Junge Leute und nachlassende Lust zum Lesen

Junge Leute in der Bibliothek

März - Monat des Buches, Donnerstag - Tag der Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt, an dem man vor der Buchhandlung Schlange zu stehen pflegte, um einen begehrten Buchtitel zu ergattern. Das waren einst im Kalender der Ex-Tschechoslowakei fest verankerte Konstanten, die den grauen Alltag einigermaßen zu beleben vermochten. Diese Zeiten sind nun vorbei. Hören Sie dazu einen Beitrag von Jitka Mladkova.

unge Leute in der Bibliothek
Das Bücherangebot übersteigt längst auch hierzulande die Nachfrage und die traditionelle Lesekultur muss der harten Konkurrenz von Fernseh-, Internet- bzw. Multimedia-Konsum standhalten. Der sich schnell vollziehende Zeit- und Gesinnungswandel im Verhältnis zum Bücherlesen lässt sich wohl am besten an der jungen und jüngsten Generation demonstrieren. Ihrem Lebensstil, sprich Zeitvertreib, galt im Juli ein Artikel in der Tageszeitung Lidove noviny. Zwei der befragten Mädchen habe ich ausfindig gemacht. Es war keine gezielte Wahl meinerseits, denn auch bei den anderen hätte ich kaum etwas über andere Prioritäten erfahren können, unter welchen die Lektüre keineswegs großgeschrieben wird. Die 16jährige Pragerin Martina Halkova besucht die Mittelschule für Hotelwesen, geht am liebsten aus - ins Café, zum Plaudern in die Pizzeria oder in ein Musical. Auf meine Frage, ob sie Literatur mag, antwortet sie vorsichtig:

"Eigentlich nicht viel", sagt sie und fügt gleich hinzu, sie lese gerne Magazine, namentlich Musikmagazine. Hier interessiert sie ...

" Alles aus der Musik, neue CD´s und Neuigkeiten aus dem Leben der Sänger und Sängerinnen."

Auf meine Frage, warum sich die junge Generation durch eine nachlassende Vorliebe für die Lektüre im herkömmlichen Sinne des Wortes auszeichne, hat Martina eine einfache Erklärung parat:

"Viele Titel von tschechischen oder ausländischen Autoren sind verfilmt oder in irgendeiner Weise fürs Fernsehen bearbeitet worden. Für junge Leute ist es natürlich bequemer, den Fernseher einzuschalten als zu lesen", sagte meine Gesprächspartnerin.

Ihre nur zwei Jahre jüngere Altersgenossin Aneta Lauterbachova aus dem nordböhmischen Most/Dux besucht ein Gymnasium und liest leidenschaftlich gerne eines der Mädchenmagazine, die erst nach der Wende Einzug in unser Land hielten und beinahe schlagartig eine in die Hunderttausende gehende Leserschaft fanden. Das Monatsmagazin CosmoGirl, das seine junge Frauenklientel als "Rebellinnen" anspricht, würde Aneta am liebsten als ein Periodikum mit einer wesentlich höheren Erscheinungsfrequenz sehen. Sie schätzt es sehr, dass das Magazin bereits zwei aus ihrer Feder stammende Artikel veröffentlichte und dadurch auch ihr Selbstbewusstsein gestärkt habe. Die mangelnde Leselust ihrer Altergenossen bestätigt sie, sich selbst bezieht sie hier allerdings nicht mit ein:

"Das stimmt schon, dass wir nicht viel lesen, aber ich halte mich da ein bisschen für eine Ausnahme", behauptet die 14-Jährige, die gerade den einstigen Bestseller Mario Puzo´s "Der Pate" liest. Und die Lektüre von klassischer Literatur? Nein, danke. Ihre Altersgenossen, meint Aneta und scheint sich damit zu identifizieren, wehren sich - wie sie wörtlich sagt - der Stimme eines alten Autors zuzustimmen. Und von Büchern für Vierzehn-, Fünfzehn- oder Sechszehnjährige gebe es sehr wenig, behauptet sie.