Die Rolle der Opositon in Tschechien
In knapp einem halben Jahr - Sie wissen es bereits - stehen in Tschechien Wahlen zum Abgeordnetenhaus bevor. Nach den letzten Wahlen war es hierzulande bekanntlich zu einer politischen Konstellation gekommen, die die Rolle der Opposition im Grunde ad absurdum geführt hat. Silja Schultheis erinnert an die wesentlichen Punkte der Übereinkunft zwischen den beiden größten Parteien, die seit 1998 die wichtigsten Posten und Einflussbereiche im Staat besetzen.
Als sog. "Oppositionsvertrag" deklarierten die aus den letzten Wahlen als stärkste Parteien hervorgegangenen Sozial- und Bürgerdemokraten ihre Übereinkunft, die - so heißt es in der Präambel - der "Herbeiführung stabiler politischer Verhältnisse" im Lande dienen soll. Der Vertrag ermöglicht der Sozialdemokratischen Partei mittels Duldung durch die Bürgerdemokraten eine Minderheitsregierung (unter Ministerpräsident Milos Zeman). Der Knackpunkt des Ganzen: Die Regierung ermöglicht der Opposition die Mitbesetzung der wichtigsten Posten und Einflussbereiche im Staat; die Opposition wiederum verpflichtet sich, während der gesamten Legislaturperiode keinen Misstrauensantrag gegen die Regierung zu stellen. Für den Publizisten Karel Hvizdala eine Verletzung grundlegender demokratischer Spielregeln:
"Es ist, als wenn zwei Fußballmannschaften einen Vertrag über die ganze nächste Saison abschließen und bereits ein Jahr vorher alle Ergebnisse ziemlich klar sind."
Die übrigen im Abgeordnetenhaus vertretenen Gruppierungen mit Ausnahme der Kommunisten reagierten auf den"Oppositionsvertrag", indem sie sich zur sog. "Viererkoalition" zusammenschlossen. Dahinter stand nicht zuletzt die Angst vor einer akuten Schwächung des Mehrparteiensystems, die auch ihre Spuren bei den Wählern hinterlässt. Karel Hvizdala:
"Hier war immer eine Partei an der Macht. Jetzt sind es zwei Parteien, die das alles teilen, und die Lage ist fast dieselbe für die Leute. Und die Folgen, die sehr schlecht sind: dass die Leute wieder die Politik nicht akzeptieren. Dass sie wieder sagen: ja, dass sind wieder die."