Gleich zwei tschechische Autoren mit Georg-Dehio-Buchpreis geehrt

Foto: DVA-Verlag

Jedes Jahr verleiht das Deutsche Kulturforum östliches Europa den Georg-Dehio-Preis; abwechselnd ist das entweder ein Kultur- oder ein Buchpreis. 2012 waren wieder die Buchautoren dran – und dieses Mal konnten sich gleich zwei tschechische Schriftsteller gegen die europäische Konkurrenz durchsetzen: Peter Demetz und Radka Denemarková. Am Donnerstagabend wurden die beiden in Berlin geehrt.

Georg Dehio
In Reval, dem heutigen Tallinn, geboren, doch deutscher Nationalität: Für den Kunsthistoriker Georg Dehio war das der Ausgangspunkt für sein Interesse an der deutschen Kultur im mittelosteuropäischen Ausland. Er gilt als ein Pionier der Forschung auf diesem Gebiet. Heutzutage beschäftigt sich das Deutsche Kulturforum östliches Europa mit den Nachfolgern Dehios, die sich mit ähnlichem Ehrgeiz und Interesse dem Thema widmen. Die Institution veranstaltet unter anderem Lesungen, Workshops oder Gesprächsrunden. Außerdem verleiht sie jährlich den Georg-Dehio-Preis. Die Mitarbeiterin des Kulturforums, Tanja Krombach:

„Bei all diesen Veranstaltungen geht es uns darum, die deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa einem breiten Publikum bekannt zu machen. Ein Preis ist natürlich eine gute Möglichkeit. Es geht auch darum, diejenigen zu ehren, die sich schon seit Jahren oder ihr ganzes Leben diesem Thema widmen.“

Foto: DVA-Verlag
Unter den Geehrten befinden sich seit Donnerstagabend auch zwei tschechische Autoren. Während der Hauptpreis an den gebürtigen Prager Peter Demetz für sein Lebenswerk ging, wurde in Berlin auch das Werk „Ein herrlicher Flecken Erde“ von Radka Denemarková ausgezeichnet. Zusammen mit ihrer – ebenfalls tschechischen – Übersetzerin Eva Profousová erhielt die Schriftstellerin den Ehrenpreis 2012. Bisher gab es fast immer deutsche oder österreichische Preisträger. Warum sich die Jury dieses Mal anders entschieden hat, sagt Manfred Sapper, Chefredakteur der Zeitschrift „Osteuropa“ und diesjähriger Juryvorsitzender:

„Reiner Zufall. Das hat etwas damit zu tun, dass die Jury an jemandem wie Peter Demetz nicht vorbeikommen kann. Sein Werk ist so brillant, dass es in der Jury überhaupt keinen Streit um die Preisvergabe gab. Dabei ist die Frage, ob der Preisträger ein Deutscher, ein Tscheche, Amerikaner oder ein Pole ist, zweitrangig.“

Peter Demetz  (Foto: Jiří Kamen,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Vor allem für seine Werke zur deutschsprachigen Literatur in Böhmen und den Erinnerungsroman „Mein Prag“ wurde Germanist Demetz weit bekannt. Nach der kommunistischen Machtergreifung 1949 floh er in die USA, wo er bis heute lebt. Dennoch ist der Schriftsteller für Tschechen und Deutsche gleichermaßen unverzichtbar. Sapper:

„Demetz ist einer der letzten Zeugen dieses weltoffenen, mehrsprachigen und multikulturellen Böhmens. Er schafft es, diesen Wert, der in Prag, Böhmen und Mittelosteuropa existiert hat, in Erinnerung zu rufen.“

Radka Denemarková  (Foto: Martin Melichar,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Demetz setzte sich gegen sechs andere Autoren durch. Noch mehr Konkurrenz stach Radka Denemarková mit ihrem Buch „Ein herrlicher Flecken Erde“ aus. Der Roman beschäftigt sich mit der problematischen Rückkehr einer Auschwitz-Überlebenden in ihr tschechisches Heimatdorf. Auch dafür findet der Juryvorsitzende Sapper nur Lob.

„Das bemerkenswerte an dem Buch ist, dass es das, was der Mensch dem Menschen antun kann, ohne Ideologien, aber in einer Härte und Klarheit benennt, die einen nicht unberührt lassen kann.“

Neben der Preisübergabe finden in der deutschen Hauptstadt noch weitere Veranstaltungen mit beiden Gewinnern statt. Peter Demetz ist am 30. November in der tschechischen Botschaft in Berlin zu Gast, Radka Denemarková wird am 4. Dezember im Berliner Literaturhaus aus ihrem Werk lesen.