Die Walachei

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Wanderfreunde. Eine weitere folkloristisch höchst interessante Region wird in der heutigen Touristensprechstunde vorgestellt. Wir bleiben weiterhin in Mähren, diesmal werden dessen östlichen Teil besuchen. Dort liegt eine Landschaft, die nicht mehr breite fruchtbare Ebenen, sondern Berge, Wälder und Weiden kennzeichnen. Gute Unterhaltung beim Besuch der Walachei - so nämlich der Name unseres heutigen Reiseziels - wünschen Danilo Höpfner und Marketa Maurova.

Die Walachei ist eine Region in Ostmähren, die durch die tschechische und seit dem 17. Jahrhundert auch karpatische Sennerkultur geprägt wurde. Als eine eigene landeskundliche Region formte sich die Walachei im 16. Jahrhundert, als die fruchtbarsten Gebiete besiedelt wurden. Im 17. Jahrhundert kam es auch zur Besiedlung der Berggebiete in den Beskiden, wohin die Hirten aus der Slowakei und teilweise auch aus der Ukraine und aus Rumänien kamen. Die walachischen Kolonisten vermischten sich langsam mit dem einheimischen Volk und es kam zum Durchdringen der älteren Bauern- und der neueren Sennerkultur.

Als Walachen bezeichnete man ursprünglich nur die walachischen Kolonisten und später die Hirten in den Bergdörfern, die das spezifische walachische Recht anwandten. Während des 30jährigen Krieges, als die Walachen an der Rebellion gegen den Kaiser teilnahmen, breitete sich die Bezeichnung "Walache" aus und galt für alle Bewohner der ostmährischen Region, die später "Walachei" genannt wurde.

Im 19. Jahrhundert kam es zum Niedergang der Sennerei. Die Walachei wurde jedoch weiterhin durch spezifische Mundarten und spezifische Erscheinungen der karpatischen Volkskultur, vor allem durch die Holzarchitektur gekennzeichnet. Das typische walachische Holzhaus bestand aus zwei bis drei Räumen. Der Wohnraum hatte eine große Stube, in der sich das gesamte Leben der Familie konzentrierte. Hier befanden sich eine offene Feuerstäte und der Backofen.

In der Walachei gab es auch eine typische Tracht, die im Vergleich mit anderen mährischen Gebieten weniger bunt und wesentlich schlichter war. Die walachischen Trachten können auf eine lange Tradition verweisen. Einen großen Einfluss auf deren Gestaltung hatten im vergangenen Jahrhundert die Leinenweberei und Färberei, die sich in der Gegend um die Stadt Rozschnau rasch entwickelten. Das Linnen war zunächst aus Flachs, der aus fruchtbareren Gebieten eingeführt werden musste. Später kam die Baumwolle und man begann, Musselin zu weben.

Die Festtracht wurde in der Walachei an einigen Orten nur noch sporadisch bis zum Anfang des Zweiten Weltkriegs getragen. Die Frauen setzten sich weiße Hauben mit auffallenden Zacken über der Stirn auf, und zu Hause besaßen sie weiße gestickte Tücher und Umhängetücher für Zeremonien. Die Umhängetücher sind als Bestandteil der Leichenbekleidung mit den Großmüttern begraben worden, ähnlich wie auch in der Hana, und die wenigen Stücke die erhalten geblieben sind, sind daher besonders wertvoll.

In der Geschichte haben sich zwei unterschiedliche Gebiete entwickelt. Im südlichen Gebiet, am Fuße der Weißen Karpaten, trugen die Männer alle Bekleidungsstücke weiß, mit Ausnahme der roten Weste und des schwarzen, flachen und breiten Hutes oder einer Schafspelzmütze. Die Bekleidung wurde wegen ihrer Farbe auch als Engeltracht bezeichnet. Die Frauentrachten zeichneten sich durch eine nüchterne Buntheit aus.

Das nördliche Gebiet erstreckte sich in den Tälern der Unteren und Oberen Becva. Die Männer trugen dort blaue Hosen, karminrote Westen und auf dem Kopf einen schwarzen, kegelförmigen Hut. Die Frauen kleideten sich in einen schwarzen Rock, eine blaue Schürze, ein schwarzes Schnürleibchen mit weißen, reich gestickte Ärmel ein.

Weitere typische Merkmale der walachischen Tracht waren ein rechteckiger Schritt des Leinenhemdes, die wollene Hose, die eckigen Janosik-Hüte, feste Ledergürtel mit Messingschnallen, Schäferäxte und besondere Spangen, die man "kotula" nannte. Diese Spange ersetzte früher die Schnürchen und später die Knöpfe vom Ausschnitt am Hals beim Männer- und auch Frauenhemd.

Die beste Vorstellung davon, wie man in der Walachei je gelebt hat, bietet das Walachische Freilichtmuseum in Roznov pod Radhostem (Rozschnau am Radhoscht). Es wurde im Jahre 1925 als eines der ersten Museen dieser Art in Europa eröffnet.

Der älteste Teil ist das "Hölzerne Dörfchen". Im Jahre 1925 wurden zwei große Häuser vom Roznover Marktsplatz ins Museum versetzt: das Rathaus und das Bauernhaus der Familie Bill. Im Laufe der Zeit kamen weitere Bauwerke hinzu, in erster Linie wertvolle Holzbauten aus dem 16. Jahrhundert. Manchmal zerfiel das Bauwerk während des Transports oder der Rekonstruktion und man musste eine Kopie bauen. So ist es z.B. beim Borák-Haus, das das Gut eines wohlhabenden Landwirts, in diesem Fall eines Vogts vorstellt. Der Vogt erfüllte in der Walachei die Rolle eines Vermittlers zwischen der Obrigkeit und den Untertanen und beaufsichtigte die Erfüllung der Fronpflichten und -abgaben. Das große Zimmer in seinem Haus diente gleichzeitig als Wohnung, Schlafraum, Amt und Gaststätte.

Die zweite Etappe des Aufbaus des Walachischen Freilichtmuseums verlief in den 60er Jahren und war darauf ausgerichtet, ein wahrheitsgetreues Modell eines walachischen Dorfes zu schaffen. Auf einen Schlag entstanden damals vierzig Gebäude und weitere Objekte mit allem, was zu einem walachischen Dorf gehört.

Die jüngste Ausstellung des Museums ist das Mühlental. Sie macht die Besucher mit traditionellen Arbeitstechniken bekannt, wie sie in Mühlen, Hammerschieden und Sägewerken verwendet wurden.

Eine große Aufmerksamkeit wird im Museum der Landwirtschaft gewidmet, wie es übrigens der walachischen Tradition entspricht. Im Walachischen Dorf sorgt ein Senner für seine Schafherde, er verarbeitet auf traditionelle Art und Weise Schafswolle und Schafsmilch. Bei einer Besichtigung kann man die originelle Sennhütte ("koliba") besuchen und die Arbeit des Senners beobachten. Die Felder werden hier mit heute schon unbekannten Getreidesorten besät, von Hand gemäht, die Ernte wird von Hand eingebracht und in der nahen Mühle gedroschen. Aus dem gewonnenen Mehl wird im Backofen Brot oder die berühmten walachischen Kuchen ("frgále") gebacken.

Ein anderer Bereich, der in Rozschau gepflegt wird, ist das Volkshandwerk. Das Museum bietet die Erzeugnisse der Dorfkünstler bei Jahrmärkten an. An den Wochenenden in der Sommersaison werden abwechselnd Töpfer-, Schmiede-, Zimmermann-, Holzschnitze- und Steinmetz Tage veranstaltet und daneben wird gezeigt, wie man früher nähte, Flachs und Schafswolle verarbeitete usw. Zu all dem kann man sich damit vertraut machen, wie es im Winter beim Spinnen oder beim Schweineschlachten zuging, wie der Dorfkarneval aussah oder wie sich die Dorfjugend unterhielt.