Die Tschechen haben die Lausitzer Seenplatte für sich entdeckt
Die Tschechen fahren immer häufiger zu Besuch nach Deutschland. Im privaten Reiseverkehr stehen dabei Einkäufe, der Besuch von Sehenswürdigkeiten und Erholungszwecke ganz oben auf der Liste. Wegen der Grenznähe sind die Freistaaten Bayern und Sachsen die beliebtesten Reiseziele, und in punkto Urlaub und Erholung ziehen die Tschechen der Ostsee inzwischen ein anderes Wasserreservoir vor: das Lausitzer Seenland. Über dessen Faszination haben wir mit der Geschäftsführerin des dortigen Tourismusverbandes, Kathrin Winkler, gesprochen.
„Am 1. Juni 1971 wurde der erste See eingeweiht, der Senftenberger See. Das ist jetzt mittlerweile über 40 Jahre her. Die großflächige Entwicklung zum Naherholungsgebiet aber begann eigentlich erst nach der Wende. Wir können also davon sprechen, dass es jetzt 20 Jahre eine Landschaftsentwicklung gibt. Der interessanteste Punkt in diesem Jahr wird sein, wenn wir die Verbindung zwischen den einzelnen Seen einweihen.“
Es gibt auch schon viele tschechische Gäste im Naherholungsgebiet. Was bedeutet das für Ihren Verband, und was mögen die Tschechen besonders?„Für uns ist sehr interessant zu wissen, warum die Tschechen zu uns kommen. Auf unseren Internetseiten kommen ungefähr 12 Prozent der User aus Tschechien. Deshalb haben wir die Seite auch extra ins Tschechische übersetzt. Diese Besucher suchen speziell nach den Themen Radfahren und Skaten sowie den Wassererlebnissen. In diesen Bereich sind wir natürlich prädestiniert. Schön ist, dass die nahe und schnelle Verbindung zu Prag existiert, und das merkt man auch. Wir können erkennen, dass der tschechische Gast das Seenland für sich erobert.“
Waren Sie überrascht, dass so viele Skater dabei sind?„Der tschechische Gast ist einfach sehr aktiv. Da gibt es wirklich einen Unterschied zum polnischen Gast beispielweise. Wir haben schon verschiedene Pressereisen gemacht, bei denen wir gemerkt haben, dass Angebote für aktive Erholung vermittelt werden müssen. Darüber sind die Tschechen sehr dankbar. Genauso wie für die speziellen Übernachtungen in Ferienhäusern und -wohnungen, bei denen man draußen die Möglichkeit hat zu Grillen, gemeinsam zusammenzusitzen und ein Bier zu trinken. Mittlerweile gibt es auch schon sehr viele Anbieter, die die tschechische Sprache lernen, um den Gast begrüßen und auf ein Bier einladen zu können.“
Sie bereiten sich vor Ort also auch darauf vor, die Gäste je nach Land in ihrer Sprache begrüßen zu können? Hat man für sie eventuell auch spezielle Programme parat?„Wir haben erst vor kurzem eine spezielle Karte entwickelt, die das Lausitzer Seenland und die entsprechenden Highlights auf Tschechisch vorstellt. Bei vielen Anbietern gibt es auch schon Speisekarten in tschechischer Sprache, zudem belegen sie selbst erste Tschechischkurse an der Volkshochschule. Für uns als Verband ist natürlich interessant zu erfahren, warum der tschechische Gast zu uns kommt und was ihn hier interessiert. Deswegen lassen wir in den nächsten Monaten eine Bachelorarbeit zu diesem Thema schreiben, die auch digital eingestellt wird. In einem Jahr soll diese in einer Masterarbeit fortgeschrieben werden, sodass wir uns wirklich auf den Gast einstellen können.“
Kommen die Tschechen eher als Familientouristen und in kleinen Gruppen oder gibt es auch schon größere Gruppen aus Tschechien?„Es sind hier sehr viele Familien und Gruppen unterwegs, aber kaum Einzelgäste. Mittlerweile fordern schon mehrere tschechische Pauschalanbieter Material von uns an und teilen uns dann mit, dass bald wieder eine Gruppe anreist, manchmal auch eine ganze Busreisegruppe. Unsere Anbieter sagen uns auch, dass die Tschechen sehr angenehme und freundliche Gäste sind, und darauf freuen wir uns natürlich.“
Die Tschechen sind bestimmt froh darüber, dass es nun ganz in der Nähe ein großes Angebot an Wasser- und Radtouristik gibt und sie dafür jetzt nicht mehr extra an die Ostsee fahren müssen. Oder?„Früher sind die Tschechen immer durch die Tagebauregionen bis an die Ostsee gefahren. Jetzt haben sie nur noch einen kurzen Weg von drei Stunden. Und da die Tschechen, wie man merkt, sehr wasseraffin sind und das Wasser lieben, erobern sie es auch zurzeit.“