Kulturlandschaft in Lednice / Eisgrub

Schloss Lednice (Foto: CzechTourism)

Als man einen exemplarischen Bau suchte, der das 19. Jahrhunderts auf der gerade laufenden großen Ausstellung "10 Jahrhunderte der Architektur" repräsentieren sollte, wurde das Treibhaus des südmährischen Schlosses Lednice / Eisgrub gewählt. Eine kleinere Kopie davon wurde sogar auf der Prager Burg errichtet. In der nachfolgenden Touristensprechstunde besuchen Sie mit Markéta Maurová und Olaf Barth das echte den Park, der es umgibt und auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht.

Schloss Lednice  (Foto: CzechTourism)
Als größter Garten Europas wird der Park bezeichnet, der das neugotische Schloss im südmährischen Lednice / Eisgrub umgibt. Die bedeutendsten "Gärtner", die sieben Jahrhunderte lang behutsam in die dortige Landschaft eingriffen, kamen aus dem Geschlecht der Liechtensteiner. Sie bauten nicht nur das eigentliche Schloss auf, sondern auch den Park und Landschaftskomplex mit einer Fläche von etwa 200 qkm, in dem sich zahlreiche Lustschlösschen, Burgen und Pavillons befinden, die durch Alleen und Kanäle miteinander verbunden sind.

Die Liechtensteiner kamen im 13. Jahrhundert in diese Region. Sie residierten in Valtice, und Eisgrub diente ihnen als Sommersitz. Das Schloss von Lednice ist ein einzigartiges Beispiel der englischen Neugotik. Seine heutige Gestalt erhielt es um das Jahr 1850 durch die Architekten Georg Wingelmüller und Johann Heidrich. Die prachtvollen Innenräume des Schlosses werden durch viele Schnitzarbeiten geschmückt. Unter ihnen verdient vor allem eine mächtige Wendeltreppe, die aus einem Eichenstamm herausgearbeitet wurde, Aufmerksamkeit. Im Schloss wird heute nicht nur die alte Möbeleinrichtung gezeigt. Man kann dort auch eine Ausstellung des Nationalen Landwirtschaftsmuseums sowie ein Aquarium mit Meereslebewesen besuchen.

An das Schloss schließt sich ein einzigartiges Palmentreibhaus an. Es wurde in den Jahren 1843-1845 aus Stahl und Glas gebaut. Schlanke Stahlpfeiler mit Blättermotiven tragen eine leichte Konstruktion aus Tausenden von Glasscheiben, unter denen man sich wie in einer Märchenwelt fühlt. Mehr über dieses Baudenkmal, das die Architektur des 19. Jahrhunderts auf einer großen Ausstellung in Prag repräsentiert, erzählt Dr. Jaromir Micka. Er ist heute Direktor des Staatlichen Instituts für Denkmalschutz in Brno, in der Vergangenheit war er aber Jahre lang in Eisgrub tätig:

Palmentreibhaus  (Foto: Jozef Kotulič,  CC BY 3.0 Unported)
"Wenn ich vom Treibhaus spreche, muss ich sagen, dass es eine Kombination zwischen einem sehr wertvollen technischen Denkmal und einem Naturdenkmals ist, weil es doch nur ein Instrument dazu ist, dass man hier einen wunderschönen subtropischen Garten anlegen kann. Es ist heute auch in Bezug auf das Schloss ein wertvolles Denkmal. Zu der Zeit, als das Treibhaus entstand, sah das Schloss anders aus als heute. Damals war noch seine Empire- oder klassizistische Phase zu erkennen und erst nach der Fertigstellung des Treibhauses kam es zum neugotischen Umbau, der heute so bekannt und populär ist. Das Treibhaus ist aber auch deshalb sehr einzigartig und außerordentlich, dass es sich um den am besten erhaltenen Bau dieser Art auf dem Kontinent handelt. Zur Zeit seiner Entstehung reflektierte es selbstverständlich ähnliche Bauten in England. Soweit uns bekannt, ist nur das Treibhaus von Lednice erhalten geblieben, alle anderen Bauten sind etwas jünger oder haben sich in einer weniger authentischen Gestalt erhalten. Aus diesem Grund ist die gerade laufende Renovierung sehr wichtig, weil sie die Spuren das Alters und die Authentizität nicht beschädigen darf."

Zu welchen Zwecken wurde das Schlosstreibhaus eigentlich errichtet? Waren es rein praktische Ziele, d.h. Obst- und Pflanzenanbau, oder diente der Raum auch als repräsentativer Saal, in dem Feiern und andere Veranstaltungen organisiert wurden?

"Es diente beiden Zwecken. Diesem Treibhaus ging nämlich eine ältere große Orangerie voraus, in der man - wie es in Orangerien üblich ist - Zitrusfrüchte pflanzte. Damals war es die hauptsächliche Aufgabe, Orangen und Zitronen aufzuziehen, die man sonst mit Schwierigkeiten importieren musste. Aber in der Mitte des 19. Jahrhunderts existierte dieses Problem in Folge der Verkehrsentwicklung und des technischen Fortschritts nicht mehr, und der Grund, der hier überwog, war, ein schönes Milieu zu schaffen. Wir sollten nicht vergessen, dass es eine vormoderne Zeit war, die von der heutigen Weltanschauung nicht so weit entfernt war. Es gab hier bestimmte Aspekte der Spätromantik, die die eigentliche Natur als etwas sehr Schönes und Wertvolles ansahen, aber andererseits wurde die Natur direkt im Schloss, in dem Treibhaus gezüchtet. Es handelte sich um eine private Welt innerhalb der umliegenden Natur. Das Gebäude wurde ursprünglich eher als eine Orangerie entworfen, aber später, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dazu, dass sich das Treibhaus in einen subtropischen Garten verwandelte."

Schloss Lednice  (Foto: CzechTourism)
Das Schloss mit seinem subtropischen Garten im Treibhaus ist nur eine Dominante eines ausgedehnten Geländes, das sich seit Jahrhunderten in der Umgebung entwickelte. Umfangreiche Landschaftsveränderungen wurden dort im Einklang mit dem Fortschritt in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Weinbau durchgeführt, den die Liechtensteiner unterstützten. Die ersten Eingriffe in die Landschaft brachte das Anlegen von Gehegen mit sternartigen Schneisen und Alleen, deren System den Vorstellungen der Renaissancearchitektur entsprachen. Nach 1805 bewirkte vor allem das Model des englischen Parks die weitere Entwicklung der Schlossumgebung, in der nicht nur wertvolle Bäume und Pflanzen, sondern auch zahlreiche romantische Bauten ihren Platz fanden.

"Es kam nicht so rasch und zufällig und auf einmal. Es ist sozusagen jene Schicht, die am markantesten ist. Auch aus dem Grunde, dass sie die qualitativste war, dass sich daran so schöpferische und einfallsreiche Leute wie etwa der Architekt Hardtmuth beteiligten. Aber sonst war diese Bemühung um die Landschaftsgestaltung für die Familie der Liechtensteiner typisch. Die Landschaft wurde seit der Barockzeit allmählich umgestaltet - durch ein Netz von Teichen und Alleen sowie die Bildung von Dominanten und Achsen. Es war kein Zufall und es kam nicht auf einmal, aber Anfang des 19. Jahrhunderts kam eine sehr fruchtbare Etappe, die das heutige Aussehen der Landschaft prägte."

Zu der Schaffung eines so umfangreichen Areals muss eine Reihe bedeutender Gärtner und Baumeister beigetragen haben.

"Ich erlaube mir einen Namen zu erwähnen, nämlich den Architekten Hardtmuth, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts diese Bauten errichtete. Meiner Meinung nach war er ein ganz hervorragender Architekt. Es folgten seine Kollegen, die dieses Netz ergänzten. Aber gerade Hardtmuth, der Autor der Johannsburg und des Minaretts ist heute erwähnenswert. Es könnte Sie interessieren - es ist ein Name, den wir allen kennen, ohne davon zu wissen - dieser Name Hardtmuth steht auf den Bleistiften der Marke Kooh-i-nor geschrieben, weil Hardtmuth den Bleistift erfunden hat. Nachdem er den Dienst bei den Lichtensteins beendet hatte, gründete er eine Fabrik und produzierte Bleistifte."

Minarett  (Foto: CzechTourism)
Im Schlosspark findet man heute u.a. ein Minarett, dessen schlanker Turm die beste Aussicht auf das gesamte Gelände bietet. Zum Minarett kann man entweder zu Fuß wandern, oder ein Boot nutzen, das auf dem Parkkanal vom Chinesischen Pavillon aus verkehrt. Ein bisschen weiter entfernt befindet sich die künstliche mittelalterliche Burgruine Janohrad (Johannsburg), die heute eine ornithologische Ausstellung beherbergt, aber auch ein beliebter Ort für Hochzeitsfeiern ist.

"Es handelte sich um Bauten, die auf bestimmte Art und Weise den romantischen Vorstellungen ihrer Zeit entsprechend, die Landschaft gliederten, bestimmte Landschaftsdominanten bildeten. Wichtig ist, dass es sich um eine Kulturlandschaft handelt. Die Bauten hatten keine konkrete Funktion, wie wir es uns heute vorstellen könnten - also dass man dort gewohnt, Picknicks gemacht hätte, dass sie als Jagschlösser genutzt worden wären. Es waren vor allem Landschaftsdominanten. Das Minarett z.B. bildete eine Dominante und stellte eindeutig die Hauptachse zum Mittelpunkt des Schlosses dar. Dies ist bis heute bemerkbar, wenn man die Treppen des Minaretts hinaufsteigt."

Die romantische Atmosphäre wird ergänzt durch den Apollon-Tempel mit Statuen sowie mit einem Teichschlösschen, in dem sich seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die erste biologische Beobachtungsstation in Mähren befand. Weitere Bauten des Areals sind das im Empire-Stil erbaute Jagdschlösschen, der Neue Hof, auf dem heute Pferde gezüchtet und auch zu kleinen Landschaftsritten vermietet werden. Ein Obelisk steht genau in der Mitte zwischen Lednice und Pritluky und erinnert an die Friedensschließung in Campo Formio zwischen Kaiser Napoleon und dem österreichischen Erzherzog Karl. Er hatte ein glücklicheres Schicksal als ein anderer Obelisk, auf halbem Weg zwischen Lednice und Valtice, der nach einem Blitzschlag zusammenstürzte.

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Autoren: Olaf Barth , Marketa Maurova
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