Zehn Quadratmeter für zwei Inhaftierte: Bedingungen in tschechischen Gefängnissen sollen besser werden
Fast 20.000 verurteilte Straftäter verbringen in Tschechien aktuell ihr Leben hinter Gittern. Nun sollen sich die Bedingungen für die Gefängnisinsassen verbessern. So ist in Planung, die Mindestgröße der Zellen zu erhöhen.
Ab Januar kommenden Jahres soll eine Gefängniszelle für zwei Inhaftierte in Tschechien mindestens zehn Quadratmeter groß sein – ausgenommen dem Platz für Toilette und Waschbecken. Für Begeisterung sorgt das nicht überall…
„Durch diese administrative Änderung sinkt die Kapazität in den tschechischen Gefängnissen um etwa zehn Prozent“, sagte Zbyšek Trepeš in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Trepeš leitet die Haftanstalt im Prager Stadtteil Ruzyně. Sein Gefängnis ist derzeit zu 90 Prozent ausgelastet. Um die neue Norm umzusetzen, müssen nun wohl bauliche Veränderungen vorgenommen werden:
„Bei unserem Haus wird sich das noch in Grenzen halten. Problematisch ist die Änderung vor allem für die anderen Anstalten, in die die Gefangenen verlegt werden. Aber auch wir werden Bauarbeiten vornehmen müssen, was einen großen finanziellen und personellen Aufwand bedeutet.“
Der tschechische Gefängnisdienst hingegen sieht in der Änderung einen großen Fortschritt. Man wolle sich den Richtwerten des Europarates annähern, heißt es von der tschechischen Behörde.
Konkret gemeint sind damit die Empfehlungen des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT). Diese Organisation hält bei Doppelbelegung eine Zellengröße von zehn Quadratmetern für das zumutbare Minimum. Ein ähnlicher Wert gilt deshalb etwa auch in Deutschland.
Simon Michailidis leitet den tschechischen Gefängnisdienst. Die Kritik von einigen Chefs der Justizvollzugsanstalten will er nicht gelten lassen:
„Ich sehe das genauso wie 1999. Damals wurde die gesetzliche Norm auf vier Quadratmeter pro inhaftierte Person angehoben. Zu dieser Zeit waren das System und die Haftbauten auch nicht auf diese Änderung eingestellt. Aber durch die neue Vorschrift war man gezwungen, diesen Standard nun möglichst schnell zu erreichen.“
Vier Quadratmeter pro Person – dieser Richtwert gilt im Übrigen bei Mehrfachbelegung noch immer in tschechischen Gefängnissen. Die neue Mindestquadratmeterzahl hält Michailidis besonders aus einem Grund für wichtig:
„Vor allem geht es darum, zu verhindern, dass sich die Häftlinge untereinander sozial negativ beeinflussen. Das ist ähnlich wie bei Isolationsstationen in Krankenhäusern. Wir wollen vermeiden, dass sich die Gefangenen kriminell infizieren.“
Laut der Sprecherin des Gefängnisdienstes, Markéta Prunerová, ist derzeit nicht geplant, aufgrund der Änderung im großen Stil neue Kapazitäten für Häftlinge zu schaffen. Schon sehr bald will man die geänderten Vorgaben aber mitdenken:
„In Zukunft muss dieser Standard beim Bau oder der Renovierung bereits bestehender Unterkunftseinrichtungen eingehalten werden. Der tschechische Gefängnisdienst kann so mit den fortschrittlichsten Haftsystemen in Europa mithalten. Dass damit höhere Investitionen verbunden sind, ist nur logisch.“
Die Vollzugsanstalten in Tschechien sind aktuell zu 98 Prozent gefüllt. Die Gefangenenrate hierzulande ist eine der höchsten in der EU. So kommen in Tschechien auf 100.000 Einwohner rund 180 Inhaftierte – etwa doppelt so viel wie in Deutschland und in Österreich. Schon lange wird daher auch über alternative Strafformen und eine Reform des Vollzugswesens diskutiert.