Großbritannien öffnet Arbeitsmarkt für neue EU-Länder, schützt jedoch sein Sozialsystem

Britischer Innenminister David Blunkett (Foto: CTK)

Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union und der umstrittenen Öffnung der Arbeitsmärkte gibt es eine neue Regierungsentscheidung, und zwar diesmal aus London. Nachdem nämlich erst vor kurzem die Niederlande verlautbart hatten, ihren Arbeitsmarkt mit Übergangsfristen schützen zu wollen, heißt es nun in Großbritannien: Ja zu Arbeitskräften aus den neuen EU-Staaten, nein zum Missbrauch des Sozialsystems. Einzelheiten von Gerald Schubert:

Britischer Innenminister David Blunkett  (Foto: CTK)
Freier Verkehr von Personen, Kapital, Waren und Dienstleistungen - so lauten die vier Grundfreiheiten der Europäischen Union. Wenigstens theoretisch. Denn in mehreren Bereichen werden ab dem 1. Mai, dem Datum der Erweiterung, Übergangsfristen in Kraft treten, die vorerst noch gravierende Einschränkungen mit sich bringen. Eine der kontroversesten Debatten wurde dabei stets rund um die so genannte Arbeitnehmerfreizügigkeit geführt. Ob berechtigt oder nicht - die Angst vor einer plötzlichen Überflutung des Arbeitsmarktes durch Bürger aus den neuen Mitgliedsstaaten schwappte im Laufe der Zeit auf immer mehr Länder über. Zuletzt waren es nur noch Großbritannien und Irland, die gar keine Sonderregelungen zum Schutz ihres Arbeitsmarktes geltend machen wollten.

Am Montag hat nun die britische Regierung einen Beschluss gefällt, der zwar nicht die Arbeitnehmerfreizügigkeit beschneidet, doch jeglichem Missbrauch des britischen Sozialsystems durch neue EU-Bürger vorbeugen will. Dieser Schritt war zu erwarten, meint der tschechische Botschafter in London, Stefan Füle, gegenüber Radio Prag:

"Es ist keine Überraschung, dass die britische Regierung sagt: Ja - aber! Der Arbeitsmarkt wird geöffnet, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Diese Bedingungen sollen sicherstellen, dass das Sozialsystem nicht von Leuten missbraucht wird, die ausschließlich mit diesem Ziel aus Mittel- und Osteuropa zuwandern."

Insgesamt bezeichnet Botschafter Füle, der auch die einschlägige Parlamentsdebatte im britischen Unterhaus aufmerksam verfolgt hat, die Londoner Entscheidung als Schritt in richtige Richtung. Denn die britische Regierung hätte ihren Willen bekräftigt, den Arbeitsmarkt nach dem EU-Beitritt tatsächlich zu öffnen.

Wie sehen aber nun die Einschränkungen konkret aus, mit denen Großbritannien sich vor dem Missbrauch des Sozialsystems schützen will?

"Laut unseren Informationen ist es so: Wenn etwa ein Tscheche nach Großbritannien kommt und dort keine Arbeit findet respektive nicht arbeiten will, dann kann er frühestens nach zwei Jahren mit irgendwelchen Sozialleistungen rechnen. Wer aber Arbeit hat und die Bedingung erfüllt, sich ordnungsgemäß registrieren zu lassen, dem stehen einige Leistungen sofort, also ab dem ersten Arbeitstag, zur Verfügung. Und eine Reihe weiterer Vorteile dann nach einem Jahr Arbeit in Großbritannien."

Mit jenen Maßnahmen, die nun in London gemäß den Beitrittsverträgen vorgenommen wurden, bekräftigt die britische Regierung also vor allem eines: Ihre prinzipielle Bereitschaft, den Arbeitsmarkt zu öffnen, und damit neben Irland als einziger Staat jene Säule der europäischen Idee weitgehend unangetastet zu lassen.