Österreichisch-tschechisches Außenministertreffen in Prag

Michael Spindelegger und Jan Kohout (Foto: ČTK)

Mit „Lange nicht gesehen“ haben sich die beiden wohl nicht begrüßt: Tschechiens Außenminister Jan Kohout und sein österreichischer Amtskollege Michael Spindelegger hatten sich erst am Montag beim EU-Außenministertreffen in Luxemburg getroffen, am Dienstag traten Sie dann nach bilateralen Gesprächen in Prag vor die Presse.

Die Beziehungen zwischen beiden Staaten seien so gut wie nie zuvor, sagte der österreichische Außenminister Michael Spindelegger, und wies unter anderem auf die gute Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union hin: Prag und Wien wollen bei den Verhandlungen um die Schaffung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes künftig an einem Strang ziehen:

Michael Spindelegger und Jan Kohout  (Foto: ČTK)
„Ich glaube, unsere beiden Länder haben gestern perfekt zusammengearbeitet, um gemeinsame Interessen beim Europäischen Auswärtigen Dienst so auf den Punkt zu bringen, dass sie für uns befriedigend gelöst sind. Wir hatten dazu auch einige andere Partner, und das Ergebnis war sehr gut“, so Spindelegger.

Natürlich kamen aber auch jene bilateralen Fragen zur Sprache, die das Verhältnis zwischen den Nachbarn bisweilen belasten. Zum Beispiel die so genannten Beneš-Dekrete, die in beiden Staaten unterschiedlich bewertet werden – konkret jene Dekrete, die die Grundlage für die Enteignung und Aussiedlung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten. Tschechiens Außenminister Jan Kohout:

Michael Spindelegger und Jan Kohout  (Foto: ČTK)
„Die Tschechische Republik sieht keinen Grund, auf politischer Ebene Fragen der Vergangenheit zu behandeln. Unter Historikern gibt es über dieses Thema eine ganze Reihe von Debatten. Sie, also die Historiker, sollen in die Vergangenheit blicken, nicht wir Politiker.“

Kohout blickte indes in die Zukunft, und zwar als es um das umstrittene südböhmische Atomkraftwerk Temelín ging:

„Es ist kein Geheimnis, dass in Tschechien wahrscheinlich weitere Atomreaktoren gebaut werden. Tschechien benötigt für seine Energiesicherheit einen bestimmten Energiemix, und ich weiß es sehr zu schätzen, dass Österreich diese Tatsache respektiert. Bei dieser Gelegenheit will ich auch betonen: Alles, was wir im Bereich der Kernenergie tun werden, werden wir transparent tun, und wir werden mit unseren österreichischen Freunden darüber sprechen.“

Edvard Beneš unterzeichnet die Dekrete
Eine Frage, die in den letzten Jahren immer wieder für Diskussionsstoff gesorgt hat, wird sich ziemlich genau in einem Jahr ganz von selbst erledigen. Am 1. Mai 2011 laufen die Übergangsfristen am Arbeitsmarkt aus. Ab dann brauchen Bürgerinnen und Bürger aus den neuen EU-Staaten, also auch aus Tschechien, keine Arbeitsgenehmigung mehr, um in Österreich oder Deutschland auf Jobsuche zu gehen. Michael Spindelegger sieht diesem Datum gelassen entgegen:



Atomkraftwerk Temelín
„Ich glaube, dass wir darauf gut vorbereitet sind. Mittlerweile ist das Lohnniveau in der Tschechischen Republik ein ganz anderes – vielleicht noch nicht auf dem Niveau wie in Österreich, aber ich erwarte hier keine Probleme.“