Bundeskanzler Faymann: „Kein freier Zugang für Tschechen auf den österreichischen Arbeitsmarkt bis 2011“
Neben dem Trubel, den das Amt eines EU-Ratsvorsitzenden so mit sich bringt, fand Regierungschef Mirek Topolánek die Zeit, seinen österreichischen Amtskollegen zu empfangen. Mit Werner Faymann, seit Dezember neuer Bundeskanzler in Wien, sprach Topolánek über bilaterale Probleme und Gemeinsamkeiten. Mehr von Patrick Gschwend.
„Wir sind auch dort, wo wir verschiedener Meinung sind, glaube ich, gut gerüstet, auf direktem Weg das in partnerschaftlicher, nachbarschaftlicher und freundschaftlicher Weise auszudiskutieren. Ich bedanke mich dafür.“
Und unterschiedliche Meinungen bestehen in mehreren Themenfeldern. Zu nennen wäre etwa Temelín. Das Atomkraftwerk ist wahrlich ein Dauerbrenner österreichisch-tschechischer Konflikte. Lächelnd merkte Faymann aber an, sein Land spreche halt – als entschiedener Atomkraftgegner – die Risiken der Kernenergie offen an. Neue Aktualität gewann hingegen erst kürzlich wieder die Frage des Zugangs zum österreichischen Arbeitsmarkt für Tschechen. Auf dem Treffen der EU-Arbeits- und Sozialminister im mährischen Luhačovice Ende letzter Woche wurde von österreichischer Seite verlautet, man wolle in Österreich die Zugangsbeschränkungen für Arbeitsuchende aus den 2004 der EU beigetretenen Ländern bis 2011 aufrecht erhalten. Auf Anfrage bestätigte Faymann dieses Vorhaben. Allerdings würden schon jetzt Ausnahmeregelungen in 65 Berufen gelten, etwa für Facharbeiter und Wissenschaftler.„Trotzdem geht die innenpolitische Entscheidung in die Richtung, dass wir diese Übergangsregelungen grundsätzlich, so wie sie festgelegt sind, auch ausschöpfen wollen. Das ist eine Entscheidung in der Innenpolitik.“
Für Premier Topolánek ist diese innenpolitisch motivierte Entscheidung dennoch unverständlich.„Ich musste natürlich ausdrücken, dass ich mit der Verlängerung der Zugangsbeschränkungen zu einem freien Arbeitsmarkt nicht einverstanden bin. Auch wenn das der tschechischen Seite ohnehin keine ernsten Probleme verursacht. Denn wir schöpfen noch nicht einmal die Pendlerabkommen aus, die Tschechen die in Grenznähe wohnen, das Arbeiten in Österreich erleichtern. Das ist für mich also eher ein psychologisches Problem auf österreichischer Seite.“
Gesprochen haben die Regierungschefs auch über die Finanzkrise.
„Möglicherweise überrascht es die versammelte Journalistengemeinde mehr als uns. Aber die Maßnahmen gegen die Finanzkrise sind in unseren beiden Ländern beinahe identisch“, so Topolánek.
Faymann fügte hinzu, die Krise sei auch eine Chance. Mit koordinierten, gemeinsamen Maßnahmen gegen die Krise, könne man das Vertrauen der Bürger in die EU stärken.