Europäische Oberbürgermeister treffen sich in Prag

Prager Oberbürgermeister Jan Kasl

Ein Dutzend europäische Oberbürgermeister werden für den kommenden Freitag in Prag erwartet. Diese größte Veranstaltung ihrer Art in der Geschichte der Tschechischen Republik ist nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis, sondern hat auch ganz konkrete Arbeitsziele. Die Hauptstadtrepräsentanten aus den Ländern Mittel- und Osteuropas, die den EU-Beitritt anstreben, kommen im Rahmen der Konferenz "Hauptstädte für die EU-Erweiterung" zusammen. Markéta Maurová berichtet.

Die Idee einer engen Zusammenarbeit zwischen den Metropolen der Kandidatenländer entstand im Sommer 2000 bei einem Treffen der Stadtvertreter in Paris. Die Oberbürgermeister Prags, Budapests und Warschaus einigten sich damals darauf, jedes Halbjahr regelmäßige Treffen zu veranstalten. Die Gruppe erweiterte sich inzwischen auf 13 Mitglieder und kam bisher in Warschau und Wien zusammen. Nach der Rolle der Hauptstädte beim Ingerationsprozess fragte Radio Prag den Prager Oberbürgermeister, Jan Kasl:

Prager Oberbürgermeister Jan Kasl
"Die Städte, Regionen und Kommunen stehen den Bürgern im alltäglichen Kontakt wesentlich näher. Während auf der Ebene der Regierungen und Nationen die politische Richtung des Verhandlungsprozesses vorgegeben, Limits festgelegt und einzelne Kapitel behandelt werden, können die Städte bei konkreten Fragen helfen. Sie können Kontakte zwischen den verschiedenen Gruppen der Bürger, Schulen und Vertretungen vermitteln. Die niedrigere Ebene ist sehr wichtig. Es handelt sich um keinen Ersatz für die Außenpolitik oder um eine Äußerung von anderen Meinungen, sondern es geht darum, den Annährungsprozess in den alltäglichen Kontakt, in alltägliche Informationen, die die Bürger erhalten, in das alltägliche Entscheiden zu vertiefen."

Neben Bratislava, Nikosia, Sofia und weiteren Metropolen der Kandidatenstaaten gehören auch Berlin und Wien zu der Gruppe.

"Berlin und Wien spielen die Rolle von gewissen Paten. Die beiden Städte sind Mitglieder der Assoziation der Hauptstädte der EU-Länder. Sie stellen eine Brücke zwischen den 12 oder 13 Kandidatenländern und den 15 EU-Metropolen dar - eine Verbindungsbrücke, die es ermöglicht, unsere Meinungen in die Assoziation der Hauptstädte und in die EU-Organe zu übertragen."

Eines der zu behandelnden Themen ist die "Finanzpolitik der Städte und die Möglichkeiten zur Nutzung der EU-Fondsquellen". Wie der Prager Oberbürgermeister informierte, spiele die tschechische Hauptstadt dabei eine andere Rolle als ihre Kolleginnen, und zwar in Bezug auf die sog. 60-Prozent-Regel. Nach dieser Regel unterstützt die EU finanziell alle Regionen, in denen das Lebensniveau nicht 60 % des EU-Durchschnitts erreicht. Da jedoch Prag nicht nur jene 60 Prozent übersteigt, sondern 117 Prozent des durchschnittlichen Bruttoinlandprodukts in den EU-Ländern verzeichnen kann, hat es keinen Anspruch auf diese Subventionen seitens der EU. Die tschechische Hauptstadt unterscheidet sich dadurch von allen anderen Regionen Tschechiens, aber auch von allen anderen Hauptstädten der Kandidaten-Länder.