Kontroverse Parlamentsdebatte zu EU-Verfassung

Cyril Svoboda, Foto: CTK

An der Spitze der politischen Tagesordnung, da steht in Tschechien zurzeit wieder einmal die Europäische Union. Am Dienstag fand auf Initiative der Opposition, bestehend aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei ODS und den Kommunisten, eine außerordentliche Sitzung des Abgeordnetenhauses statt. Thema: Das Mandat der sozialliberalen Regierung bei den Verhandlungen über eine Europäische Verfassung. Gerald Schubert hat die Debatte vor Ort verfolgt und folgenden Bericht vorbereitet:

Premierminister Vladimir Spidla,  Foto: CTK
Die Atmosphäre im tschechischen Abgeordnetenhaus, die war am Dienstag wieder einmal einigermaßen angespannt. Grund: Die Meinungsunterschiede zwischen Regierung und Opposition in Europa-Fragen scheinen unüberbrückbar zu sein. Die sozialliberale Regierungskoalition von Premierminister Vladimir Spidla setzt auch im Hinblick auf eine gemeinsame EU-Verfassung ihre eindeutig pro-europäische Linie fort, die Oppositionsparteien hingegen sprechen von drohendem Souveränitätsverlust in einem europäischen Superstaat.

Dass die Regierung aber prinzipiell mit einer europäischen Verfassung einverstanden ist, das bedeutet keinesfalls, dass man nicht noch Änderungswünsche hinsichtlich des bisherigen Verfassungsvorschlages hat. Radio Prag hat am Rande der Parlamentssitzung Außenminister Cyril Svoboda gebeten, die Hauptpunkte zusammenzufassen, über die Tschechien bei der Regierungskonferenz in Rom noch verhandeln will:

"Am wichtigsten ist, dass sich die Kompetenzverschiebung auf die Organe der Europäischen Union von der Zustimmung der einzelnen Staaten ableitet, dass es einen Teamvorsitz des Europäischen Rates gibt, und zwar mit Rotationsprinzip, und dass wir alle gleichberechtigte Kommissare haben, das heißt Kommissare mit Stimmrecht."

So weit, so gut. Doch wie auch immer der Verfassungstext am Ende aussieht: Soll es in Tschechien dann eine neuerliche Volksabstimmung geben, die über dessen Annahme entscheidet? Cyril Svoboda:

Cyril Svoboda,  Foto: CTK
"Die Endfassung des Textes wird meiner Meinung nach in einem Referendum zur Ratifikation vorgelegt werden, damit die Bürger darüber entscheiden können."

Soweit der christdemokratische Außenminister. Seine Regierungskollegin, Gesundheitsministerin Marie Souckova von der Sozialdemokratischen Partei, sieht dies jedoch anders. Gegenüber Radio Prag meinte sie am Dienstag:

"Die Bürger wurden im Rahmen der Kampagne für den Beitritt zur Europäischen Union über den Verlauf sämtlicher Verhandlungen informiert. Und es wurde ganz klar gesagt, was der Beitritt für die Tschechische Republik bedeutet. Die Bürger haben also beim Referendum mit ihrem Ja zum EU-Beitritt auch ihre Zustimmung zu dieser Form des EU-Vertrags geäußert. Ich glaube also im Augenblick nicht, dass es nötig ist, über irgendwelche Formen einer weiteren Bestätigung durch die Bürger zu sprechen."

Die Opposition übrigens, die fordert ohnehin ein weiteres Referendum. Sollte sich aber die Regierung darauf einlassen, dann vermutlich nur im Rahmen eines allgemeinen Gesetzes über die Abhaltung von Volksabstimmungen. Und das will wiederum die rechtsliberale ODS verhindern.