Tschechen und Deutsche lesen stereo
Wenn es möglich ist, Musik stereo zu hören, dann müsste es auch möglich sein, stereo zu lesen - deutsch-tschechisch zum Beispiel. Wenn sie dann ein Buch aufschlagen, können sie den Text rechts auf Tschechisch und links auf Deutsch lesen - stereo eben! In Tschechien ist in diesen Tagen die "Nemecka citanka", also das deutsche Lesebuch, erschienen. Bara Prochazkova hat mit dem Herausgeber gesprochen.
Judith Hermann, Ingo Schulze oder Thomas Brussig, das sind nur drei von insgesamt elf deutschen Autoren, die im "Deutschen Lesebuch" präsentiert werden. Der Verlag Labyrint Revue / Gutenberg aus Prag hat damit bereits den fünften Band der Reihe herausgegeben, in denen ausländische Literatur den tschechischen Lesern nahe gebracht werden soll. Deutschland repräsentieren in dem Buch Autoren, die die Literatur der 90er Jahre beeinflusst haben und den Lesern etwas zu sagen haben, erklärt der Herausgeber des Buches Tomas Dimter:
"Jaroslav Rudis und ich haben uns ausgedacht, dass wir diejenigen Autoren auswählen, die für die Literatur der 90er Jahre repräsentativ sind und zu den besten Autoren dieser Zeit gehören. Wir sind auch davon überzeugt, dass die meisten in der nahen oder in der weiteren Zukunft weltbekannt werden."
Für die Auswahl gab es mehrere Kriterien: Der Autor durfte nicht älter als 40 Jahre sein, als sein Erstlingswerk erschien. Dies sollte allerdings erst nach 1995 passiert sein. Der Autor sollte mindestens zwei Werke verfasst haben und dafür gute Rezensionen bekommen haben, fasst Tomas Dimter zusammen. Diese Auswahl soll den Tschechischen Lesern einen Einblick in die moderne deutsche Literatur gewähren, denn besonders bekannt ist diese auf dem tschechischen Markt nicht. Dazu der Übersetzer Tomas Dimter:
"Ich bin da eher skeptisch. Man kennt hier Günter Grass, das stimmt, aber ob auch die neuere Literatur hier gelesen wird, dass bezweifle ich. Ich glaube, dass die deutsche Literatur hier nicht so viel gelesen wird, wie zum Beispiel die afrikanische, die französische oder die englische. Ich finde es schade, denn die deutsche Literatur ist ebenbürtig. Und gleichzeitig ist sie uns auch innerlich bekannter als zum Beispiel die afrikanische Literatur."Im "Deutschen Lesebuch" sind nicht nur alle Texte zweisprachig aufgeführt, jeder Autor wird auch ausführlich vorgestellt. Das Lesebuch erfüllt also mehrere Zwecke, sagt Tomas Dimter:
"Eigentlich ist das Buch für alle bestimmt, die sich für die deutsche Literatur interessieren. Wir haben es so gedacht, dass es zum Beispiel für Schüler auf den Gymnasien interessant sein könnte oder für diejenigen, die ihr Deutsch verbessern und die mehr über die deutsche Literatur erfahren möchten. Also allgemein für alle, die Literatur lieben."
Und das schöne an dem "Deutschen Lesebuch": Nicht nur Tschechen sondern auch Deutsche können ihre Sprachkenntnisse verbessern.