Hörerforum

Im heutigen Hörerforum von Radio Prag befassen wir uns wieder mit Ihren Posteingängen der zurückliegenden Tage.

"Ich schreibe diesen Brief, weil ich mitteilen will, was mich mit Ihrem Rundfunk verbindet. In meiner schlesischen Heimat wurde an sonnigen Wochenenden ein Radio in den Hof gestellt und fröhliche Musik aus Prag gehört. Dann kam für uns das Kriegsende mit seinen Folgen. Später wurde ich DX-Hörer und erhielt meine erste QSL-Karte am 13. Januar 1980 von Ihrem Sender. Inzwischen sind viele Karten aus anderen Ländern dazu gekommen."

Diese Zeilen stammen aus der Feder von Günther Schmidt aus Nostitz in Sachsen. Es freut uns sehr, Herr Schmidt, dass die per Äther ausgestrahlte Musik aus Prag und später auch unsere Sendungen Sie quasi ein Leben lang begleitet haben. Und wir wünschen, dass dies auch noch viele Jahre lang der Fall sein möge. Aber auch Hermann Heyne-Pietschmann aus Erfurt ließ uns dieser Tage wissen, wie er zu unserem Stammhörer wurde:

"Mein besonderes Interesse für die Sendungen von Radio Prag ist kein Zufall. So ist mein Zuhören der Programme eng verbunden mit Sympathie für die Tschechische Republik, ihrer Menschen und ihrer Kultur in Vergangenheit und Gegenwart. Die Wurzeln meiner Verbundenheit gehen weit zurück: Mitte der 60-er Jahre war ich hier als Reisebegleiter tätig. Mit dem Bus ging die Fahrt nicht nur in das legendäre Bäderdreieck, sondern auch nach Liberec, in das Riesengebirge und andere sehenswerte touristische Ziele. Alle Reisen verliefen zur vollsten Zufriedenheit. Aber einmal hatten wir unterwegs eine größere Panne, welche eine Weiterfahrt unmöglich machte. Mitarbeiter des tschechischen Reisebüros Cedok halfen uns tatkräftig, indem sie uns ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellten. Abweichend von der ursprünglich geplanten Reiseroute, deren Ziel Prag war, wurden wir nach Príbram gebracht. Spät in der Nacht kamen wir dort in einem Hotel an und wurden gastfreundlich bestens versorgt. Das habe ich noch in bleibender Erinnerung."

Foto: Europäische Kommission
Ja, wie man sieht und hört, gibt es die besten Erinnerungen und Eindrücke an ein Gastland, wenn Menschen aufeinander zugehen, sich gegenseitig respektieren und im Bedarfsfall helfen. Nicht zuletzt deshalb haben wir mit unserer regelmäßigen Sendereihe "Begegnungen" eine Rubrik in unserem Programm, die Ihnen immer donnerstags solche und andere Episoden aus dem zwischenmenschlichen Bereich näher bringen soll. Überhaupt sei es gerade heutzutage wichtig, in unserer hoch technisierten Zeit, dass die Kontakte zwischen den Menschen nicht gänzlich auf das Schreiben von E-Mails oder Senden von SMS-Botschaften zurückgehen. So verstehen wir jedenfalls Helmut Schafheitle aus Singen, nachdem er uns schrieb:

"Sie sind sich selber treu geblieben in der schönen Gestaltung der Sendungen. Auch wird den Kontakten zur Hörerschaft stets noch eine besondere Bedeutung beigemessen. Beides ist nicht mehr ganz selbstverständlich in dieser schnell voranschreitenden und konsumorientierten Welt. Besonders auch in den westeuropäischen Ländern scheinen die kulturellen Aspekte zuweilen vernachlässigt zu werden. Prag und Ihr Land könnten da auch künftig noch einiges zur Balance in Mitteleuropa beitragen, auch durch die Bedeutung, die man in Ihrem Land den traditionellen Wertvorstellungen und der Kultur beimisst."

Ein schöner Gedanke, den Sie da aufgreifen, Herr Schafheitle. Es wäre in der Tat begrüßenswert, wenn die Tschechische Republik und seine ebenso mitten in Europa gelegene Hauptstadt Prag eine Art Mittler zwischen den Kulturen des bisher eher nur formell vereinigten Europas sein könnten. Dass im heutigen Europa wohl aber weiterhin vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, das verdeutlichen wir Ihnen gleich.

In unserer vergangenen Hörersendung hatten wir Sie, anhand einer Zuschrift von Herrn Schafheitle, dazu aufgefordert, uns Ihre Meinung zu schreiben zu einem Thema, das Helmut Matt aus Herbolzheim in diese Fragestellung gekleidet hat:

"Europa - eine Gemeinschaft, die vom reinen Kapitalismus beherrscht wird? - Wohin geht die Entwicklung in der EU?"

Und Herr Matt ließ es sich dann auch nicht nehmen, uns als Erster seine Meinung dazu mitzuteilen:

"In der Tat hat es in diesen Tagen immer mehr den Anschein, als ob viele Manager, insbesondere die Chefs mittlerer und großer Unternehmen, sich in Ihren unternehmerischen Entscheidungen nur noch von kurzfristigem - und kurzsichtigem - Denken leiten lassen. So werden, ohne Rücksicht auf die Folgen für die Region und das Land, immer häufiger Produktionsstandorte aufgegeben, um diese wegen der (noch) günstigeren Lohnsituation ins östlich gelegene Europa zu verlagern. Zudem wird allein schon die potenzielle Möglichkeit einer solchen Verlagerung als Drohszenario benutzt, um die Arbeitnehmerschaft zu erpressen und diese in möglichst vielen ihrer hart erkämpften Rechte zu beschneiden. Die Politiker unserer Tage schauen tatenlos zu oder fördern diesen Trend noch, indem sie sich die Parolen der ´New Economy´ ebenfalls auf die Fahnen schreiben. Vergessen ist die Jahrzehnte lange Wirtschaftspartnerschaft der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, die eine wesentliche Grundlage für den großen ökonomischen Erfolg der Staaten Westeuropas war. Wer aber heute glaubt, einfach Wirtschaftsstandorte ins Ausland verlagern und die Menschen auf die Straße setzen zu können, ist vollkommen auf dem Holzweg. Keine Wirtschaft kann überleben, wenn immer weniger Menschen einen Arbeitsplatz haben. Wo soll die Kaufkraft herkommen, die für die Belebung der Binnenkonjunktur unverzichtbar ist. Oder glauben unsere selbsternannten ´Strategen´ etwa, dass eine Wirtschaft ausschließlich aus einem lebhaften Exportgeschäft heraus lebensfähig ist?"

Vit Klusak und Filip Remunda
Soweit einige Ausführungen von Herrn Matt, die wir aus Zeitgründen nicht in ihrer Gänze wiedergeben können. Aber ich meine, dass auch noch Sie oder Sie an den Rundfunkgeräten eine Meinung zu diesem Thema haben. Wenn ja, dann würden wir uns freuen, wenn Sie uns diese mitteilen würden. Abschließend für heute möchten wir noch einmal den Gedanken von Herrn Schafheitle aufgreifen, der der tschechischen Gesellschaft die Pflege ihrer traditionellen Wertvorstellungen und der Kultur zuspricht. Letzteres ist durchaus richtig, doch muss ergänzt werden, dass mit Beginn der 90er Jahre auch in Tschechien das konsumorientierte Verhalten kräftig zugenommen hat. Nicht zuletzt dazu beigetragen hat der Boom der Supermärkte bzw. der Hypermärkte, wie sie hierzulande des Öfteren bezeichnet werden. Sie sind nach der politischen Wende 1989 wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zwei junge Filmemacher haben darüber den viel diskutierten Film "Der tschechische Traum" gedreht, der mittlerweile auch auf Filmfestivals vorgestellt wurde. Walter Grube aus Halberstadt, der in einem Radio-Prag-Beitrag mit dieser Thematik konfrontiert wurde, hat uns folgendes dazu geschrieben:

"Die Sache mit den Supermärkten in den 90er Jahren ist mir auch bekannt. Man hätte diesen Film ebenso in Deutschland drehen können. Wie sieht die Lage der Supermärkte in Tschechien aus? Wie lange öffnen Sie bei Ihnen täglich?"

Nun, Herr Grube, Sie werden vielleicht staunen, aber es entspricht den Tatsachen: In Tschechien haben nicht nur einige dieser Supermärkte auch am Samstag und Sonntag geöffnet, sondern eigentlich alle, egal ob sie nun Tesco, Globus, Carrefour, Delvita, Hypernova, Albert, Meinl, Makro oder Lidl heißen. Zumeist haben sie am Wochenende von morgens 8 oder 9 Uhr bis abends um 20 oder 22 Uhr geöffnet. Aber nicht nur das: Die Tesco-Halle in der Prager Einkaufsstadt Zlicín können Sie sogar nonstop, also 24 Stunden täglich einschließlich sonn- und feiertags besuchen. Sie merken also, die so genannte freie Marktwirtschaft hat auch das Territorium der Tschechischen Republik voll und ganz erreicht.