Frühzeitiges Weihnachtsgeschenk in Tschechien: Steuern werden gesenkt
Die Tschechische Republik, seit anderthalb Jahren Mitglied der europäischen Union, wächst mehr und mehr aus den Kinderschuhen heraus. Im Juni konnte die Außenhandelsbilanz erstmals seit der Wende einen Exportüberschuss verzeichnen, die Krone hat sich längst zu einer stabilen mitteleuropäischen Währung herausgebildet, und nun sollen endlich auch die Bürger die Aufwärtsentwicklung des Landes deutlicher zu spüren bekommen. Am Dienstag hat nämlich das Prager Abgeordnetenhaus beschlossen, die unteren Einkommenssteuersätze ab dem Beginn des neuen Jahres zu senken. Welche Auswirkungen dieser Beschluss auf das Gros der hiesigen Arbeitnehmer haben dürfte, dazu Näheres von Lothar Martin.
"Wir senken den Steuersatz in der unteren ersten Steuerklasse, in der das Einkommen nur noch mit zwölf statt der bisherigen 15 Prozent zu versteuern ist, sowie in der zweiten Steuerklasse, in der nur noch 19 anstatt 20 Prozent an Steuern zu zahlen sind. Das ist gleichzeitig der größte Eingriff in die Skala der progressiven Versteuerung bei uns seit Entstehung des tschechischen Steuersystems im Jahre 1993."
Und der Chef über die öffentlichen Finanzen rechnet auch gleich vor, wie sich diese Steuererleichterung auf den Geldbeutel der Niedrig- und mittleren Verdiener im Land auswirken dürfte:
"Die durchschnittliche Steuerersparnis wird sich zwischen 4000 bis 4700 Kronen im Jahr für einen Steuerzahler bewegen. Am meisten profitieren davon Personen mit einem Monatsverdienst von bis zu 30.000 Kronen brutto. Das sind unter den gegebenen Umständen ca. 90 Prozent derjenigen Bürger, die in Tschechien auch tatsächlich Steuern zahlen."Ein gutes halbes Jahr vor den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus ist die Entscheidung zur Steuersenkung natürlich nicht nur ein frühzeitiges Weihnachtsgeschenk an 90 Prozent der Geld verdienenden Bürger, sondern auch eine erste große Wahlkampfofferte. Deshalb wollte sich die Opposition, bestehend aus der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und den Kommunisten, dieser Maßnahme auch nicht verschließen. "Im Sinne von besseren Schritten sollten kleine Schritte nicht kaputt getrampelt werden", meinte dann auch ODS-Fraktionschef Vlastimil Tlusty, um sogleich nachzulegen, dass man im Senat, indem das bürgerliche Lager die Mehrheit hat, noch weiter reichende Änderungsvorschläge in das neue Steuergesetz einfließen lassen werde. Denn der Abgeordnetenbeschluss war nur der erste, wenn auch gewichtigste Schritt in Richtung des neuen Steuergesetzes. Ihm müssen nun auch noch der Senat und der tschechische Präsident beitreten. Doch angesichts der Bedeutung dieses Gesetzes gilt deren Zustimmung, wenn auch nicht uneingeschränkt, als sicher.