Die EU ist keine Einbahnstraße - erstes tschechisches Unternehmen eröffnet Geschäft in Österreich

Wenn zu der Eröffnung eines Blumengeschäftes in einer Kleinstadt an der österreichisch-tschechischen Grenze Politiker aus beiden Ländern anreisen und Zeitungen und Fernsehen darüber berichten, muss es damit etwas Besonderes auf sich haben. Thomas Kirschner hat sich für Sie näher umgesehen.

Tomas Lenc und Svatoslav Kodytek, so heißen die Eigentümer der neuen Gärtnerei Lenc in dem kleinen Städtchen Gmünd im niederösterreichischen Waldviertel. Drei Monate nach dem EU-Beitritt Tschechiens sind sie damit die ersten tschechischen Unternehmer, die den Schritt über die Grenze wagen und ein Geschäft in Österreich eröffnen. Während zahlreiche österreichische Firmen schon seit Jahren Filialen in Tschechien unterhalten, beweist das mittelständische Unternehmen nun erstmals, dass Expansion nicht immer von West nach Ost führen muss. Die Lust an den neuen unternehmerischen Möglichkeiten ist Svatoslav Kodytek dabei deutlich anzumerken:

"Am ersten Mai sind wir der EU beigetreten, also haben wir uns gesagt, wenn wir schon beitreten, dann auch richtig!"

Lenc und Kodytek beschäftigen sogar zwei österreichische Angestellte, was der tschechischen Presse eine eigene Schlagzeile wert war. Zur Eröffnung gratulierten unter anderem der Vorsitzende der südböhmischen Landesregierung und auch die stellvertretenden Landeshauptmänner aus Ober- und Niederösterreich. Die beiden Unternehmer betreiben schon seit vielen Jahren Geschäfte für Blumen, Keramik und Gartenbedarf in Ceské Budejovice / Budweis und Trebon / Wittingau, nahe der österreichischen Grenze. Mit der Zeit kamen auch immer mehr Österreicher, um bei ihnen einzukaufen, so Kodytek.

"Das heißt, wir haben uns gesagt, dass unsere Ware offensichtlich attraktiv genug ist, um auf dem österreichischen Markt Erfolg zu haben. Und ehe wir die Österreicher weiter zu uns kommen lassen, dachten wir, es ist vernüftiger, wenn wir zu ihnen gehen."

Dabei mussten Tomas Lenc und Svatoslav Kodytek allerdings schnell feststellen, dass sie Pioniere waren und sich in ein unbekanntes Gebiet vorgewagt hatten. Was nach dem EU-Beitritt theoretisch möglich war, stieß praktisch oft noch auf Schwierigkeiten.

"Probleme gab es viele. Der Anfang war für alle Seiten so, dass wir zwar wussten, wir sind am 1. Mai der EU beigetreten. Allerdings waren die meisten der Beamten in den untersten Ebenen, mit denen wir verhandeln mussten, noch nicht sehr gut informiert. Ich würde das so sagen: Die Gesetzgebung in den höchsten Stockwerken, auf Regierungsebene, war perfekt und schon lange ausgearbeitet. Aber wir waren zu schnell: Die Vorschriften waren noch nicht ganz unten angelangt, und die Ämter wussten nicht, was sie mit uns machen sollen. Daher gab es am Anfang Probleme, bis wir dann auf beiden Seiten verstanden haben, was wir voneinander wollen. Bei den weiteren Besuchen ging es dann immer besser, und jetzt haben wir zu den Behörden in Gmünd und der Umgebung sehr gute Beziehungen - ganz perfekt."

Dass sich alle Anstrengung gelohnt hat, daran lässt Svatoslav Kodytek keinen Zweifel. Auch wenn es noch zu früh ist, um für die Gmünder Filiale eine Bilanz zu ziehen, hat der südböhmische Unternehmer bereits neue Pläne, um auch weiterhin zu beweisen, dass die EU keine Einbahnstraße ist.

"Wir werden sehen. Wenn wir nach Österreich gegangen sind, warum nicht auch nebenan nach Deutschland, in die grenznahen Gebiete? Alles hängt davon ab, wie das ausgehen wird."