Hörerforum
Ahoi und herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag. Auch heute wollen wir wieder ein wenig in der Postmappe blättern und uns mit Ihren Zuschriften befassen. Am Mikrofon begrüßen Sie dazu Silja Schultheis und Lothar Martin.
"Jeden Tag verfolge ich auch in der tschechischen Presse (Lidové noviny) das Geschehen zur diesjährigen Präsidentschaftswahl. Ich denke, im nächsten Wahlgang fällt nun aber endgültig eine entsprechende Entscheidung." Diese Zeilen schrieb uns Herr Jürgen Biesinger aus Stuttgart und Herr Nouri Streichert aus Kemme ließ uns wissen: "Ich bin schon mächtig gespannt, wer aus Ihrer Wahl als Sieger herausgeht."
Beide Hörerbriefe befassen sich, wir nur unschwer zu erkennen ist, mit einem der beiden gegenwärtigen Topthemen in Tschechien, nämlich der Wahl des neuen Staatsoberhauptes und damit des Nachfolgers von Ex-Präsident Václav Havel, der am 2. Februar aus diesem Amt ausgeschiedenen ist. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, gestaltet sich diese Wahl komplizierter als erwartet, da selbst in zwei Wahlrunden mit sechs verschiedenen Kandidaten noch kein neuer tschechischer Präsident gefunden wurde. Eine mögliche Erklärung dafür sieht Herr Fritz Andorf aus Meckenheim in der Person des bisherigen Amtsinhabers Václav Havel begründet:
"Leider wurde in zwei Wahlgängen noch nicht die erforderliche Mehrheit für einen Nachfolger gegeben. Nun, dieser wird es sehr schwer haben, seinem Vorgänger das Wasser zu reichen. Er wird wahrlich in große Fußstapfen treten müssen. Václav Havel war wirklich ein großer Mann und von aller Welt geschätzter Politiker, auch wenn er manchmal mit seinen Äußerungen aneckte."
Mit großer Wertschätzung über Ex-Präsident Václav Havel spricht auch Frau Martha Lengert aus Leverkusen, die uns folgendes mitteilte: "Mir persönlich tut es leid, dass dieser Politiker nicht nochmals kandidieren konnte, denn ihn finde ich nicht nur menschlich sympathisch, sondern auch in seiner gemäßigten Einstellung und dem Eintreten für Aussöhnung und Verständnis eine wichtige Politikergestalt, der vielleicht die Wende repräsentiert hat wie nur wenige sonst in Osteuropa."
Wie viele Menschen aus dem In- und Ausland hat auch Herr Engelbert Borkner aus Hildesheim nicht mit einem solchen Wahlverlauf gerechnet, wie er bisher vonstatten ging. In seiner Zuschrift ging er zudem noch auf einen weiteren Gesichtspunkt ein:
"Mit so einem Ausgang der 2. Runde bei den Präsidentschaftswahlen habe auch ich nicht gerechnet. Ich dachte, dass nach internen Gesprächen die Weichen gestellt worden wären und man sich so im Stillen auf einen Kandidaten geeinigt hätte. Einer der Verlierer, wenn nicht sogar der größte, ist doch wohl Herr Zeman, der sich doch wohl große Chancen ausgerechnet, die Rechnung aber wohl ohne den Wirt gemacht hat."
Interessiert über die Wahl zeigt sich auch Herr Albert Rösch aus Heidelberg, der jedoch auch kritisch anmerkte: "Aufgrund der Spannung dieser Wahl möchte ich voll am Ball bleiben, aber was sich da abspielt, man könnte auch sagen: Da traut einer dem anderen nicht!"
Nun, liebe Hörerinnen und Hörer, wie wir Sie bereits informiert haben, wird es am 28. Februar die dritte Wahlrunde geben, und man wird sehen, ob sich die Parlamentarier endlich zu einem mehrheitsfähigen Konsens durchringen können oder nicht. Andernfalls wird es dann wohl zu einer Direktwahl durch die tschechische Bevölkerung kommen.
Stichwort Bevölkerung. Neben der Präsidentenwahl beschäftigt die tschechischen Bürger dieser Tage natürlich auch noch ein zweites brandaktuelles Thema, nämlich die Irak-Krise und die damit verbundene Gefahr eines Krieges. Wie sich die Menschen hierzulande mit diesem Thema auseinander setzen, wollten auch einige unserer Hörer wissen, wobei in ihren Anfragen auch Ex-Präsident Havel eine nicht unwesentliche Rolle spielt. So schrieb uns zum Beispiel Herr Reiner Holtmann aus Hamm: "Nach der für mich überraschenden Stellungnahme von acht europäischen Staaten, die meinen Informationen nach auch Václav Havel unterschrieben hat, erscheint die deutsche Position der Ablehnung eines Krieges doch sehr isoliert. Für mich wäre interessant zu erfahren, wie die Bevölkerung in Tschechien das ganze sieht. Die Menschen in Deutschland lehnen eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Irak und eine deutsche Beteiligung mehrheitlich ab. Auch im persönlichen Bekanntenkreis sehe ich kaum Befürworter."
Herr Fritz Andorf, den wir heute bereits zitiert haben, fügte zu diesem Thema an:
"In den letzten Tagen hat mich Václav Havel aber tief enttäuscht, weil er die bedingungslose Unterstützung der Position der USA zum Irak-Konflikt zusammen mit weiteren sieben europäischen Spitzenpolitikern unterschrieben hat. Er bejaht damit einen Irak-Krieg der USA, auch ohne UN-Mandat, eine ethisch und völkerrechtlich unhaltbare Haltung, die sicherlich der überwiegenden Mehrheit der tschechischen Bevölkerung nicht entspricht."
Ja, Herr Holtmann und Herr Andorf, sie haben die tschechische Bevölkerung angesprochen. Auch hierzulande wird das Irak-Thema heiß und durchaus auch kontrovers diskutiert. Letzten Umfragen zufolge lehnen dabei rund zwei Drittel der Bürger eine kriegerische Lösung des Konflikts ab. Und die Haltung der tschechischen Regierung ist auch ziemlich eindeutig:
Beteiligung an einem möglichen Waffengang nur unter einem entsprechenden UN-Mandat oder für den Fall, dass bei einer losgetretenen militärischen Auseinandersetzung Massenvernichtungswaffen gegen Verbündete oder die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Denn gerade für die Bekämpfung dieser Waffen besitzt Tschechien die dafür in aller Welt anerkannten Spezialisten. Da dieses Thema uns aber sicher noch eine zeitlang beschäftigen wird, werden wir sicher auch in anderen Sendebeiträgen darauf noch oft zurückkommen.
Unter den weiteren Themen, zu denen sie uns geschrieben haben, nahm der 10. Jahrestag der Teilung der ehemaligen Tschechoslowakei noch eine vordergründige Stellung ein. Herr Walter Franz aus Pössneck bemerkte dazu:
"Mich hatte die Trennung der Slowakei von der Tschechei damals auch etwas traurig gestimmt. Jetzt nach zehn Jahren kann man feststellen, dass beide Staaten ganz gut mit der Trennung umgehen können."
Herr Volker Willschrey aus Dillingen hatten es besonders unsere Beiträge zu diesem geschichtlichen Jubiläum angetan:
"Besonders interessant fand ich in den gehörten Sendungen die Beiträge über 10 Jahre seit der Gründung der Tschechischen Republik. Da konnte man wieder einige geschichtsträchtige Momente vor dem ´geistigen Auge´ passieren lassen, die man hautnah mitbekommen hat. Eine große Veränderung für Ihr Land, die Tschechien dahin gerückt hat, wo es auch hingehört, in die Mitte Europas."
Zum Abschluss unserer heutigen Sendung soll es noch ein bisschen sportlich zugehen. Dazu begeben wir uns aufs Eis, denn die Frage unseres Hörers Dr. Thomas Lick aus Mainz befasst sich mit dem tschechischen Eishockey. Lothar, du bist unser Sportexperte, also: Warum wechselte Sparta-Kapitän Zemlicka vor kurzem nach Litvínov?
"Ja, beim tschechischen Meister Sparta Prag war man unzufrieden mit den bisher in dieser Saison gezeigten Leistungen des Teams, insbesondere auch denen von Kapitän Richard Zemlicka. Bis zum 31. Januar besteht für alle Mannschaften der Extraliga die Möglichkeit, noch Verstärkungen für das Saisonfinale, das Play off oder aber die Relegation, vorzunehmen. Die Cluboberen von Sparta wollten wohl ein Zeichen setzen, dass auch verdienstvolle Spieler, die ihre Leistung nicht bringen, vor einem solchen Wechsel nicht gefeit sind. Doch die Art und Weise, wie man den 38-jährigen Zemlicka, der 15 Jahre für den Verein gespielt und mit ihm drei Meistertitel geholt hat, quasi in die Wüste schickte, hat schon gehörige Empörung unter den Sparta-Anhängern ausgelöst. Leider war dieser Wechsel wieder einmal ein symptomatisches Beispiel dafür, dass im Spitzensport nur noch ganz selten alte Verdienste gewürdigt werden, sondern finanzielle Gesichtspunkte und ein möglichst schneller Erfolg im Vordergrund stehen."
Und mit diesen Ausführungen sind wir am Ende unseres heutigen Hörerforums angelangt. Vom Mikrofon verabschieden sich: Silja Schultheis und Lothar Martin.