Karel Ančerl dirigiert Tschechische Philharmonie und Toronto Symphony Orchestra

Karel Ančerl (Foto: YouTube)

Mehrere große Dirigentennamen sind mit der Geschichte der Tschechischen Philharmonie im 20. Jahrhundert verbunden: An Václav Talich haben wir anlässlich seines 130. Geburtstags im Mai erinnert. Die heutige Sendung gilt seinem Nachfolger, dem Dirigenten Karel Ančerl, der die Philharmonie in der Nachkriegszeit leitete und zu Weltruhm brachte. Er ist vor genau 40 Jahren, am 3. Juli 1973, im kanadischen Toronto gestorben.

Karel Ančerl  (Foto: YouTube)
Karel Ančerl wurde 1908 im südböhmischen Dorf Tučapy geboren. Am Konservatorium in Prag studierte er Komposition, Dirigieren und Schlaginstrumente. Nach dem Abschluss entschied sich der junge Künstler für die Dirigentenlaufbahn. An die Spitze in seinem Fach gelangte er aber nur allmählich. In der Zwischenkriegszeit war er als Dirigent beim Befreiten Theater von Voskovec und Werich in Prag engagiert, später dirigierte er das Prager Rundfunkorchester. Während der Nazi-Okkupation wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft in die KZs Theresienstadt und Auschwitz verschleppt. Ančerl war der einzige seiner Familie, der den Holocaust überlebte.

Ančerls Grab auf dem Friedhof in Prag-Vyšehrad  (Foto: Matěj Baťha,  CC BY-SA 3.0)
Nach dem Krieg wurde er zum Chef der Prager Oper und später des Prager Rundfunkorchesters. Die wichtigste Etappe in der Laufbahn von Karel Ančerl begann 1950, damals wurde er zum künstlerischen Direktor der Tschechischen Philharmonie ernannt. 18 Jahre lang leitete er die Philharmonie und machte sie zu einem der führenden Orchester weltweit. Er erweiterte das Repertoire um Klassiker des 20. Jahrhunderts wie Schönberg, Strawinsky oder Britten, und machte die moderne tschechische Musik bekannt.

Ančerl stand bis 1968 an der Spitze der Tschechischen Philharmonie. Nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei ging er nach Kanada. Ančerl nahm das Angebot an, das Toronto Symphony Orchestra künstlerisch zu leiten. Er ist vor genau 40 Jahren, am 3. Juli 1973, im kanadischen Toronto gestorben. Zwanzig Jahre später wurden seine sterblichen Überreste nach Tschechien überführt und auf dem Ehrenfriedhof in Prag-Vyšehrad beigesetzt.

Glenn Gould  (Foto: YouTube)
In den Hörproben spielen wir den ersten Satz Allegro aus der Serenade für Orchester von Ančerls Zeitgenossen Iša Krejčí, den zweiten Teil Adagio aus den „Fresken des Piero della Francesca“ von Bohuslav Martinů und den ersten Satz Allegro aus dem Klavierkonzert Es-Dur von Ludwig van Beethoven. Es spielen Glenn Gould (Klavier), die Tschechische Philharmonie und das Toronto Symphony Orchestra unter der Leitung von Karel Ančerl.