Hörerforum

Ahoi und herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag. Auch heute wollen wir wieder ein wenig in der Postmappe blättern und uns mit Ihren Zuschriften befassen. Am Mikrofon begrüßen Sie dazu Ditha Baierová und Lothar Martin.

Wie nicht wenige Menschen auf unserem Planeten, so hatte auch Herr Stephan Kölsch aus Annweiler das Jahr 2003 mit guten Vorsätzen begonnen, von denen er uns einen davon, nämlich mal wieder häufiger Kurzwelle zu hören, so beschrieb: "Nun, diesen Vorsatz habe ich umgesetzt und habe nun heute die deutsche Sendung aus Prag empfangen. Bei der derzeitigen weltpolitischen Lage ist es sehr wichtig, die Einstellungen und Meinungen von möglichst vielen Regierungen zu kennen. Hier zeigt sich, wie wichtig die Kurzwelle immer noch ist. Sie bietet Informationen aus erster Hand."

Ja, mit der zitierten weltpolitischen Lage sind wir auch schon beim ersten, in diesen Tagen heiß diskutierten Thema: die Irak-Krise. Dazu haben uns einige unserer Hörer - zum Teil sehr ausführlich - ihre Meinung kundgetan. Wie Herr Frank Bresonik aus Gladbeck, der u.a. schrieb: "Noch nie wurde ein Krieg so offen und für alle Welt sichtbar vorbereitet; und noch nie sah man einem Krieg trotz allen Unbehagens so lange so gelassen entgegen wie dem bevorstehenden Feldzug der Vereinigten Staaten gegen den Irak. Es schien, als ob man den Krieg nicht mehr ernst nehmen würde und den Respekt vor seinen furchtbaren Folgen verloren hätte, weil man ihn in der Fernsehberichterstattung vorwiegend als Computerspiel erlebt, bei dem die blutige Realität durch das Display militärischer Kommandozentralen ersetzt wird."

Auch über die furchtbaren Folgen, die ein Krieg im Irak haben könnte, hat sich Herr Bresonik besorgt Gedanken gemacht: "Jetzt sind sich die Fachleute darüber einig, dass der jetzige Waffengang das Zeug zu einem Weltbrand in sich hat: Man muss damit rechnen, dass die arabische Welt zum Pulverfass wird, wenn der Irak unter amerikanischen Bomben in Schutt und Asche fällt."

Herr Bernd Bickelhaupt aus Seeheim-Jugenheim sieht das Ganze weit weniger dramatisch: "Immerhin macht man sich aber offenbar schon Gedanken, was mit dem Irak nach dem Krieg werden soll. Ein amerikanischer General soll dort regieren, vermutlich als Gouverneur einer Art Kolonie. Wenn der Irak wirklich so gefährlich ist, sollte dieser Staat am besten ganz aufgelöst und an die Nachbarländer verteilt werden."

Herr Achim Kissel aus Duisburg wiederum kann sich eine derart komplikationslose Lösung des Problems nicht vorstellen: "Ich befürchte, dass im Falle eines Krieges bei den Menschen im Nahen Osten der Hass gegen Amerika und seine Verbündeten zunimmt, was neue schlimme Terrorakte auch bei uns bewirken kann."

In diesem Zusammenhang bemängelt Herr Kissel, von Radio Prag bisher noch zu wenig über die Stimmung unter der tschechischen Bevölkerung zum Irak-Konflikt gehört zu haben, ebenso zur offiziellen Haltung der Tschechischen Republik, die seiner Meinung nur danach aus sei, "als NATO-Mitglied als besonders zuverlässiger Bündnispartner der USA zu erscheinen". Auch Herr Frank Moser aus Dresden ist mit unserer Berichterstattung zur tschechischen Auseinandersetzung mit dem Thema Irak nicht einverstanden: "In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass über die Haltung der Prager Regierung zum Irak sehr untergeordnet berichtet wird. Wenn, dann sehr kurz und unkommentiert in den Nachrichten. Sehr vorsichtig. Das finde ich nicht richtig."

Nun, Herr Kissel und Herr Moser, ihre Beobachtungen sind durchaus zutreffend, ihre Wertung zu unserer Berichterstattung schon weniger. In der Tat bekennen die Regierungs- und Oppositionspolitiker der Tschechischen Republik nicht Tag für Tag aufs Neue ihre Haltung zur Irak-Frage, wie es in vielen anderen Ländern geschieht. Die tschechische Regierung aber hat ihre Position seit langem so festgelegt: Unterstützung einer friedlichen Lösung des Irak-Konflikts, Beteiligung an einem Waffengang nur dann, wenn ein entsprechendes UNO-Mandat vorliegt. Tschechien hat seine ultimative Haltung in dieser Frage quasi in die Hände der UNO gelegt, und daher ist von Seiten der tschechischen Politik auch wenig Neues zu dieser Frage zu erfahren, ergo gibt es auch wenig Aufsehenerregendes zu berichten. Das Gleiche lässt sich mit Einschränkungen auch über die hiesige Bevölkerung sagen. Wie wir bereits berichtet haben, lehnen zwei Drittel der tschechischen Bürger eine militärische Lösung im Irak ab. Diese Haltung zeigen sie aber höchst selten auch öffentlich, wie die Teilnehmerzahlen bei entsprechenden Demonstrationen beweisen. Ein Phänomen, das uns Dusan Rosenbaum von der die Brünner Bewegung Nesehnuti nur so erklären konnte, dass viele Menschen hierzulande nach der 40-jährigen kommunistischen Diktatur immer noch Angst vor den Folgen ihrer freien Meinungsäußerung bzw. noch ein ausgeprägtes Obrigkeitsgefühl haben. Sobald sich mehr dazu auf tschechischen Straßen oder in Diskussionsrunden regt, werden wir natürlich auch darüber berichten. Im übrigen war man in den zurückliegenden Wochen in Tschechien noch mit einem ganz anderen Thema beschäftigt, über das wir gleich debattieren werden.

"Nun hat die Tschechische Republik überhaupt keine Gelegenheit mehr, als erster Staat der Welt einen Gott als Präsidenten zu bekommen. Ich war doch ein bisschen überrascht, dass doch noch im 3. Wahlgang eine Entscheidung gefallen ist. Habe aber nicht damit gerechnet, dass es Václav Klaus schaffen würde. Aber wie ich aus ihrem Kommentar entnehmen konnte, ist er doch nur dank der Stimmen der Kommunisten an die Macht gekommen."

Soweit die Meinung unseres Stammhörers Engelbert Borkner aus Hildesheim zu dem Thema, das in der Tat das Thema Irak hierzulande etwas überlagert hat: die erst im dritten Anlauf erfolgreiche Wahl des neuen tschechischen Präsidenten. Nun ist sie also entschieden und wird somit in unseren kommenden Sendungen kaum noch eine Rolle spielen. Wenn ja, dann vermutlich mehr in Richtung bezüglich der Altersrente für Ex-Präsidenten. Die vorläufige Ablehnung eines entsprechenden Gesetzentwurfs im Prager Abgeordnetenhaus hat nämlich auch bei unseren Hörern für jede Menge Zündstoff gesorgt. Engelbert Borkner zum Beispiel meinte: "Was mich natürlich ein bisschen schockiert hat, dass die Abgeordneten das Gesetz über die Altersrente ihres Ex-Präsidenten Václav Havel abgelehnt haben. Ich glaube, dass so eine Entscheidung wohl einmalig in der Welt ist. Haben denn diese Abgeordneten überhaupt keinen Respekt und kein Ehrgefühl und missachten sie die Leistungen, die dieser Präsident für Tschechien getan hat? Es ist einfach skandalös!"

Noch einen Schritt weiter geht die Zuschrift unseres japanischen Hörers Prof. Dr. Akira Tone aus Inuyama, der uns u.a. per E-Mail diese Zeilen schrieb: "Die Ablehnung des tschechischen Parlaments, Herrn Havel eine Altersrente zu gewähren, hat mich und meine japanischen Kollegen überrascht. Schließlich verdankte der tschechische Staat dem Dramatiker, Bürgerrechtler und Präsident Havel die Tatsache, dass meinen japanischen Landsleuten Land und Volk Tschechiens stets in einem ausgesprochen positiven Image erschien. Bisher auf jeden Fall! Ich könnte mir sehr gut vorstellen, weil die Reputation des Herrn Havel bei uns so groß ist, dass ein hinreichende Anzahl von Japanern sich bereit finden würde, für einen Rentenfonds für diesen Ex-Präsidenten Tschechiens zu spenden. Und ich glaube, dies gilt auch für andere zivilisierte Länder, wo die Menschen nicht vergessen, dass die Samtene Revolution 1989 eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Überwindung der West-Ost-Konfrontation darstellte."

Und mit dieser sehr interessanten Meinung, die in einem gewissen Maß auch einen krassen Gegensatz zum gegenwärtigen Irak-Konflikt darstellt, beenden wir unser heutiges Hörerforum. Vom Mikrofon verabschieden sich: Ditha Baierová und Lothar Martin.