Schrottprämien für andere Produkte als Autos, nicht wahr?"Ja, genau. Nämlich für Elektrogeräte. Mehrere Stromkonzerne, darunter der halbstaatliche „Platzhirsch“ ČEZ bieten ihren Kunden bis zu 1000 Kronen – also knapp 40 Euro – für den Austausch der Waschmaschine, des Trockners, des Geschirrspülers oder der Gefriertruhe gegen ein neues, besonders energiesparendes Gerät. Die Sache hat aber einen Haken: Die Prämie gibt es nur bei Kauf eines Gerätes einer bestimmten Marke beziehungsweise beim Einkauf in bestimmten Geschäften. Und das hat nun die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen, wie die „Lidové noviny“ am Donnerstag berichtete: „Das Kartellamt prüft, ob ČEZ mit seiner Waschmaschinen-Abwrackprämie nicht gegen die Regeln des freien Wettbewerbs verstößt.“ Die Zeitung zitiert dazu den Chef der Behörde, Martin Pecina: „In Anbetracht der Tatsache, dass wir zwei Beschwerden dazu bekommen haben, haben wir in dieser Sache ein Prüfungsverfahren eingeleitet.“
So viel also zum Thema Schrott-Prämie, das uns sicher noch eine ganze Weile beschäftigen wird. Ein Thema, das es bereits zum Dauerbrenner geschafft hat, sind die umstrittenen Gesundheitsgebühren. Warum ist den diese Endlos-Geschichte nun wieder hochgekocht?
"Es gibt dazu jetzt einige Gerichtsurteile. Bereits in der vergangenen Woche hat ein Gericht dem mährisch-schlesischen Kreis – übrigens schon zum zweiten Mal - verboten, den Patienten in der kreiseigenen Krankenhaus-Apotheke in Opava / Troppau die Rezeptgebühren in der Höhe von 30 Kronen (80 Eurocent) zu erstatten. Ein privater Apotheken-Betreiber hat gegen unlauteren Wettbewerb geklagt und bei Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das gleiche ist auch in Mittelböhmen passiert, wo seit Dienstag die Rezeptgebühren in den kreiseigenen Apotheken nicht mehr erstattet werden dürfen. Das hat den streitbaren sozialdemokratischen Kreishauptmann schwer verärgert. Er hat in den Apotheken Schilder anbringen lassen, in denen er die Gründe für die Nicht-Erstattung der Gebühren nennt und gegen das seiner Ansicht nach „asoziale“ Gerichtsurteil wettert. Und er nennt auch den Namen der Richterin. Vom ursprünglichen Plan, auch die Telefonnummer der Richterin zu veröffentlichen, ist er allerdings wieder abgekommen. Aus „technischen Gründen, wie der Zeitung „Lidové noviny“ gegenüber am Mittwoch erklärt hat: „Ich weiß nicht einmal genau, warum die Nummer nun doch nicht drauf ist. Offenbar hat sie keinen Platz mehr gehabt.“
À propos Telefonnummer: Kreishauptmann Rath hat doch auch Probleme mit seiner eigenen Handynummer?"Ja, Raths politische Mitbewerber – um nicht Gegner zu sagen – von der neuen Partei der Liberalen haben die Nummer des kreishauptmännlichen Diensthandys im Internet veröffentlicht. In einem Interview für die Mittwochs-Ausgabe der Zeitung „Hospodařské noviny“ zeigt David Rath kein Verständnis für diesen Schritt: „ Ich bekomme jeden Tag etwa 150 SMS-Nachrichten und habe ebenso viele versäumte Anrufe. Das sind hauptsächlich unbekannte Nummern. Dabei gehen auch einige wichtige Informationen verloren, weil ich keine Zeit und Lust habe, alle Leute zurückzurufen und alle Nachrichten zu lesen.“ Es sei einfach ein infantiler Akt, seine Nummer ins Internet zu stellen, so Rath. Und ein gefährlicher noch dazu, denn als oberster Katastrophenschutz-Beauftragter in seinem Landkreis müsse er immer erreichbar sein. Seine Attacken gegen das Gerichtsurteil und die Veröffentlichung des Namens der Richterin verteidigt Rath hingegen: „Schauen Sie, der Name der Richterin, die das Urteil ausgefertigt hat, ist eine öffentliche Angelegenheit. Der unterliegt keiner irgendwie gearteten Geheimhaltung. Wenn die Richter damit ein Problem haben, dann sollen sie ein Gesetz vorschlagen, dass die Geheimhaltung ihres Namens ermöglicht.“ Und auch für die vom Gericht verbotene Erstattung der Rezeptgebühren hat Rath eine Lösung parat: „Niemand kann uns verbieten, Ermäßigungs-Gutscheine auf Medikamente auszugeben. Das machen die privaten Apotheken ja auch.“ Daher werde er nun in den kreiseigenen Apotheken ab kommender Woche auch solche Rabatte anbieten, betonte Rath im Gespräch mit der „Hospodářské noviny“."
Der mittelböhmische Kreishauptmann ist ja stets in den Medien präsent. Diese Woche hat er noch mit einem weiteren Vorschlag großes Echo in den Blättern gefunden. Was war das?
"David Rath hat angeregt, den umstrittenen Neubau der tschechischen Nationalbibliothek nicht in Prag, sondern in Mittelböhmen zu errichten. In Prag ist der Entwurf des mittlerweile verstorbenen Architekten Jan Kaplický ja an politischen Widerständen – vor allem von der Burg und aus dem Rathaus – gescheitert. Ein Vorschlag, der bei der Vorsitzenden der Kommission zur Errichtung der neuen Nationalbibliothek Eve Jiřičná für Kofpschütteln sorgt. Gegenüber der Mittwochs-Ausgabe der Zeitung „Lidové noviny“ meinte sie: „Jemandem zu sagen, dass die Nationalbibliothek am Stadtrand von Prag oder gar in einer anderen Stadt stehen soll, ist lachhaft. Ein Grund für die Existenz der Bibliothek ist doch, dass sie eine Art Mittelpunkt des städtischen Lebens sein soll:“ Auch Raths Parteifreund, Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek meint auf die Frage von „Lidové noviny“, ob denn dieser Vorschlag sinnvoll sei: „Ideal ist eine Bibliothek im Stadtzentrum, damit sie den Studenten zur Verfügung steht“. In Sachen Neubau der Nationalbibliothek ist also weiterhin keine Einigung in Sicht und das letzte Wort wohl noch lange nicht gesprochen."