Geburtsstadt Zlín als Inspiration: Antonín Bajaja mit Staatspreis für Literatur ausgezeichnet

Antonín Bajaja (Foto: ČTK)

Staatspreise für Künstler hat es in der Tschechoslowakei schon vor der Wende gegeben. Die Kriterien für deren Verleihung waren aber bei weitem nicht künstlerischer Art. 1993 führte der damalige Kulturminister und Publizist Pavel Tigrid nach einer kurzen Zäsur die Staatspreise für Kultur wieder ein. Seitdem werden sie in den Tagen um den Staatsfeiertag am 28. Oktober vergeben. Am Montag hat Kulturminister Besser die diesjährigen Staatspreise verliehen.

František Skála  (Foto: ČTK)
„Wir waren gewöhnt, dass es Klement-Gottwald-Staatspreise gegeben hat. Aber jetzt ist das bereits etwas anderes. Ich habe danach geforscht, ob ich den Preis entgegen nehmen darf, und ich meine ja.“

Sagt der Preisträger František Skála. Er ist Maler, Bildhauer sowie Musiker. Skála wurde mit dem Staatspreis für seinen Beitrag zur bildenden Kunst ausgezeichnet. Er gehörte 1987 zu den Mitbegründern der Künstlergruppe Tvrdohlaví (Die Hartnäckigen). Der vielseitige Künstler ist vor allem durch seine Werke berühmt geworden, die er aus zufällig gefundenen Gegenständen und Bruchstücken natürlicher sowie künstlicher Herkunft schuf, die sonst verschwunden wären.

Jiří Besser und Antonín Bajaja  (Foto: ČTK)
Der Staatspreis für Literatur wurde dem Schriftsteller Antonín Bajaja für seinen Roman „An der schönen blauen Dřevnice“ verliehen. In seinem Roman beschreibt der 68-jährige Schriftsteller seine Geburtsstadt Zlín. Das Buch stellt ein Zeugnis über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Tschechoslowakei dar. Der Roman ist als eine Sammlung von Briefen stilisiert, die der Verfasser an seine Schwester adressiert. Die Briefe sind jedoch nicht chronologisch geordnet, genauso wie die Kindheitserinnerungen. Antonín Bajaja:

Tschechische Herausgabe des Romans „An der schönen blauen Dřevnice“
„In meinem Buch betrachte ich alles nicht nur mit Kinderaugen. Es ist dort auch die Sichtweise eines alt werdenden Mannes enthalten. Der Widerspruch zwischen den beiden Perspektiven schafft Spannung. Als ich einst in den 1960er-Jahren die Erinnerungen an meine Kindheit zu schreiben begann, war es für mich eine Art Abreagieren von der damaligen Zeit.“

Aus den Briefen und Erinnerungen kommt der Unterschied zwischen dem Bild der Stadt Zlín kurz nach dem Krieg und dem Zlín, das von den Kommunisten in Gottwaldov umbenannt wurde. (Gottwald war ein tüchtiger Schüler Stalins und der erste kommunistische Präsident der Tschechoslowakei.) Am Schicksal der einzelnen Bewohner von Zlín kann man sich eine Vorstellung davon machen, wie das kommunistische Regime mit unbequemen Bürgern umging. Als Kind habe er, so der Schriftsteller, aber mit anderen auf der Straße gespielt und noch kaum verstanden, was sich um ihn herum abspielte:

Oldřich Král  (Foto: ČTK)
„Die Menschen aus unserer Umgebung wurden um ihre Hoffnungen, um ihre Freiheit und um ihr Eigentum gebracht. Dank unserer Eltern nahmen wir dies als Kinder noch nicht wahr. Erst später, als mein Vater verhaftet wurde, haben wir begriffen, worum es geht. Als der Vater zurückkam, gab es seine Arztpraxis nicht mehr. In unserem Haus wurde an ihrer Stelle eine staatliche Hygienebehörde eingerichtet.“



Jiří Besser und Ilja Hurník  (Foto: ČTK)
Die Staatspreise wurden auch für besondere Leistungen in anderen Kulturbereichen verliehen. Den Staatspreis für literarische Übersetzung erhielt der Prager Sinologe Oldřich Král für sein Lebenswerk. In der Kategorie Theater wurde der Dramaturg Karel Kraus geehrt, der in den 1950er- und 1960er-Jahren mit dem namhaften Theaterregisseur Otomar Krejča zusammenarbeitete. Für sein Musikwerk wurde der Komponist Ilja Hurník ausgezeichnet. Ebenfalls mit dem Staatspreis ausgezeichnet wurde die Architektin Alena Šrámková.