Junge Österreicher im Dienst der Geschichte
Viele junge Österreicher stehen vor der Frage: Militär- oder Zivildienst? Dabei gibt es aber noch eine dritte Möglichkeit. Während ihre Altersgenossen den Umgang mit der Waffe lernen oder Essen ausfahren, gehen wenige Jugendliche stattdessen ins Ausland, um dort den Dienst an der Geschichte anzutreten. Fabian Schweyher berichtet.
Eine besondere Form des österreichischen Ersatzdienstes im Ausland ist der Gedenkdienst. Junge Österreicher unterstützen dabei für ein gutes Jahr ausländische Organisationen, die sich der Erinnerung an die Judenvernichtung widmen. Eine davon ist das "Institut Theresienstädter Initiative" in Prag. Es betreibt wissenschaftliche Forschung und Erinnerungsarbeit speziell über den Holocaust in Tschechien. Hierbei wird das Institut von zwei jungen Gedenkdienstlern aus Österreich unterstützt. Einer von ihnen ist der 24jährige Stefan Lasser aus Wien.
"Wir betreiben eine Website über den Holocaust, die jede Woche aktualisiert wird. Ich kümmere mich um die technische Betreuung, so dass alles funktioniert und dass die Website abrufbar ist. Ferner haben wir eine Datenbank mit Informationen über die Verfolgten während der Zeit des Protektorats. Dazu gibt es jetzt ein Projekt: Zu diesen rein textbasierten Informationen fügen wir digitalisierte Dokumente aus dem Nationalarchiv hinzu. Dafür fällt relativ viel Arbeit an."
Mit Dokumenten wie Reisepässen, Führungszeugnissen aber auch Fotos sollen die in der Datenbank erfassten Personen Gesichter erhalten. Ein zweiter Gedenkdienstleistender arbeitet derweil im Lektorat, wo er deutsche Übersetzungen von tschechischen Dokumenten redigiert. Über die Arbeit der Gedenkdienstler für das Institut sagt Stefan Lasser:
"Dies ist eine gute Möglichkeit, um sich mit der Zeit während des Zweiten Weltkriegs und damit mit der Judenverfolgung auseinanderzusetzen. Es ist ersichtlich, dass die Verfolgung keine Ländergrenzen kennt. Dazu haben wir als Österreicher lange Zeit unsere eigene Rolle verdrängt und haben daher einen Aufarbeitungsbedarf. Die Gedenkdienstleistenden und diese Stelle treten dafür ein, dass dies in die Öffentlichkeit getragen wird, auch hinsichtlich aktueller Bezüge wie neonazistischen Bewegungen."Die Erinnerung an den Holocaust ist keine normale Arbeit. Vor allem nicht für diejenigen Mitarbeiter des Instituts, die Anhänger des jüdischen Glaubens sind. Wie stehen sie zu der Arbeit der Gedenkdienstleistenden? Dazu Stefan Lasser:
"Es wird positiv gesehen, dass sich junge Leute für dieses Thema interessieren. Ebenso, dass sich eine Initiative aus einem damals beteiligten Land bei der Aufarbeitung engagiert."
Mitte September endet der Dienst des 24jährigen für das "Institut Theresienstädter Initiative". Dann wird ihn ein neuer Gedenkdienstleistender ablösen und den Dienst an der Geschichte fortführen.