Historiker protestieren gegen von der Regierung geplante Beschneidung von Archiven und Geschichtsunterricht
Im Prager Abgeordnetenhaus steht in diesen Wochen der Entwurf eines neuen Archivgesetzes zur Debatte, das bereits im Vorfeld auf heftige Kritik aus den Reihen der Historiker stieß. Sie befürchten eine klare Beschneidung der Archive sowie des Geschichtsunterrichts an den Schulen. Silja Schultheis fasst die Vorbehalte gegen das Gesetz zusammen.
"Nach den Instruktionen aus dem Europarat sollte man den Umfang und die meditorische Vertiefung des Geschichtsunterrichts mit dem Schwerpunkt 20. Jahrhundert wesentlich verbreitern und nicht minimalisieren."
Minimalisiert, so die Angst der Historiker, soll auch der Zugang zu Archivalien aus der jüngeren Geschichte werden, inklusive der Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus, die mit Inkrafttreten des Gesetzes für die Forschung praktisch geschlossen blieben. Gerade die Beschäftigung mit dem 20. Jahrhundert jedoch ist nach Meinung von Jiri Pesek grund legend für die gesellschaftliche Debatte, die bereits in den Schulen beginnen sollte. Dass es hier noch an allen Ecken und Enden hapert, dessen sind sich zumindest einige Lehrer selbst bewusst; seit Beginn der 90er Jahre setzen sie sich daher für eine bessere Vermittlung historischer Stoffe in den Schulen ein - ohne allerdings im Schulministerium auf Dialogbereitschaft zu stoßen. Helena Mandelova von der Assoziation der Geschichtslehrer:
"Die Lehrer bräuchten methodische Hilfe und geeignete Lehrmittel. Und die sind seit 1990 nicht erschienen. Keine einzigen. Wundern Sie sich daher nicht, dass eine junge Lehrerin, die keine Archivmaterialien und Zeitungsausschnitte aus der damaligen Zeit besitzt, Angst davor hat, etwa das Jahr 1968 im Unterricht durchzunehmen."
Schulministerin Petra Buzkova hingegen beteuert, die Selbständigkeit des Geschichtsunterrichts sei nicht bedroht und Lehrer anderer Fächer hätten gegen die geplante Zusammenlegung einzelner Fächer zu größeren Komplexen nichts einzuwenden.