Familienbeihilfe und Atomkraft
Tomáš Petříček hat sich am Donnerstag erstmals in Wien vorgestellt. Der tschechische Außenminister wurde von seiner österreichischen Amtskollegin Karin Kneissl empfangen. Dabei ging es unter anderem um die österreichische Kinderbeihilfe und die tschechischen Atomkraftwerke.
„Ich bin sehr zufrieden mit der Dynamik der tschechisch-österreichischen Beziehungen seit ihrer Renaissance im April 2014. Ich bin überzeugt, dass der positive Trend anhalten wird.“
Karin Kneissl wurde damit zitiert, dass ihr 37-jähriger Amtskollege aus Prag einen „starken Sinn für Realismus“ habe. Allerdings bestehen durchaus Streitpunkte. Traditionell schwierig ist die Verständigung in der Energiepolitik. Seit den 1990er Jahren protestieren die Österreicher gegen das Atomkraftwerk Temelín, der Meiler in Südböhmen vereint veraltete sowjetische mit westlicher Technik. Derzeit ist auch der geplante Ausbau des Akw Dukovany ein Reizthema. Beide Kraftwerke stehen nur wenige Dutzend Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt.
Bei ihrem Treffen betonten Petříček und Kneissl, dass jeder Staat das Recht auf einen eigenen Energiemix habe. Ergänzend sagte die österreichische Chefdiplomatin, dass man wie in der Vergangenheit auf einen exzellenten Dialog setze. So käme man zu einem sachlichen Austausch.Umstritten zwischen beiden Seiten ist aber auch die Kürzung der österreichischen Familienbeihilfe für EU-Ausländer. Dazu der Sozialdemokrat Petříček:
„Für die Tschechische Republik ist das ein wichtiges Thema. Ich bin froh, dass Außenministerin Kneissl das auch so wahrnimmt. Allerdings beschäftigt sich die Europäische Union damit derzeit juristisch, und Tschechien wird das Ergebnis abwarten.“
Es geht um EU-Ausländer aus ärmeren Ländern, die in Österreich arbeiten, ihre Kinder aber in ihrer Heimat aufziehen. Das betrifft auch rund 10.000 tschechische Kinder. Für diese wurde die Familienbeihilfe bis vor kurzem noch in derselben Höhe ausgezahlt wie in Österreich. Seit Jahresbeginn gilt aber, dass die Lebenshaltungskosten im Heimatland für die Bemessung zugrunde gelegt werden. In der Konsequenz heißt das, dass für die tschechischen Kinder weniger Geld gezahlt wird als beispielsweise für deutsche.Dagegen protestiert Tschechien zusammen mit sechs weiteren betroffenen Ländern. Man hat sich an Brüssel gewandt, und die Europäische Kommission prüft derzeit, ob ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet werden soll.
Petříček und Kneissl kamen aber in Wien auch auf den Brexit zu sprechen. Nun sei Großbritannien am Zug, kamen beide überein. Der tschechische Außenminister merkte allerdings noch an, dass das Vereinigte Königreich ja nicht Europa verlassen wolle, sondern nur die EU.