Der Oberschenkel der Nation
Der Aufschrei der Nation erfolgte um 18.43h. Nationalstürmer Jan Koller sackte nach einem Laufduell mit dem amerikanischen Abwehrspieler Onyewu ohne Fremdeinwirkung zusammen und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den rechten Oberschenkel. Tschechiens Fußballfans - freilich abzüglich derer, die aufgrund des bis dato zweifachen Torjubels bereits in ihren Biergläsern versunken waren - stockte der Atem. Als dann ein paar Stunden später auch noch der tschechische Mannschaftsarzt Jiri Fousek den Journalisten die ungeheuer präzise Aussage in die Blöcke diktierte, Kollers Zwangspause werde "zwischen zehn Tagen und sechs Wochen dauern", war klar: Nach Tottis gebrochenem Wadenbein, Rooneys Mittelfußfraktur und dem unerträglichen Theater um Ballacks Wade, hat nun auch die Tschechische Republik ihren "Oberschenkel der Nation", an dem das Glück eines ganzen Fußballlandes zu hängen scheint.
Ein Blick in den tschechischen Sturm lässt die Sorgenfalten allerdings tiefer werden. Der andere ebenfalls verletzte Superstar, Milan Baros, verkündete aber unter der Woche stolz, dass er - welch unglaublicher Fortschritt - schon fähig sei, sich am Samstag gegen Ghana auf die Bank (anstatt auf die Tribüne) zu setzen. Immerhin, der tschechische Fußballverband ließ am Mittwoch trotzig verlauten, Koller werde im Viertelfinale wieder auflaufen - eine Aussage, die impliziert, dass die Mannschaft um Trainerlegende Karel Brückner mit Italien oder Brasilien eine der großen Fußballnationen (direkt oder indirekt) im Achtelfinale nach Hause schickt. Trotz aller Rückschläge - der tschechische Fußball strotzt nur so vor Selbstbewusstsein.