Diskussionsrunde über Rolle und Verantwortung der NATO

Bei der Vorbereitung des NATO-Gipfels, der diese Woche in Prag stattfinden wird, war man von Anfang an bemüht, nach außen hin ein möglich offenes, transparentes Bild abzugeben. Dies äußerste sich unter anderem in einer Vielzahl von Diskussionsveranstaltungen zu unterschiedlichsten Detailthemen. Höhepunkt jenes Veranstaltungsreigens war am Donnerstag eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion auf der Prager Burg. Gerald Schubert war dort und hat folgenden Überblick zusammengestellt:

Die von Vaclav Havel ins Leben gerufene Stiftung "Forum 2000" steht dieses Jahr unter dem Motto "bridging global gaps", also "Brücken über globale Klüfte". In ihrem Rahmen fand am Donnerstag auch die Veranstaltung auf der Prager Burg statt, welche die Rolle und die Verantwortung der NATO nach ihrer Erweiterung zum Thema hatte. Teilnehmer an der Debatte waren unter anderem Jiri Sedivy, er ist Politikwissenschaftler und Direktor des Prager "Instituts für internationale Beziehungen", Petr Uhl, tschechischer Journalist und Bürgerrechtskämpfer, Miloslav Ransdorf, kommunistischer Parlamentsabgeordneter, Vertreter der NATO und der USA, sowie Ondrej Slacalek, ein junger Prager Student, der ein anarchistisches Magazin herausgibt und sich an den Vorbereitungen zu den Protesten gegen den NATO-Gipfel beteiligt. Der Politikwissenschaftler Sedivy fasste unter anderem zusammen, worum es seiner Meinung nach bei dem Gipfel in erster Linie gehen wird:

"Obwohl eine Integration wie etwa im Rahmen der EU, wo ein Teil der Souveränität auf eine übergeordnete Struktur übertragen wird, im Falle der NATO nicht möglich ist, glaube ich dennoch, dass es auch hier einige integrative Instrumente zur Stärkung der Homogenität gibt. Und genau darüber wird man auf dem Prager Gipfel verhandeln."

Es wird also, laut Sedivy, nicht nur um die Erweiterung um voraussichtlich sieben Mitgliedsstaaten gehen, sondern auch um die Verzahnung militärischer und organisatorischer Strukturen.

Dort, wo die Diskussion kontrovers wurde, drehte sie sich meist um folgende Frage: Wie kann die NATO und wie können die USA den Anspruch auf ihre weltpolitische oder zumindest militärische Vormachtstellung legitimieren? Vor allem den USA wurde dabei von NATO-Gegnern vorgeworfen, selbst jahrelang Diktaturen unterstützt, Terroristen ausgebildet sowie Massenvernichtungswaffen entwickelt zu haben, und sich nun als Retter von Freiheit und Demokratie aufzuspielen. NATO-Befürworter aber hielten dem vor allem eines entgegen: Nämlich, dass es keinen Sinn mache, alte Rechnungen zu begleichen, sondern dass es einzig darauf ankomme, auf die momentanen Bedrohungsszenarien angemessen zu reagieren. Damit spiegelte die Diskussion auf der Prager Burg die globale Debatte über die Rolle der NATO in der Welt also recht gut wieder.

Mehr über diese Konferenz und Details zum bevorstehenden NATO-Gipfel können Sie übrigens am Sonntag in unserem Magazin "Schauplatz" hören.