Internet und Leseramnestie - In Tschechien beginnt die Bibliothekswoche 2004

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Der Computer ist offensichtlich doch nicht der Tod des Buches. Die tschechischen Bibliotheken verzeichnen jedenfalls seit Jahren große Zuwächse bei den Benutzerzahlen. Damit das auch in Zukunft bleibt, findet auch in diesem Jahr wieder eine landesweite Bibliothekswoche statt. Mehr dazu von Thomas Kirschner; es liest Oliver Engelhardt.

In hunderten Bibliotheken in der ganzen Tschechischen Republik findet vom 4. - 10. Oktober die ?b:"Bibliothekswoche 2004"?/b: statt. Ziel ist es, der breitesten Öffentlichkeit die angebotenen Bibliotheks- und Informationsdienste vorzustellen und auch solche Menschen in die Bibliotheken zu bringen, die dort bislang noch kaum hinkommen. Dazu bieten die tschechischen Bibliotheken ein breites Programm, das Diskussionsveranstaltungen mit Schriftstellern und Politikern, aber auch Kurse, Ausstellungen und Wettbewerbe umfasst. Daneben werden zahlreiche Informationsdienste kostenlos angeboten, erklärt Zdenek Matusik von der Tschechischen Nationalbibliothek in Prag:

"Natürlich werden die Benutzer wohl etwas warten müssen, aber wenn sie dann an der Reihe sind, haben sie Zugang zum Internet und zu verschiedenen Informationsmöglichkeiten. Vor allem würde ich den Lesern empfehlen, die Datenbanken auszuprobieren, die die Nationalbibliothek bereitstellt und die sehr wertvolle Informationen für Studium und Arbeit enthalten."

Der Studiersaal in Klementinum,  Prag
Trotz der neuen Medien scheinen Bücher und Bibliotheken in Tschechien so beliebt zu sein wie nie zuvor. Im Jahr 2003 zogen die tschechischen Bibliotheken 20 Millionen Besucher an - nahezu um ein Drittel mehr als noch Mitte der 90er Jahre. Zusammen entleihen sie mehr als 70 Millionen Bücher im Jahr. Welches dabei die Lieblingstitel der tschechischen Leser sind, das kann man derzeit erfahren: Der erste Tag der Bibliothekswoche ist dem "Großen Oktober-Gemeinschaftslesen" gewidmet, bei dem jeder Besucher aus seinem Lieblingsbuch vorlesen kann. Am Nachmittag wird dann das Ergebnis einer Internet-Abstimmung über das beliebteste Buch Tschechiens vorgestellt, an der sich in dem vergangenen halben Jahr über 90 000 Leser beteiligt haben. Trotz dieser Zustimmung versuchen die Bibliotheken weiterhin neue Leser zu gewinnen - auch mit ungewöhnlichen Mitteln. Nochmals Zdenek Matusik von der Tschechischen Nationalbibliothek:

"In diesem Jahr haben wir uns erstmals mit den benachbarten Bibliotheken am Marianske namesti zu einer Aktion zusammengeschlossen, bei der wir uns gegenseitig nicht Bücher, sondern Leser ausleihen werden: Ein Leser, der einen Ausweis von der Prager Stadtbibliothek oder von der Staatlichen Technischen Bibliothek hat, muss in der Nationalbibliothek keine Aufnahmegebühr zahlen."

Sparen können auch diejenigen Leser, die zu Hause noch einen Stapel abgelaufener Bücher liegen haben. Denn die Bibliothekswoche umfasst in diesem Jahr auch eine "ctenarska amnestie", eine Leseramnestie:

"Wer in der Bibliothekswoche Bücher mit überzogener Ausleihfrist zurückgibt, muss dafür nichts zahlen." - Auszahlen wird sich die Woche der Bibliotheken für alle Besucher, für einige sogar in barer Münze.