Die Wochenschau - 14. 06. - 20. 06. 2003
Nachfolgend hören Sie - wie gewohnt - unseren Rückblick auf die Ereignisse der letzten Woche. Am Mikrofon begrü3t Sie Lothar Martin.
In einer ersten Reaktion auf den Ausgang des tschechischen EU-Referendums sagte Premierminister Vladimir Spidla, der stets als entschiedener EU-Befürworter aufgetreten war, dass dieser Erfolg größer als erwartet ausgefallen sei. Erst nun würde für Tschechien ein wirklicher gedanklicher Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg gezogen, äußerte der Regierungschef.
Das Abstimmungsergebnis ist am Montag durch die Staatliche Wahlkommission des Landes bestätigt worden. Als einziger Politiker wurde Präsident Václav Klaus für seine Haltung vor und nach dem Volksentscheid kritisiert. Dem 62-Jährigen wurde vorgeworfen, sich im Gegensatz zu Staatsoberhäuptern anderer EU-Kandidaten ungenügend für eine breite Zustimmung zum Beitritt engagiert zu haben. Die Passivität des oft als "EU-Skeptiker" bezeichneten Klaus sei "der einzige Schatten auf dem Referendum" gewesen, sagte Finanzminister Bohuslav Sobotka am Dienstag.
Auf einer Gedenkveranstaltung in der mittelböhmischen Gemeinde Lidice, die vor 61 Jahren von den Nationalsozialisten dem Erdboden gleich gemacht worden war, haben am Samstag vergangener Woche mehrere Politiker zu mehr Toleranz und zum Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Gerade die Artikulation von verdeckter Intoleranz habe an der Wiege des Massenmordes während des Zweiten Weltkriegs gestanden, meinte hierbei der tschechische Kulturminister Pavel Dostal.
Der tschechische Außenminister Cyril Svoboda hat sich am Montag in Luxemburg bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus den EU-Mitglieds- und Beitrittsstaaten mit seinem Vorschlag durchgesetzt, auch weiterhin über den endgültigen Wortlaut einer künftigen Europäischen Verfassung zu verhandeln. Der erst vorige Woche veröffentlichte Verfassungsvorschlag des EU-Konvents solle demnach nur als Ausgangsbasis für weitere Gespräche dienen.
Beinahe in letzter Minute haben sich in der Nacht von Montag auf Dienstag die Piloten der tschechischen Luftfahrtgesellschaft CSA und die Unternehmensleitung auf einen Kompromiss im gegenwärtig laufenden Arbeitskampf geeinigt. Die Pilotengewerkschaft hatte zuvor angekündigt, um 4.00 Uhr früh in einen zeitlich unbefristeten Streik treten zu wollen, sollte die CSA-Führung ihren Forderungen nach einer selbstständigen Kollektivvertragsregelung nicht nachkommen.
Bei einer Großrazzia gegen Menschenschleuser haben tschechische Fahnder und der deutsche Bundesgrenzschutz am Dienstag insgesamt 23 Verdächtige festgenommen. Während den tschechischen Beamten 13 mutmaßliche Schleuser und 121 Chinesen, die illegal Tschechien durchqueren wollten, ins Netz gingen, spürten die deutschen Spezialisten bei 30 Wohnungsdurchsuchungen neben zehn Strafverdächtigen u.a. auch 20 gefälschte japanische Pässe, Pistolen, Munition sowie mehrere Handys und Laptops auf.
Die tschechische Regierung hat auf ihrer Sitzung am Mittwoch das Ziel fixiert, mit dem sie die eingeleitete Reform der Öffentlichen Finanzen abschließen will. Anhand des gefassten Kabinettsbeschlusses soll daher das bestehende Haushaltsdefizit von derzeit 6,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) schrittweise bis zum Jahr 2006 auf vier Prozent des BIP abgebaut werden. Premierminister Vladimir Spidla hatte zuvor seinen Rücktritt angekündigt für den Fall, wenn die von der Regierung geplante Finanzreform scheitern sollte.
Der frühere tschechische Staatspräsident Václav Havel ist am Mittwoch mit dem Nationalpreis 2003 der Deutschen Nationalstiftung Weimar ausgezeichnet worden. Der Ex-Präsident wurde für seine Verdienste um das deutsch-tschechische Verhältnis und das Zusammenwachsen Europas geehrt. Der Nationalpreis ist mit 100 000 Euro dotiert.An die 1600 Gewerkschafter aus ganz Tschechien haben am Donnerstag in Prag gegen den Regierungsentwurf zur Reform der öffentlichen Finanzen demonstriert. Die Prager Regierung ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und kündigte an, die Reform durchzusetzen und den Gehaltsforderungen der Gewerkschaften nicht nachzugeben.
Die tschechische Regierung hat die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Erklärung als "aus der heutigen Sicht unannehmbar" bezeichnet. Die damaligen Ereignisse und Taten könnten zwar nicht ungeschehen gemacht werden, man hoffe aber, dass sie das Zusammenleben der Völker nicht weiter belasten würden, betonte das sozial-liberale Kabinett am Donnerstag. Die Erklärung ist in eine umfassendere Stellungnahme zum Referendum über den EU-Beitritt eingebettet, in dem am vergangenen Wochenende 77,3 Prozent der Wähler für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union am 1. Mai 2004 gestimmt hatten.