Biersteuern: Tschechisches Veto gegen die Rest-EU
Wenn´s ums Bier geht, dann hört der Spaß auf. Das gilt offensichtlich nicht nur für die Stammgäste böhmischer Bierschwemmen, sondern auch für Finanzminister Vlastimil Tlusty (ODS). Gegen eine geplante Erhöhung der Verbrauchssteuern auf Bier legte Tlusty daher am Dienstag in Brüssel bei einer Tagung des EU-Ministerrates das tschechische Veto ein.
Die EU-Verhandlungen um die Erhöhung der Alkoholsteuern sind damit geplatzt. Tschechien stellte sich mit seinem Veto allein gegen die 24 anderen Mitgliedsstaaten, und das obwohl die geplante Erhöhung des Mindeststeuersatzes für Bier um 4,5 Prozent wegen ohnehin höherer Besteuerung in Tschechien selbst nicht einmal spürbar geworden wäre. Es geht aber ums Prinzip: Das tschechische Nationalgetränk dürfe nicht gegenüber Wein benachteiligt werden, so Finanzminister Vlastimil Tlusty. Der aber wird gar nicht besteuert.
Minister Tlusty hat Recht, meint der ehemalige Berater am Finanzministerium, Miroslav Zamecnik. Das tschechische Beharren sieht er aber hauptsächlich als Verhandlungstaktik:
"Auch wenn das natürlich ein sympathischer Zug ist, dass ein kleines Land hier auf seinen Traditionen beharrt, sehe ich da keine große Aussicht auf Erfolg. Aber das heißt deshalb nicht, dass man das nicht laut sagen darf. Vielleicht kann man dann durch ein Zurückziehen der Forderungen eine Konzession in einer für Tschechien wichtigeren Frage erreichen, denn diese Regelung hat für die tschechische Wirtschaft jedenfalls keine finanziellen Auswirkungen."Zum Einfordern von Konzessionen ist es allerdings nun erstmal zu spät. Um seine Entschlossenheit zu unterstreichen, hatte Minister Tlusty der finnischen Delegation, die den Entwurf eingebracht hatte, noch am Dienstag zwei Fässer tschechisches Bier überreicht. Bier, so Tlusty, sei in Tschechien ein Lebensmittel, und man könne nicht die Benachteiligung eines typischen tschechischen Produktes hinnehmen. Die moralische Standhaftigkeit des Finanzministers könnte sich nach Meinung des ehemaligen tschechischen EU-Kommissars Pavel Telicka aber leicht in ein europäisches Eigentor verwandeln.
Hier geht es natürlich darum, welche Prioritäten man setzt und ob man die Allianz, die Ratspräsidentschaft oder andere Mitgliedsländer nicht vielleicht nochmals in Angelegenheiten braucht, in denen es um mehr als um ein paar Heller geht. Ich will hier keine Urteile fällen, aber ich glaube, es gab akzeptable Lösungsmöglichkeiten. Hier ist wohl eher die Frage, ob dabei nicht die heimische Szene eine gewisse Rolle gespielt hat - auch wenn das den Brauereien diesmal wirklich ziemlich egal sein kann."
Die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny fragt sich, was zu dieser bemerkenswerten europäischen Initiative Tschechiens geführt haben kann und gibt gleich drei Antworten: gute Argumente, verbunden mit einer guten Gelegenheit zur Selbstdarstellung, ein neuer, europakritischer Kurs der ODS-Regierung, oder die dritte und schlimmste Variante: dass man sich in Prag eben letztlich doch nur vom Thema Bier aus der Lethargie reißen lässt.