Fußball und Eishockey finden international Lösungen in der Corona-Krise

Das Coronavirus greift in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ein, auch in den Sport. So wurde beispielsweise die Fußball-EM von diesem auf das nächste Jahr verschoben, während die Eishockey-WM in der Schweiz ersatzlos gestrichen wurde. Die großen Wettbewerbe auf Clubebene in beiden Sportarten werden indes mit viel Aufwand an Organisation, Geld und Hygiene durchgeführt, wenn auch zu teilweise ungewöhnlichen Spielzeiten. Sowohl Mannschaften als auch einzelne Spieler aus Tschechien haben damit unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Illustrationsfoto: Ali Yaqub,  Unsplash / CC0

Die erste Welle der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr hat im europäischen Fußball zu zahlreichen Saisonunterbrechungen geführt. Folglich beendeten viele Top-Ligen die Saison 2019/20 erst im Hochsommer, während die Konkurrenzen in der Champions League und der Europa League sogar erst im August zu Ende gebracht wurden. Das führte zwangsläufig zu zeitlichen Verschiebungen für die neue Spielzeit. Deswegen wurde auch die gesamte Qualifikation in den europäischen Wettbewerben so straff wie möglich durchgeführt. In jeder Vorrunde – mit Ausnahme der Playoff-Runde zur Champions League – entschied sich das Weiterkommen in nur einem Spiel, das Heimrecht war vom Losglück abhängig. Und wenn ein Team wegen Corona nicht vollzählig war, gab es keine Ausweichmöglichkeit. Eine solch kuriose Situation erlebte auch die Mannschaft von Slovan Liberec. In der dritten Vorrunde zur Europa League wussten die Fußballer aus Nordböhmen bis wenige Stunden vor dem Anpfiff des Qualifikationsspiels im rumänischen Giurgiu nicht, ob die Partie stattfindet oder nicht. Gegner FCSB Bukarest musste wegen mehrerer Corona-Fälle eine völlig neue Mannschaft zusammenstellen. Liberec behielt aber die Nerven und gewann das atypische Auswärtsspiel mit 2:0.

Tschechische Trio trifft in Europa League auf attraktive Gegner

Slovan Liberec  (Foto: ČTK / Radek Petrášek)

Liberec war schließlich die einzige tschechische Mannschaft, die sich erfolgreich in allen drei Qualifikationsrunden behauptete. Neben den Blau-Weißen schafften auch die beiden Traditionsvereine aus der Hauptstadt – Slavia Prag und Sparta Prag – den Sprung in die Gruppenphase der Europa League. Für Slavia ist das aber nur ein Trostpflaster, denn der tschechische Meister wollte eigentlich in die Champions League, scheiterte aber am dänischen Vertreter FC Midtjyllant. Und für Sparta Prag war der Weg dorthin schon früh geebnet: Als Pokalsieger hatte sich das Team von Sportdirektor Tomáš Rosický direkt für den Hauptwettbewerb qualifiziert. Umso erfreuter ist man bei Sparta darüber, dass man sich nun mit drei attraktiven Gegnern messen kann. In der Gruppe H der Europa League treffen die Hauptstädter auf Celtic Glasgow, den AC Mailand und OSC Lille aus Frankreich. Zu dieser Konkurrenz sagte Trainer Václav Kotal:

Václav Kotal  (Foto: David Sedlecký,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

„Das sind alles sehr gute Mannschaften von hoher Qualität. Uns erwartet viel harte Arbeit.“

In der Gruppe C bekommt es Slavia Prag mit Bayer Leverkusen, Hapoel Beer Sheva aus Israel und dem OGC Nizza zu tun. Torwart Ondřej Kolář wird schon längere Zeit gerade von dem französischen Verein umworben. Deshalb wünschte sich der 25-jährige Slavia-Keeper auch Nizza am meisten als Gruppengegner:

„Nizza hat eine ähnliche Spielanlage wie wir, die Franzosen agieren aus einer sicheren Abwehr heraus mit schnellem Umschaltspiel. Sie sind daher wie ein Spiegelbild für uns, deshalb freue ich mich sehr auf beide Vergleiche mit ihnen. Auch die anderen zwei Mannschaften sind schwere Gegner, insbesondere der Bundesligist Bayer Leverkusen. Ich freue mich auf die Duelle und glaube fest, dass wir weiterkommen.“

Trainer Jindřich Trpišovský gibt sich ebenfalls optimistisch:

Jindřich Trpišovský  (Foto: ČTK / Jaroslav Ožana)

„Wir haben drei Teams in der Gruppe, die das Kombinationsspiel bevorzugen und dazu noch technisch sehr beschlagen sind. Unser Ziel aber ist, im Frühjahr noch in der Europa League mitzumischen.“

Im Gegensatz zu den international erfahrenen Hauptstadtclubs ist Slovan Liberec in der Europa League nur Außenseiter. Und auch die Gegnerschaft in der Gruppe L hat es in sich – es sind KAA Gent, Roter Stern Belgrad sowie die TSG Hoffenheim 1899. Auf den Bundesligisten freut sich besonders Torhüter Filip Nguyen:

Filip Nguyen  (Foto: Archiv Slovan Liberec)

„Mein Traum ist die deutsche Bundesliga, von daher bin ich zufrieden mit dem Los. Die Begegnung mit Hoffenheim wird auch für unsere Zuschauer pikant sein, denn mit Pavel Kadeřábek steht ein tschechischer Nationalspieler im deutschen Team. Ich habe mit ihm bei Sparta Prag zusammengespielt, deswegen freue ich mich auf das Wiedersehen mit ihm.“

Der erste Spieltag in den Gruppen ist Donnerstag, der 22. Oktober. Sparta Prag und Slovan Liberec empfangen dann die Mannschaften aus Lille und Gent zu Hause, während Slavia Prag zunächst bei Beer Sheva antreten muss.

Tschechen Palát und Rutta gewinnen mit Tampa Bay den Stanley Cup

Foto: Nichole Warman,  Flickr,  CC BY-ND 2.0

„Die Mannschaft von Tampa Bay Lightning hat den Stanley Cup gewonnen.“

Mit dieser Bestätigung eines Sportreporters endete vor gut einer Woche die bisher längste Saison in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL), die im Eishockey als das Nonplusultra gilt. Es war eine Saison, wie man sie so schnell nicht vergessen wird. Wegen der Coronavirus-Pandemie, die sich im Frühjahr besonders in den Vereinigten Staaten sehr rasch und heftig ausgebreitet hatte, wurde die Spielzeit für fast vier Monate unterbrochen. Erst im Juli, wenn alle Akteure und viele Zuschauer normalerweise schon im Urlaub sind, konnte die Saison mit den Playoffs fortgesetzt werden. Dazu wurden die 24 Teilnehmer des Stanley Cups an zwei Orten zusammengezogen, um die Ansteckungsgefahr durch den Wegfall der An- und Abreisen zu minimieren. In Edmonton und Toronto hat man die Teams dann in einer sogenannten Blase abgeschirmt: Die Aktiven, Trainer und Betreuer pendelten nur zwischen Hotel und Eisstadion und waren daher wochenlang getrennt von Familie und Freunden. Das drastische Konzept wurde zwar von allen Mannschaften akzeptiert, doch nicht wenige Leute in ihrem Umfeld zeigten sich skeptisch. Zu ihnen gehörte auch ein ehemaliger NHL-Star und heutiger Eishockeyexperte:

Dominik Hašek | Foto: Adam Kebrt,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

„Ich kann mir nicht zu 100 Prozent vorstellen, dass die Playoffs um den Stanley Cup auch beendet werden. Schließlich kann noch alles Mögliche passieren. Die Lage ist überhaupt noch nicht unter Kontrolle, speziell nicht in Amerika.“

Dies sagte der zweifache Stanley-Cup-Sieger und ehemalige tschechische Nationaltorwart Dominik Hašek kurz vor Beginn des Stanley Cups Anfang Juli. Doch Hašek irrte sich, die Playoffs wurden in beiden kanadischen Städten ohne Fehl und Tadel durchgezogen. Dass es so gut klappte, lag auch an dem strengen und sehr aufwendigen Hygienekonzept, das die verantwortlichen NHL-Commissioner durchgesetzt hatten. Binnen zwei Monaten wurden so unter anderem 33.394 Corona-Tests durchgeführt, die den Berichten nach alle negativ ausfielen. Zu den Spielern, die getestet wurden, gehörte unter anderem der tschechische Nationalverteidiger Michal Kempný. Das Leben in der Blase beschreibt er so:

Michal Kempný  (Foto: All-Pro Reels,  Flickr,  CC BY-SA 2.0)

„Ich war sehr überrascht, in welcher Weise man sich um uns kümmert. Uns steht ein großes Fußballstadion zur Verfügung, das wir nutzen können. Wir können dort laufen gehen oder aber Fußball, Tennis und anderen Ballsport spielen. Zudem haben wir ein separates Restaurant. Das Einzige, was uns hier fehlt, sind unsere Familien.“

Kempný lebte allerdings nicht lange in dieser Blase, denn er und seine Washington Capitals schieden bereits im Achtelfinale aus. Besser machten es drei andere Tschechen: Radek Faksa im Trikot der Dallas Stars sowie Ondřej Palát und Jan Rutta, die bei Tampa Bay Lightning unter Vertrag stehen. Dieses Trio schaffte es bis ins Finale des Stanley Cups, in dem sich ihre beiden Teams gegenüberstanden. Daher verbrachten die drei Tschechen und ihre Mitspieler nahezu zwei Monate am Stück abgeschottet von der Außenwelt. Für den 29-jährigen Palát bedeutete dies eine gewisse psychische Zerreißprobe, wie er mitten in der Blase gestand:

Ondřej Palát  (Foto: Michael Miller,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)

„Meine Familie fehlt mir sehr. Ich habe eine kleine Tochter, und mit meiner Frau telefoniere ich täglich. Ebenso mit meinen Eltern. Zum Glück funktioniert die neue Technologie gut, so bin ich wenigstens mit meinen Lieben in Kontakt.“

Doch die Entbehrungen haben sich für Palát gelohnt. Tampa Bay setzte sich in der Finalserie mit 4:2 Siegen durch Damit gewann das Team aus Florida nach 16 Jahren das zweite Mal den Stanley Cup. Bei der Übergabe des begehrten Pokals an Teamkapitän Steven Stamkos war der Jubel entsprechend frenetisch. Mit elf Toren und sieben Vorlagen in den Playoffs hatte Ondřej Palát gehörigen Anteil am Gewinn der Trophäe, die er und Jan Rutta das erste Mal in die Höhe stemmen durften. Beide erweiterten die Gesamtzahl der tschechischen Stanley-Cup-Sieger damit auf 28. Wann sie aber den Pott auch in ihren Heimatstädten Frýdek-Místek und Písek präsentieren dürfen, ist noch ungewiss. Wegen der Corona-Pandemie steht diese Tradition auf der Kippe.

Autor: Lothar Martin
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