Eishockey-Legende und Schauprozess-Opfer Augustin Bubník verstorben

Augustin Bubník (Foto: ČTK)

Das tschechische Eishockey hat viele hervorragende Spieler hervorgebracht. Mehrere Stars der Nachkriegszeit gerieten indes in Vergessenheit, auch weil das kommunistische Regime der Tschechoslowakei sie aus fadenscheinigen Gründen totgeschwiegen hat. Dazu gehören auch die zwölf Weltmeister des Jahres 1949, die ein Jahr später in einem Schauprozess zu jahrelanger Haft verurteilt wurden. Am Dienstag ist der Letzte aus diesem Kreis verstorben: Augustin Bubník. Der gebürtige Prager wurde 88 Jahre alt.

Augustin Bubník  (Foto: ČTK)

Tschechiens Eishockeyspieler haben zwölf WM-Titel gewonnen. Den ersten vor 70 Jahren zu Hause in Prag. Zwei Jahre später siegten sie auch beim WM-Turnier in Stockholm. In der Heimat wurde ihnen ein großer Empfang bereitet:

„Die Menschen warfen Blumen auf uns. Wir warfen sie zurück und dachten, wir seien die größten Götter dieses Staates“, so erinnerte sich Augustin Bubník in einem früheren Fernsehinterview.

Der Prager Flügelstürmer war damals gerade 20 Jahre alt und glaubte – wie die meisten seiner Mitspieler –, nun liege ihm die Welt zu Füßen. Nur ein Jahr später aber, als die Mannschaft ihren WM-Titel in London verteidigen wollte, wurde ihr Abflug auf die britische Insel kurzfristig storniert. In einer Prager Kneipe machten die „jungen Wilden“ ihrem Ärger darüber Luft:

„Man wolle frei sein und man lasse sich nicht vom Kommunismus einsperren“, schAugustin Bubník (Foto: ČTilderte Bubník vor Journalisten die Gemütslage, in der er sich mit seinen Teamkollegen aus der Nationalmannschaft damals befunden habe.

Augustin Bubník  (Foto: ČTK)
Diese Offenheit aber kam den Spielern teuer zu stehen. Sie wurden angeschwärzt, und ein Dutzend von ihnen wurde von den Kommunisten in einem Schauprozess zu Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurden Spionage, Hochverrat und die Zerrüttung der volksdemokratischen Ordnung vorgeworfen. Bubník bekam 14 Jahre Freiheitsentzug, ein paar davon musste er im Uranbergbaulager in Jáchymov / Sankt Joachimsthal verbringen. 1955 wurde er begnadigt, doch die große Eishockeybühne durfte er vorerst nicht mehr betreten. Als Spieler war er für das Nationalteam und für die erste Liga gesperrt.

Nach seiner aktiven Karriere bewies Bubník auch als Trainer großes Geschick. Er durfte seine Fähigkeiten jedoch nicht im westlichen Ausland zeigen. Und als er Mitte der 1960er Jahre ein Angebot aus Kloten in der Schweiz bekam, passierte dies:

„Der Vizevorsitzende des staatlichen Sportausschusses, Herr Pokorný, nahm meinen Vertrag, legte ihn in die Schublade und entnahm aus einer anderen Schublade ein zweites Papier. Dann sagte er mir: ‚Herr Bubník, wenn Sie im Ausland tätig sein wollen, dann haben wir für sie eine politische Aufgabe. Sie müssen dem finnischen Eishockey helfen, denn die Finnen sind die Freunde der Sowjets‘. Damals war Kekonen finnischer Präsident.“

Nach einigem Zögern willigte Bubník ein, denn er wollte seinen Traum leben. Und er machte seine Arbeit gut: Schon bei der WM 1967 in Wien gelang ihm mit der finnischen Mannschaft ein 3:1-Sieg über die Tschechoslowakei. In der Heimat war man sauer, in Finnland aber wurde Bubník gefeiert. Für seine dreijährige Tätigkeit als Nationaltrainer sowie die Einführung neuer Trainingsmethoden in Finnland wurde er dort 2003 in die Hall of Fame aufgenommen. Sein Einzug in die Ruhmeshalle des tschechischen Eishockeys erfolgte erst fünf Jahre später.

Augustin Bubník  (Foto: ČT24)
Über die späten Ehren freute sich Bubník sehr, doch noch mehr über eine Gedenktafel, die sich seit 2009 in der Prager Innenstadt befindet. Und zwar an dem Platz, an dem die Kneipe stand, in der er und seine Mannschaftskameraden am 13. März 1950 aus fadenscheinigen Gründen verhaftet wurden:

„Dass wir die Nationalmannschaft waren, die 1949 Weltmeister wurde und ein Jahr zuvor Olympiasilber gewann, wissen nur wenige Menschen hierzulande. Denn unser Fall wurde zu einer ausgeklügelten Verschlusssache der Staatssicherheit erhoben, bei dem konstruierten Prozess gegen uns durfte niemand dabei sein. Und über das Urteil stand nicht eine Zeile in der Presse, außer am nächsten Tag in den englischen Zeitungen.“

Seine schlimmen Erfahrungen mit dem kommunistischen Regime haben Augustin Bubník nach der Wende auch noch politisch aktiv werden lassen. Von 1998 bis 2002 war er Abgeordneter der konservativen Bürgerdemokraten (ODS) im tschechischen Parlament.

Autor: Lothar Martin
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