Flucht aus Pilsener Gefängnis: Wer sind die Entkommenen?

Roman Cabrada, Rostislav Roztocil (Foto: CTK)
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Die Flucht von zwei Häftlingen aus einem Gefängnis im westböhmischen Pilsen an diesem Dienstag hat in Tschechien hohe Wellen geschlagen. Der Direktor der Haftanstalt wurde abberufen, die Leitung der tschechischen Gefängnisverwaltung steht im Kreuzfeuer der Kritik, der Justizminister unterbricht seinen Urlaub auf den Malediven. Die Geschichten der beiden Ausbrecher hängen - auf jeweils unterschiedliche Weise - eng mit Deutschland respektive Österreich zusammen. Gerald Schubert berichtet.

Rostislav Roztocil  (Foto: CTK)
Als sich ihr Bruder bei ihr telefonisch gemeldet hat, da war die Verwirrung zunächst groß. "Wo bist du?" habe sie gefragt. "Bist du in Prag?" Die Antwort, erzählt die Schwester von Rostislav Roztocil, lautete: "Nein, ich bin draußen." Was "draußen" nun genau bedeutet, darüber mehrten sich zuletzt die Spekulationen. Es könnte heißen "außer Landes".

Besagte Schwester lebt in Deutschland, wie Roztocil selbst früher auch. Im Jahr 1975, vor mehr als 30 Jahren also, soll er in der Tschechoslowakei gemeinsam mit drei anderen Männern einen ägyptischen Studenten ermordet haben. Als 1982 einer der Täter gefasst wurde, tauchten plötzlich auch Verdachtsmomente gegen Roztocil auf. Der allerdings war längst aus der kommunistischen Tschechoslowakei emigriert und lebte mit seiner Frau in Österreich. In Abwesenheit wurde er daheim zu 24 Jahren Haft verurteilt, Wien verweigerte allerdings seine Auslieferung: Es bestehe der Verdacht, hieß es, dass die Anklage vom kommunistischen Geheimdienst konstruiert worden sei. Später zog Roztocil in die Bundesrepublik Deutschland, wo seine Schwester bereits damals lebte. Und auch dort verweigerte das Gericht seine Auslieferung. Nach der politischen Wende bekam Roztocil einen tschechoslowakischen Pass, und seit 1991 fuhr er immer wieder unbehelligt auf Besuch in seine frühere Heimat. Bis im Jahr 2000 am Grenzübergang Svaty Kriz / Waldsassen plötzlich die Handschellen klickten und Roztocil direkt ins Gefängnis wanderte.

Roman Cabrada  (Foto: CTK)
Mit seiner Flucht, so ließ er nun über die Schwester ausrichten, wollte er gegen die tschechische Justiz protestieren und seinen Fall neu aufrollen. Seine Schuld hat er nämlich stets bestritten.

Auch der andere Entflohene, Roman Cabrada, ist in Deutschland kein Unbekannter. Er soll im März 2002 den Bürgermeister der bayrischen Stadt Röckingen ermodert haben. Tatort: Die Wohnung einer Prostituierten im westböhmischen Cheb / Eger. Der Fall hatte in Deutschland entsprechendes Aufsehen erregt, 2003 wurde Cabrada zu 18 Jahren Haft verurteilt.

In Tschechien ist indes nicht nur die Tatsache, dass es sich um zwei recht spektakuläre Kriminalfälle handelt, von Interesse. Vor allem die glatt verlaufene Flucht selbst ist Gegenstand von Diskussionen. In einem Lastwagen versteckt konnten die beiden entkommen. Alles deute darauf hin, dass sie auch außerhalb des Gefängnisses Komplizen hatten, meinen die Ermittler.

Auch wenn jetzt die Sicherheitsmaßnahmen in Pilsen und anderen Gefängnissen verschärft werden: Pauschalisierungen seien unangebracht, sagt Petr Dimun, der Sprecher des Justizministeriums:

"Tschechien hat in der EU eine der geringsten Quoten, was Gefängnisausbrüche betrifft", so Dimun.