Feuilleton

"Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man meistens klüger!" Eine alte Weisheit, die man mit Fug und Recht auch auf den vor anderthalb Wochen in Prag veranstalteten NATO-Gipfel beziehen kann. Denn kaum waren die Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus 46 Ländern mit den Spitzenstars Bush, Blair, Chirac und Schröder wieder abgereist, da entzündete sich in Tschechien eine Diskussion über die Richtigkeit bzw. die überzogene Handhabe der vom Gastgeberland vor und während des Gipfels getroffenen Sicherheitsmaßnahmen. Präsident Václav Havel hatte die Debatte losgetreten mit den Worten: "Ich möchte allen Polizisten, Soldaten und Staatsdienern danken, die die Sicherheit dieses Gipfels gewährleistet haben, allerdings in einem Ausmaß, das möglicherweise überflüssig war."

"Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man meistens klüger!" Eine alte Weisheit, die man mit Fug und Recht auch auf den vor anderthalb Wochen in Prag veranstalteten NATO-Gipfel beziehen kann. Denn kaum waren die Staatsoberhäupter und Regierungschefs aus 46 Ländern mit den Spitzenstars Bush, Blair, Chirac und Schröder wieder abgereist, da entzündete sich in Tschechien eine Diskussion über die Richtigkeit bzw. die überzogene Handhabe der vom Gastgeberland vor und während des Gipfels getroffenen Sicherheitsmaßnahmen. Präsident Václav Havel hatte die Debatte losgetreten mit den Worten: "Ich möchte allen Polizisten, Soldaten und Staatsdienern danken, die die Sicherheit dieses Gipfels gewährleistet haben, allerdings in einem Ausmaß, das möglicherweise überflüssig war."

Au, backe, wieder war der im Ausland so populäre Dichterpräsident zu Hause in ein Fettnäpfchen getreten, weil er allzu offen seine Meinung gesagt hatte. Die nackten Zahlen belegen Havels These, denn insgesamt 12.000 Polizisten standen letzten Endes nur 1500 Demonstranten gegenüber. Innenminister Stanislav Gross wehrte sich mit den Worten, ihm sei ein solch hoch betriebener Aufwand mit dem Ergebnis, dass nahezu absolut nichts vorgefallen ist, lieber, als wenn es umgekehrt gelaufen wäre. Dem kann vorbehaltlos zugestimmt werden. Aber die Sache hat noch eine Vorgeschichte. Vor zwei Jahren war es nämlich bei dem in Prag stattgefundenen Gipfel von Weltwährungsfonds und Weltbank zu erheblichen Krawallen gekommen. Rückgreifend darauf hatten Gross und Polizeipräsident Jirí Kolár vor dem NATO summit das Horrorszenarium an die Wand gemalt, dass es diesmal bei ähnlichen Ausschreitungen zum "Krieg zwischen Polizei und Demonstranten" kommen werde. Eine grausige Vorstellung, die zig Tausende Prager vor Wochenfrist förmlich aus ihrer Stadt in europäische Touristenorte flüchten ließ. Die Moldaumetropole glich daher am 21. und 22. November teilweise einer Geisterstadt, was - so Havel - einige Vertreter der angereisten Politprominenz in gewisser Weise erschaudern ließ. Dabei hätte Havel, für den das Stelldichein der Weltpolitik in seiner Heimatstadt buchstäblich das Sahnehäubchen auf seine zu Ende gehende politische Karriere war, seinen internationalen Gästen gern ein weltoffenes, selbstbewusstes und von optimistischen Menschen geprägtes Prag präsentiert. Aber die Mehrzahl der Tschechen ist alles andere als das. Sie lässt sich vielmehr in dem ihr noch inne wohnenden "Obrigkeitsgehorsam" allzu schnell von Politikerworten und aufgebauschten Medienberichten beeinflussen. Gerade aus diesem Grund erfährt Havel national bei weitem nicht die gleiche Anerkennung wie im Ausland. "Der Prophet gilt halt nichts im eigenen Land", findet ein weiteres Sprichwort somit seine erneute Bestätigung. Was und wer jedoch nach der Ära Havel ab Februar nächsten Jahres kommen wird, dieses Szenarium kann sich hierzulande noch niemand so recht ausmalen.