Höhere Steuern sollen Hochwasserschäden und Wiederaufbau finanzieren

Gestürztes Haus im Prager Karlin

Das Ausmaß der Schäden, die nach der Hochwasserkatastrophe in Tschechien registriert wurden, scheint kein Ende zu nehmen. Sprach Ministerpräsident Vladimír Spidla vor Wochenfrist in einer ersten Schätzung noch von einer Schadenssumme von bis zu 90 Milliarden Kronen (ca. drei Milliarden Euro), so räumte sein Finanzminster Bohuslav Sobotka dieser Tage ein, dass bei der Auflistung der Schäden vermutlich sogar die Grenze von 100 Milliarden Kronen überschritten werde. Eine ungeheure Summe, die bei der Beseitigung der Schäden und erst recht beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete aufgebracht werden muss. Daher entwickelten die drei Parteichefs der Regierungskoalition am Dienstag in Prag ein erstes Konzept, wie der Wiederaufbau mittel- und langfristig zu finanzieren sei. Lothar Martin stellt es Ihnen vor.

Gestürztes Haus im Prager Karlin
Staatliche Gelder zur Soforthilfe, Spenden und die zugesicherte finanzielle Unterstützung von Seiten der Europäischen Union sind eine wunderbare Hilfe zur Überwindung der Schäden, die die Rekordflut an Moldau und Elbe Mitte August in weiten Teilen Böhmens verursacht hat. Doch diese Unterstützung reicht bei weitem nicht aus, um den vom Hochwasser betroffenen Menschen zu helfen und um den verwüsteten Landstrichen ihre alte Schönheit zurückzugeben. Daher haben sich am Dienstagabend die Parteivorsitzenden der Regierungskoalition, Sozialdemokrat Vladimír Spidla, Christdemokrat Cyril Svoboda und der Interimschef der Freiheitsunion/Demokratische Union Ivan Pilip, zusammengesetzt, um über ein Konzept zur mittel- und langfristigen Finanzierung des umfangreichen Programms zum Wiederaufbau zu beraten. Herausgekommen ist ein Finanzierungsentwurf, der in erster Linie auf Steuererhöhungen setzt. So sieht dieser Entwurf vor, dass mit Beginn des nächsten Jahres die Verbrauchssteuern für Alkohol und Tabak erhöht werden, ebenso der untere Mehrwertsteuersatz, und zwar von fünf auf sieben Prozent. Darüber hinaus sollen Besserverdienende noch stärker zur Kasse gebeten werden. Für Steuerzahler, deren Jahreseinkommen 900.000 Kronen (ca. 30.000 Euro) oder mehr beträgt soll der entsprechende Steuersatz nämlich um drei Prozent, von bisher 32 auf 35 Prozent erhöht werden. Premier Spidla hatte ursprünglich sogar 37 Prozent gefordert. Die Steueränderung auf 35 Prozent soll drei Jahre gelten. Ivan Pilip äußerte dazu: "Die 35 Prozent auf drei Jahre sind ganz bestimmt ein Beitrag zur Überwindung der Hochwasserschäden, der in der Tat für den jeweiligen Steuerzahler nicht spürbar sein sollte. Und ganz sicher sind alle Steueränderungen auf eine breitere Schicht der Bevölkerung verteilt."

Heftig kritisiert wird das ausgearbeitete Finanzierungskonzept hingegen von der Demokratischen Bürgerpartei (ODS). Der Chef der ODS-Abgeordnetenfraktion Vlastimil Tlustý begründete diese Kritik wie folgt: "Also erstens ist klar, dass die Steueränderungen sich erst mit mehrmonatiger Verspätung niederschlagen werden. Und überdies erbringen die Erträge aus diesen neuen Steuern nur ein Bruchteil von dessen, was das Ausmaß der Hochwasserschäden ist. Mit anderen Worten: Hinsichtlich von Zeit und Umfang ist klar, dass die vorbereiteten Steueränderungen nicht zur Deckung der durch das Hochwasser entstandenen Kosten dienen können."

Moderater äußerten sich hingegen Vertreter der Wirtschaft. So erklärte Petr Zahradník von der Firma Conseq Finance: "Ich habe das Gefühl, dass auch andere Vorschläge ausgeschöpft werden sollten. Zum Beispiel sollten Hochwasserschuldscheine genutzt werden. Mit der Erhöhung der Verbrauchs- und der Mehrwertsteuer bin ich einverstanden."

Die Schäden sind hoch und geholfen werden muss schnell. Darüber ist man sich einig unter den hiesigen Politikern. Aber wenn es ums Geld geht, da gehen die Meinungen wie immer weit auseinander. Am 12. September wird das Finanzierungskonzept der Regierung im Abgeordnetenhaus behandelt. Dann wird sich zeigen, ob man im Sinne der Hochwassergeschädigten auch tatsächlich zu einer schnellen Lösung kommt.