Der Verein „Andere Roma“ leistet Hilfe zur Selbsthilfe – mit Fußball
Roma gelten in Tschechien als problematische Minderheit. Viele sind arbeitslos, häufig ohne Ausbildung und auf staatliche Hilfen aufgewiesen. Die Kriminalität unter ihnen ist höher als im tschechischen Bevölkerungsdurchschnitt. Vertreter von Roma-Organisationen beklagen häufig die Diskriminierung und Vorurteile von Seiten der Mehrheitsgesellschaft. Der Verein „Andere Roma“ aus dem nordböhmischen Chanov will zeigen, dass jeder auch unter schwierigen Bedingungen sein Schicksal in die eigene Hand nehmen kann.
„Wir von „Aver Roma“ können die Räume einfach nicht bekommen. Es kommt zwar immer wieder vor, dass jemand ohne jede Genehmigung oder Vertrag in eine leere Wohnung einzieht. Diesen Weg möchten wir aber nicht gehen, das ist nicht unser Stil. Daher hat die Band nur eingeschränkte Möglichkeiten zu spielen, das ist schade. Mit Fußball haben wir schon guten Erfolg gehabt, das ist aber nicht das einzige, was wir machen wollen. Neben der Band gibt es Mädchen, die Handball spielen wollen. Das Interesse dafür besteht schon seit langem. Da stehen wir jedoch noch am Anfang.“
An Plänen herrscht in Chanov keinen Mangel, ihre Umsetzung scheitert häufig aus unterschiedlichen Gründen. František Nistor ist der stellvertretende Vorsitzende von „Aver Roma“. Er ist der Ansicht, die Mitglieder seien in ihren Verhandlungen mit Behörden wenig durchsetzungsstark und müssten noch an Erfahrung gewinnen:„Am Anfang wollten wir über den Fußball die Jungen beruhigen und zum Guten motivieren. Dann kamen die Erwachsenen und forderten, dass wir auch für sie etwas machen sollen. Der Verein wurde größer, heute hat er an die 80 Mitglieder. Als die Stadtverwaltung über die Renovierung der Häuser entschieden hat, wollten auf einmal viele mitmachen, um etwas daran zu verdienen. Wir haben das verhindert und haben gesagt, wir sanieren das, denn es war unsere Idee. Ich bin selbst dort aufgewachsen und habe viel Unwesen getrieben. Darum finde ich es richtig, bei der Renovierung selbst Hand anzulegen. Wir haben begonnen mit verschiedenen Beamten zu verhandeln, aber die Türen blieben verschlossen. Das ist Politik, die für uns unverständlich ist.“
Auch Rivalitäten unter den Roma-Organisationen bereiten Probleme. „Aver Roma“ unterscheidet sich nicht nur durch seinen Focus auf Fußball von anderen Vereinen. Bereits der Name spiegelt die spezielle Sichtweise auf die Lage der Roma-Minderheit. Von „Aver Roma“ soll die Minderheit Hilfe zur Selbsthilfe erhalten und aus eigener Kraft Verbesserungen erreichen. Die bedingungslose Einhaltung der Gesetze ist eine Grundvoraussetzung – doch diese Einstellung sei laut dem Verein bei anderen Roma wenig verbreitet. Aus diesem Grund sei es auch zu Anfeindungen zwischen „Aver Roma“ und einer Organisation namens „Haus der Roma“ gekommen. Irena Petráková von der Stadtverwaltung Most erinnert sich an eine Begebenheit:„Als ich zum ersten Mal mit meiner Kollegin da war, beobachteten wir eine Gruppe von etwa 40 jungen Fußballern, die mit einem kaputten Ball trainiert haben. Wir gingen also zu einer anderen Roma-Organisation hier in der Stadt, die sehr viel finanzielle Unterstützung bekommt. Wir fragten dort, ob sie diesen Spielern nicht Bälle leihen könnten. Doch die Antwort lautete Nein. Dabei war die Turnhalle dort leer, niemand war im Haus. Es kam mir sehr grausam vor, aber ich konnte nichts weiter unternehmen. Meiner Meinung wissen viele Roma-Organisationen wie man Gelder bekommt, ohne damit etwas wirklich Hilfreiches anzufangen. Im Einreichen von Anträgen sind sie erfahren. Dieser Verein hat eine komplette Sportausrüstung, aber Bälle verleiht er nicht.“
Der Konflikt zwischen den beiden Verbänden erreichte letztes Jahr seinen Höhepunkt. Die Stadt ließ ein neues Fußballstadion bauen, mit seiner Verwaltung beauftragte sie jedoch das „Haus der Roma“. Der Verein solle lediglich die Ordnung überwachen und Aufräumarbeiten übernehmen, begründete die Stadt ihre Wahl. Die Vertreter von „Aver Roma“ legten Protest ein und drohten sogar, ihren Fußballclub zu schließen. Am Ende kam es zu einer Einigung der beiden Gruppen und die Wogen wurden geglättet. Für Chanov ist das ein erster Schritt, die bestehenden Rivalitäten zu überwinden, und gemeinsam an einer besseren Zukunft der Roma zu arbeiten.