Kachelöfen aus Oberplan - ein traditionelles Heizgerät Marke Böhmerwald

Seit dem Jahr 2006 kann man auf verschiedenen Erzeugnissen aus Südböhmen die Aufschrift "Der Böhmerwald – ein Originalprodukt" erkennen. Dieser Schriftzug wird von einer unabhängigen Kommission erteilt. Ihr Ziel ist es, die regionalen Produzenten und Unternehmer zu popularisieren und die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Zu diesen einzigartigen Produkten gehört auch der Kachelofen aus Horní Planá / Oberplan. Radio Prag hat mit einem Ofenbauer gesprochen.

Böhmerwald im Winter
Die Winter im Böhmerwald waren stets lang und bitterkalt. Berge von Schnee türmten sich in den meisten Orten von Oktober bis in den Spätfrühling auf, und den Bewohnern war es in ihrer Abgeschiedenheit oft monatelang nicht möglich, ihre Wohnungen zu verlassen. Genügend Brennholz und ein guter Kachelofen waren unbedingt nötig, wollte man überleben. Das gilt prinzipiell auch heute, denn niemandem ist es bislang gelungen, etwas Besseres als die traditionelle und umweltfreundliche Heizung mit Holz zu entdecken. Mit anderen Worten: Ähnlich wie zu alten Zeiten, die leistungsfähigste Heizvorrichtung ist und bleibt der Kachelofen. In Horní Planá / Oberplan stellt Martin Čermák den Ofen her.

Foto: www.mkprofi.cz
„Kacheln werden in unserer Familie schon seit Anfang der 80er Jahre produziert. Meine Mutter war Kunst-Keramikerin, mein Vater Architekt. Wir lebten damals in einer alten Mühle nahe bei Český Krumlov / Krumau. Eines Tages kam ein deutsch sprechender Mann zu uns und bat meine Mutter, ob sie für ihn auch Kacheln für seinen Ofen machen könnte. Sie erwiderte: ´Warum denn nicht, das ist interessante Herausforderung für uns´. Es folgten erste Vorschläge für die Kachelformen und Pläne für den Ofenbau. Einen Kachelofen muss man jedoch an Ort und Stelle bauen. Das bedeutete, wir mussten auch nach Deutschland reisen. Das war in der kommunistischen Zeit nicht einfach. Wir mussten uns an die staatliche Kunstagentur wenden und viele Genehmigungen einholen. Die Schinderei war jedoch erfolgreich und der Ofen steht bis heute zur Zufriedenheit seines Besitzers.“

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Martin Čermák arbeitete damals in einem landwirtschaftlichen Zuchtbetrieb. Von seiner Mutter aber hat er die künstlerische Begabung und Fertigkeit bei der Arbeit mit Keramik geerbt. Nach der Wende 1989, als private Unternehmen wieder möglich wurden, hat er sich dann entschieden, mit seinem Bruder eine Familienfirma zu gründen. Sie rüsteten sich eine Werkstatt in der ehemaligen Mühle ein, kauften einen großen Ofen, reichten die Kündigung bei ihren Arbeitgebern ein und begannen ihr neues Gewerbe. Die Nachfrage nach Kachelöfen aus dem Böhmerwald stieg beträchtlich. Daher musste die Produktion in Mieträume verlagert werden. Erst 2004 kauften die Brüder eine ehemalige Molkerei in Horní Planá.

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„Rund 80 bis 90 Prozent der Produktion bleibt hier in der Umgebung, was uns natürlich sehr freut. Es ist uns andererseits aber auch gelungen, bis in die weite Welt vorzudringen. Am weitesten entfernt findet man unsere Kacheln in Chicago in den USA. Wir haben aber auch Aufträge aus Frankreich, Spanien, Deutschland, Polen und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Dorthin liefern wir über eine Exportagentur.“

Der Kachelofen selbst ist natürlich keine Spezialität vom Böhmerwald. Man findet ihn heute vor allem in alten Schlössern, Gasthöfen und Berghütten. Es handelt sich um ein keramisches Erzeugnis, das bestimmte Eigenschaften haben muss: Saugfähigkeit, Porosität, Speicherfähigkeit und eine glasierte Oberfläche. Jeder Kachelofen hat eine eigene Verzierung. Sie richtet sich entweder nach den örtlichen Besonderheiten oder den Wünschen des Kunden. Martin Čermák beschreibt, welches Muster für den Böhmerwald typisch ist:

Kachelofen im Geburtshaus von Adalbert Stifter
„Meine Eltern renovierten Anfang der 80er Jahre den Kachelofen im Geburtshaus von Adalbert Stifter hier in Horní Planá. Dort entdeckten sie ein typisches Motiv für diese Region: eine Spirale mit Aushöhlung. Dieses Motiv war früher auch als Schüsselkachel bekannt. Ich schätze, dass im 19. Jahrhundert die Mehrheit der Öfen genau so verziert wurde. Wir haben dieses Motiv ein bisschen verändert und so zum Logo unserer Firma gemacht. Man kann aber der Zeit entsprechend auch andere Verzierungen vornehmen. Sehr beliebt waren beispielsweise Waldmotive wie Zapfen oder Zweige, Jugendstilmotive mit Vögeln und Fontänen und natürlich christliche Motive. Gerade diese sind auch heute noch oft gefragt. Zurzeit stellen wir zirka 800 Kachelarten mit 65 Glasuren her. Wir sind in der Lage, auch andere je nach Wunsch des Kunden zu kreieren. In der Regel können wir das gewünschte Motiv haargenau nachmachen.“

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Wie überall in der Kunst, so kann man auch hier auf Kitsch und Snobismus treffen.

„Ich erinnere mich, wie einst eine Dame kam, die eine gelbe Untertasse in der Hand hielt und einen Kachelofen genau nach diesem Muster haben wollte. Mein Bruder und ich schauten uns eine Weile ungläubig an, sagten aber schließlich: ´Nun gut, der Kunde ist König’, wir probieren das´. So begannen wir, einen gelben Ton zu mischen. Wohl zwanzig Varianten haben wir der Frau vorgestellt, aber sie konnte sich immer nicht entscheiden. Da verlor ich die Geduld und sagte: ´Liebe Frau, ich fühle, dass es keinem von uns Freude bringt. Lassen sie diese Sache woanders machen´. Wissen Sie, einen Kachelofen nach dem Vorbild einer Untertasse zu bauen, das halte ich für total daneben für das, was Nestwärme und Freude zu Hause schafft. Da fühlte ich vielmehr eine Kälte.“

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Die Kachelöfen von Martin Čermák aus Horní Planá wurden 2008 mit der Schutzmarke "Der Böhmerwald – ein Originalprodukt" versehen. Inwiefern diese Tatsache den Firmenumsatz beeinflusst hat und wie viele neue Aufträge sie nach sich zog, lässt sich natürlich kaum in Zahlen fassen. Für den Markenträger handelt es sich eher um den Ausdruck des lokalen Patriotismus. Für die Beibehaltung der Marke reicht es jedoch nicht, dass das Produkt in der Region hergestellt wird. Es muss auch die so genannte Bedingung der Einzigartigkeit erfüllen. Damit gleichzusetzen sind beispielsweise eine langjährige Tradition, ein originales Fertigungsverfahren oder die Verwendung typischer lokaler Rohstoffe. Weitere Bedingungen sind eine geprüfte hohe Qualität des Produktes sowie eine umweltschonende Herstellung. Neben den Kachelöfen aus Horní Planá dürfen sich des Schriftzugs "Der Böhmerwald – ein Originalprodukt" beispielsweise auch das Gebäck Zeis aus Vlachovo Březí und das Mehl aus der Familienmühle in Horažďovice rühmen. Insgesamt wurden im Böhmerwald bisher 61 Schutz-Zertifikate für etwa 300 Produkte oder Dienstleistungen erteilt. Ähnliche Marken kann man aber auch in anderen Regionen Tschechiens erwerben.

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