In Tschechien wird das Pfingstfest nicht offiziell gefeiert. Beim Fußball bot das zurückliegende Wochenende andererseits auch kaum Grund zum Feiern. Im Vorfeld eines Ligaspiels musste zum ersten Male ein Todesopfer unter den Fans beklagt werden. Und: Nach der Spitzenpartie Sparta Prag – Baník Ostrau am Samstag kündigte der Trainer der Hauptstädter, Michal Bílek, seinen Rücktritt zu Saisonende an – worauf die Vereinsführung am Sonntag die Sache beschleunigte. Und das einen Spieltag vor Saisonschluss!
Sparta Prag – Baník Ostrau (Foto: ČTK)
Wenn im tschechischen Clubfußball die Mannschaften von Sparta Prag und Baník Ostrava aufeinander treffen, dann herrscht für die hiesige Polizei stets „Alarmstufe Rot“. Bei keiner anderen Begegnung der obersten Spielklasse, der Gambrinus-Liga, sind die Anhänger zweier Clubs derart verfehdet, wie in diesem Duell. Und auch nicht so gewaltbereit. Um das Ausmaß der Zerstörungen, die die Randalierer unter diesen Fans regelmäßig verursachen, möglichst gering zu halten, stellte die Bahn den Sonderzug von Ostrau nach Prag diesmal aus alten, ausgedienten Waggons zusammen. Eine Maßnahme mit Folgen, denn die Türen dieser Personenwagen lassen sich während der Fahrt öffnen. Das wurde dem 30-jährigen Rudolf B. zum Verhängnis, der während der Fahrt nach Prag aus dem Zug stürzte und dabei tödliche Kopfverletzzungen erlitt. Vermutlich wollte er nur lüften, da die mit Rauchern vollbesetzten Wagenflure in dichtem Zigarettenqualm standen.
Sonderzug für die Fans aus Ostrava (Foto: ČTK)
Vor dem Match gedachten die rund 2000 Baník-Fans ihres tödlich verunglückten Kameraden mit einer Schweigeminute. Während des Spiels blieben die befürchteten Ausschreitungen aus. Sicher auch eine Folge der Vorkehrungen, die für die „Risiko-Partie“ getroffen wurden. Denn erstmals war in den Katakomben der Prager Axa-Arena ein provisorischer Gerichtssaal eingerichtet worden, um Rowdys gegebenenfalls sofort abzustrafen zu können. Insgesamt hat die Polizei drei Personen aufgegriffen und abgeführt – allerdings „nur“ in einen Raum neben dem Gerichtssaal, in dem die städtische Behörde kleinere Verstöße mit Geldbußen ahndete. Keine Arbeit für die Richter also, doch Jan Sváček, der Vorsitzende des Stadtgerichts, schließt weitere Einsätze dieser Art nicht aus:
Foto: ČTK
„Was die erforderlichen Räumlichkeiten anbelangt, gebe ich zu, dass nicht alle Fußballstadien hier in Prag die Einrichtung eines provisorischen Gerichtssaals ermöglichen. Wir wissen jetzt zwar noch nicht, ob wir eine solche Aktion wiederholen werden, aber eines möchte ich anfügen: Der Gesellschaft kostet sie nur wenig Geld und für den Zweck macht es sich bezahlt.“
Rein sportlich hat sich die Reise der Baník-Fans nach Prag hingegen sehr gelohnt. Ihr Team gewann mit 2:1 und stürzte damit die Gastgeber von der Tabellenspitze. Dabei hatte sich Sparta-Trainer Michal Bílek noch vor dem Spiel sehr optimistisch geäußert:
Sparta Prag – Baník Ostrau (Foto: ČTK)
„Wir sind in einer sehr guten Ausgangsposition. Wir führen die Tabelle mit einem Punkt Vorsprung an. Die Heimniederlage gegen Brünn hat keine Spuren bei uns hinterlassen, von daher sollten wir uns den ersten Platz nicht mehr nehmen lassen.“
Das aber genau trat ein, und Bílek zog die Konsequenzen. Er verkündete seinen Rücktritt zum Saisonende. Der Sparta-Vorstand beschleunigte diesen Schritt um eine Woche und setzte den eigenen Präsidenten, Jozef Chovanec, für das Pokal-Endspiel und den letzten Spieltag als Interimstrainer ein. Dem Lokalrivalen Slavia Prag ist das jedoch egal. Nach seinem 2:0-Auswärtssieg in Mladá Boleslav stehen die Rot-Weißen aus dem Stadtteil Vršovice nun auf Platz eins. Am kommenden Samstag können sie bereits mit einem Remis gegen Jablonec nad Nisou den ersten Meistertitel seit 1996 perfekt machen.
