Ukrainer in Tschechien fordern Unterstützung und wollen Heimat gegen Putin verteidigen

Versammlung auf dem Prager Wenzelsplatz

Tschechien hat auf den russischen Angriff auf die Ukraine am Donnerstag mit den verschiedensten Hilfsangeboten reagiert. Zugleich wurde erneut in Prag zur Unterstützung des Landes demonstriert.

Vít Rakušan | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Innenminister Vít Rakušan (Stan) betonte, Tschechien sei bereit, mehrere Tausend Flüchtlinge aus dem Land aufzunehmen. Die in Tschechien lebenden Ukrainer können seinen Worten zufolge mit einer Verlängerung ihrer Visa rechnen und sich beraten lassen. Der Innenminister:

„Wir haben eine spezielle Telefonnummer eingerichtet. Ukrainische Bürger können sich mit ihren Fragen an sie wenden und erhalten Beratung. Auf einer Webseite werden wir auch Informationen auf Ukrainisch veröffentlichen.“

Demonstration gegen Putins Einmarsch in die Ukraine | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

In Tschechien leben derzeit über 200.000 Ukrainer. Von ihnen waren auch viele unter den Menschen, die sich am Donnerstagabend auf dem Prager Wenzelsplatz versammelten, um gegen Putins Einmarsch in die Ukraine zu protestieren.

Um das Wenzelsdenkmal herum und fast bis in die Mitte des Platzes standen zu großen Teilen auch jüngere Menschen. Nicht wenige hatten ukrainische und tschechische Flaggen mitgebracht. In den Händen hielten sie Transparente, auf denen sie zum Frieden in der Ukraine aufriefen. Marharyta studiert in Prag, sie rief die Demonstration ein, nachdem sie über die russische Invasion erfahren hatte.

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Der Krieg dauert eigentlich schon acht Jahre lang. Unterbewusst haben wir mit dem Gedanken gelebt, dass so etwas passieren könnte. Acht Jahre lang fahren wir regelmäßig nach Hause und wieder zurück nach Tschechien. Dabei wissen wir nie, ob wir die Heimat und die Verwandten nicht zum letzten Mal gesehen haben. Die Ukrainer sind aber ein Volk, das keine Angst hat. Viele meiner Bekannten wollen die Ukraine jetzt nicht verlassen. Sie lernen, mit Waffen umzugehen sowie Erste Hilfe zu leisten. Sie wollen das Land gegen Putin verteidigen.“

Unter den Demonstranten war auch Oles. Er schickte Aufnahmen vom Wenzelsplatz an seinen Bruder in der Ukraine. Dieser ist einberufen worden, um seine Heimat zu verteidigen. Oles rief seinen Bruder am Telefon an:

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Zwanzig Kilometer vor Kiew stünden bereits russische Truppen“, sagte der Bruder sichtlich erschüttert.

Bei der Demonstration kam es zu mehreren sehr emotionalen Momenten, zugleich demonstrierten viele der Ukrainer ihre Entschlossenheit, das Land gegen die Aggressoren zu verteidigen. Zina lebt seit 20 Jahren in Tschechien. Sie würdigte die Tatsache, dass so viele Menschen auf den Wenzelsplatz kamen.

„Ich sehe hier schöne Transparente. Das finde ich super. Danke für jedwede Unterstützung. Aber wir brauchen nicht nur Worte, sondern auch Munition. Wir brauchen Hilfe!“

Zina erzählte, sie habe eine 81-jährige Mutter in der Ukraine. Die Mutter habe ihr aber verboten, nach Hause zu kommen.

Zdeněk Hřib | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Meine Mama sagte: ,Du kannst uns dort - in Tschechien – helfen. Die Bombardierung dauert nur fünf Minuten, wir verstecken uns im Keller und überleben. Hab keine Angst!“

Als Redner trat auch der Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten) auf. Er sprach über die finanzielle Hilfe der Stadt für die Ukraine sowie die angebotenen Unterkünfte. Marharyta dankte für alle Hilfsangebote und betonte:

„Wir brauchen wirklich Europas Unterstützung. Seit acht Jahren verteidigt die Ukraine ihre Sicherheit und den Frieden. Wir brauchen diplomatische sowie jedwede andere Hilfe!“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
Autoren: Martina Schneibergová , Kateřina Bečková
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