Unterstützung für Sanktionen und Außenministerbesuch: Tschechien und die Lage in der Ukraine
Seit Tagen wird die Lage an der ukrainischen Ostgrenze mit Besorgnis verfolgt. Dort hat der Kreml mehrere zehntausend russische Soldaten sowie schweres Militärgerät stationiert und damit eine Drohkulisse aufgebaut. Eine mögliche Invasion Russlands in der Ukraine will der Westen auf diplomatischem Weg verhindern. Doch die EU- und Nato-Mitglieder haben ebenso erste Vorkehrungen für den Ernstfall getroffen, darunter auch Tschechien.
Tschechiens Außenminister Jan Lipavský (Piraten) hat am Dienstag den Krisenstab seines Ressorts einberufen. Das Thema: die in seinem Aufgabenbereich notwendigen Vorkehrungen für alle möglichen Szenarien im drohenden Russland-Ukraine-Konflikt. Auf einem anschließenden Pressebriefing bestätigte er, dass Tschechien seine Diplomaten vorerst nicht aus der Ukraine abziehe. Dies könne sich – je nach Lage – aber schnell ändern, sagte Lipavský. Deswegen präzisierte der Minister einige Zeit später im Tschechischen Fernsehen (ČT):
„Wir sprechen von der Botschaft in Kiew und dem Generalkonsulat in Lwiw (Lemberg, Anm. d. Red.). Sollte eine Evakuierung der beiden diplomatischen Vertretungen notwendig werden, wird dies schrittweise geschehen.“
Insgesamt müssten im Ernstfall um die 100 Menschen nach Hause gebracht werden, ergänzte Lipavský. Auf der anderen Seite hoffe Tschechien, dass es nicht zu einer Eskalation der Lage im europäischen Osten komme. Daher unterstütze man die diplomatischen Anstrengungen, die EU und Nato in dieser Frage unternehmen, so der Außenminister:
„In allen Bereichen gehen wir in enger Koordination mit unseren Partnern in der Europäischen Union und der Nato vor. Im Falle einer russischen Aggression stimmen wir eindeutig überein, dass eine Antwort schnell erfolgen und stark sein muss.“
Marek Ženíšek (Top 09) ist Vorsitzender des Außenausschusses im tschechischen Abgeordnetenhaus. Er lobte, dass man auf den Zusammenhalt der EU- und Nato-Staaten derzeit wirklich bauen könne:
„Wir sind Zeugen von etwas, das es vor vielleicht einem Monat noch nicht gab: Das ist die Einigkeit der EU-und Nato-Länder. Dadurch wird die aktive Diplomatie sehr gut zusammengefügt zu einer gewissen Strategie der Abschreckung.“
Doch wie soll diese Strategie beziehungsweise eine mögliche schnelle und starke Antwort der westlichen Bündnisse konkret aussehen? Dazu bemerkte Außenminister Lipavský im Tschechischen Fernsehen (ČT):
„Tschechien ist darauf vorbereitet, Sanktionen gegen die Russische Föderation zu unterstützen. Diese sind das Hauptinstrument der westlichen Welt zur Wahrung der Chance, die drohende russische Invasion in der Ukraine abzuwenden.“
Lässt sich Kremlchef Wladimir Putin allerdings tatsächlich von einer solchen Reaktion beeindrucken? Auch auf diese Frage hat Lipavský eine Antwort:
„Durch Sanktionen konnten die russischen Aggressionen gegenüber der Ukraine im Jahr 2014 gestoppt werden. Sie sind eine reale Bedrohung, denn der Ausschluss Russlands von einer ganzen Reihe an wirtschaftlichen Beziehungen ist für Moskau sehr schmerzhaft.“
Trotz dieser Überzeugung würden sich Tschechien und die anderen Bündnisstaaten derzeit auch auf die schlechteste Variante bei der Entwicklung der angespannten Lage an der Nord- und Ostgrenze der Ukraine vorbereiten, bemerkte Lipavský. Dazu gehörten auch militärische Vorkehrungen, die im Rahmen der Nato getroffen würden. Er selbst glaube aber an eine diplomatische Lösung.
Dafür planen der tschechische Außenminister und seine Amtskollegen aus der Slowakei und Österreich, Ivan Korčok und Alexander Schallenberg, auch eine eigene Initiative. Am 7. und 8. Februar wollen sie die Ukraine besuchen und dabei auch zur Berührungslinie in das Gebiet östlich von Donezk reisen. Den Zweck dieser Reise erklärte der tschechische Außenminister so:
„Wir drücken damit unsere Unterstützung aus. Die Reise ist eine wichtige symbolische Geste, durch die wir der Ukraine unseren Willen zeigen.“