Glocke "Zikmund" auf dem Prager Veitsdom wieder repariert
Am Freitag Vormittag konnte man auf dem Areal der Prager Burg Zeuge eines seltenen Schauspiels werden: Die größte Glocke der Tschechischen Republik, sie trägt den Namen Zikmund und hängt im Turm der St.-Veits-Kathedrale, erhält einen neuen Klöppel und wird damit nach dreimonatiger Verletzungspause wieder einsatzbereit. Über dieses Ereignis und darüber, wie es zum Ausfall Zikmunds eigentlich gekommen war, erfahren Sie mehr im folgenden Bericht von Gerald Schubert:
Es passierte am 15. Juni dieses Jahres, im Zuge der Feierlichkeiten zum Festtag des böhmischen Schutzpatrons, des Heiligen Veit. Als die 17 Tonnen schwere Glocke Zikmund, die bereits seit Jahrhunderten aus dem Turm der St.-Veits-Kathedrale weit über Prag hin zu hören ist, an diesem Tag geläutet wurde, da brach mit einem Mal der Klöppel und stürzte in die Tiefe. Der Glöckner der Kathedrale, Tomas Starecky, erzählt, wie sich dies damals genau zugetragen hat:
"Der Klöppel ist in freiem Fall auf den Fußboden gestürzt, brach durch diesen hindurch, weil der Fußboden aus dünneren Brettern besteht, und stürzte bis auf den festeren Boden ein Stockwerk tiefer. Dort blieb er schließlich liegen."
Einer alten Legende zufolge bedeutet es für das tschechische Volk nichts gutes, wenn der Schwengel einer Glocke springt oder gar abbricht. Und da es sich bei Zikmund eben um die größte und sicher auch berühmteste Glocke Tschechiens handelt, wurde jene Weissagung bald zum Gegenstand unterschiedlichster Deutungsversuche. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil just am 15. Juni die Parlamentswahlen endeten. Zikmunds Unfall passierte kurz nach Schließung der letzten Wahllokale, und diente damit - je nach politischen Vorlieben - den verschiedenen Interpreten des Wahlausgangs als rhetorische Krücke.
Dass die Voraussage Zigmunds nach dem verheerenden Hochwasser vom August aber einmütig umgedeutet wurde, das liegt freilich auf der Hand. Nun hat die Glocke ein neues Herzstück bekommen. Der angesehene Prager Glockengießer Petr Manousek, der den Auftrag eigentlich hätte ausführen sollen, war jedoch selbst vom Hochwasser betroffen: Seine Werkstatt in Prag-Zbraslav wurde nämlich ebenfalls überflutet. Die Herstellung des 270 Zentimeter langen und fast 400 Kilo schweren Klöppels übernahm nun eine Schmiede in Zdar nad Sazavou. Manousek, dessen Familie sich schon seit Generationen um die Glocke kümmert, hatte dennoch die Oberaufsicht über die Arbeiten inne.
Am Freitag Vormittag konnte der neue Teil, wenn auch unter anfänglichen Schwierigkeiten, schließlich montiert werden. Der Kran nämlich, der den Klöppel bis in seine Glockenstube heben sollte, musste einerseits natürlich hoch genug sein, andererseits aber auch wendig genug, um durch die Tore des Hradschin bis in den dritten Burghof zu gelangen. Der zweite Versuch aber klappte, und das neue Herz Zikmunds wurde durch das Turmfenster an seinen Platz gehievt. Am Samstag, dem Feiertag des Heiligen Wenzel, soll Zikmund den Pragern nun wieder läuten.