Geste an deutsche Antifaschisten: Kabinettsbeschluss dürfte unmittelbar bevorstehen
Die tschechische Regierung könnte bereits am kommenden Mittwoch über die Versöhnungsgeste gegenüber deutschen Antifaschisten beraten, die in letzter Zeit wieder einmal heftig diskutiert wurde. Gerald Schubert fasst die jüngsten Entwicklungen zusammen:
Der Gedanke, eine Versöhnungsgeste an Deutsche zu richten, begleitet die tschechische Politik nun schon seit geraumer Zeit. So hatte etwa bereits der ehemalige Vizepremier Petr Mares an einem entsprechenden Plan gefeilt. Dieser wäre mit Entschädigungszahlungen an Deutsche verbunden gewesen, die noch heute in Tschechien leben und nach dem Krieg hierzulande Zwangsarbeit leisten mussten. Der politische Konsens war damals nicht ausreichend, das Vorhaben wurde niemals umgesetzt.
Der derzeitige Premierminister Jiri Paroubek hat das Thema bereits vor einigen Wochen erneut auf die Tagesordnung gebracht. Am Sonntag konkretisierte er im Tschechischen Fernsehen seinen Vorschlag, der sich von dem einstigen Mares-Plan in wesentlichen Punkten unterscheidet:
"Es handelt sich um eine Würdigung jener deutschen Bürger der ehemaligen Tschechoslowakei, die antifaschistisch aufgetreten sind und während des Zweiten Weltkriegs oder davor vom nazistischen Regime verfolgt wurden. Von der Mehrheit der tschechischen Bevölkerung wurden sie nach dem Ende des Krieges nicht entsprechend gewürdigt."
Mit Geldzahlungen soll die Geste nicht verbunden sein. Eine formelle Regierungserklärung aber soll unmissverständlich klar machen, dass die heutige Tschechische Republik auch deutschen Antifaschisten Dank und Anerkennung schuldet.
Mit dem österreichischen Kanzler Wolfgang Schüssel hatte Paroubek sein Vorhaben bereits anlässlich seines Wienbesuches Mitte Juli abgesprochen, mit Gerhard Schröder will er am Donnerstag telefonisch darüber reden.
Bisher waren die Reaktionen aus dem Ausland weitgehend positiv. Lediglich die Sudetendeutsche Landsmannschaft Österreichs (SLÖ) hält den Plan für einen "diplomatischen Trick", der die Sudetendeutschen spalten soll.
Und die Reaktionen in Tschechien? Aus dem sozialliberalen Regierungslager gab es positive Stimmen, nur die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS) ist gegen eine Geste an die deutschen Antifaschisten. Der ODS-Ehrenvorsitzende, Staatspräsident Vaclav Klaus, meint gar, Paroubek habe den Verstand verloren.
Am Mittwoch will die Regierung in Prag über die Geste beraten. Paroubek sagte am Sonntag, er sei sich der Zustimmung seines Kabinetts hundertprozentig gewiss. Die Geste richte sich an Menschen, die dem tschechoslowakischen Staat unter allen Umständen treu geblieben waren, und sei daher legitim. Auch wenn es keine finanzielle Entschädigung geben soll, so könnte die Regierung außerdem etwa 30 Millionen Kronen, umgerechnet eine Million Euro, zur Dokumentation von Einzelschicksalen deutscher Antifaschisten aufwenden, sagte Paroubek.