Luxus zum Anfassen: Eisenbahnfans bestaunen Orient-Express am Prager Hauptbahnhof
Unter dem Label Venice-Simplon-Orient-Express bietet die Firma Belmond Schienenkreuzfahrten der besonderen Art an. Die Luxuszüge kopieren dabei nicht nur die historische Strecke von Paris nach Istanbul, sondern verkehren auch in andere europäische Metropolen – so etwa einmal im Jahr nach Prag. Am Samstag konnte der vielleicht berühmteste Zug aller Zeiten am Prager Hauptbahnhof bestaunt werden.
Ein reges Treiben herrschte am Samstagmittag auf dem Prager Hauptbahnhof, so wie eigentlich an jedem Tag. Doch eines war anders. Vor allem an Bahnsteig 1 tummelten sich die Menschen. Der Grund: Zu sehen gab es eine Ikone der Eisenbahngeschichte, den Orient-Express. Dieser war bereits am Donnerstagabend in die Goldene Stadt gekommen und sollte nun um 12.45 Uhr seine Rückreise vom Hlavní nádraží antreten – via Paris nach London.
Zahlreiche Zugfans und Eisenbahner waren gekommen, um die 15 glänzend polierten Waggons des Luxuszugs zu bestaunen. Darunter war auch Kateřina. Sie arbeitet als Zugbegleiterin bei den Tschechischen Bahnen.
„Ich bin gerade aus Česká Třebová gekommen und fahre gleich weiter nach Děčín. Ich bin also im Dienst und habe hier nur einen kurzen Aufenthalt. Aber wenn dieser besondere Zug schon einmal hier ist, wollte ich ihn natürlich sehen.“
Jindřich hingegen hat sich extra aufgemacht, um den Schienenkreuzer zu erspähen. Am Ende des Bahnsteigs hat er gerade ein Stativ mit einer Kamera aufgebaut, um die Ausfahrt des Zuges aufzunehmen.
„Wir sind Zugfans und wegen des Orient-Express hier. Denn das ist wirklich ein Erlebnis“, sagt er.
Auch Jindřichs Sohn David zeigt sich begeistert von dem Zug: „Ich würde schon gern einmal selbst damit fahren. Aber wir können uns die Tickets nicht leisten, denn die sind unheimlich teuer.“
Unheimlich teuer, da hat David gut reden. Mehr als 3000 Pfund mussten die Reisenden für die Fahrt nach Paris oder London berappen. Dafür bekamen sie dann aber auch etwas geboten. Zimmerservice in den luxuriös ausgestalteten Abteilen und Suiten zum Beispiel, die in den teils fast 100 Jahre alten Waggons eingerichtet wurden. Das Leben im Orient-Express spielt sich vor allem aber in den drei Bar- und Restaurantwagen ab. Bei Livemusik können dort teils exquisite Menüs verkostet werden.
Diesen Luxus können sich nicht viele leisten. Mary und Berry aber haben sich das besondere Eisenbahnabenteuer gegönnt. Mit dem Zug angereist seien sie jedoch nicht, stattdessen sind sie mit dem Flieger aus England gekommen, wie Berry verrät.
„Wir haben drei Tage in Prag verbracht, und diese historische Stadt hat uns sehr gut gefallen“, schließt seine Frau Mary an.
Nun also der Höhepunkt der Reise: die Fahrt im Orient-Express. Nie zuvor sind sie mit diesem Zug gefahren. So ein Unterfangen mache man doch nur einmal im Leben, sagt Mary. Und Berry gesteht, er sei vor der Abfahrt ein wenig nervös…
Das luxuriöse Reiseerlebnis beginnt für das Ehepaar bereits auf dem Prager Hauptbahnhof. Vor jedem der einzelnen Waggons stehen Zugbegleiter in königsblauer Uniform mit passender Eisenbahnerkappe und weißen Handschuhen. Sie empfangen die oft extravagant gekleideten Reisenden auf einem roten Teppich. Einer der Angestellten des Zuges ist Noe. Seines besonderen Berufs ist er sich bewusst.
„Das ist einfach ein fantastischer Job. Man ist Teil der Geschichte. Und für uns ist es immer wieder schön, nach Prag zu kommen. Der Orient-Express fährt ein- oder zweimal im Jahr hierher.“
Einer von Noes Kollegen ist Nikolai. Er sagt:
„Es ist einfach ein tolles Erlebnis. Wir bieten ein besonderes Produkt an, und die Menschen mögen das – einfach, weil es einmal etwas ganz anderes ist.“
Aber nicht alle, die am Samstag mit dem Orient-Express unterwegs waren, waren Teil dieser glitzernden Glamourwelt, konnten die Gedanken schweifen lassen und Austern und Champagner im Speisewagen schlürfen. Auf der Lokomotive steht gerade Jan. Er trägt Hemd, Pullover und orange Warnweste.
„Das ist schon eine besondere Erfahrung, ich fahre diesen Zug zum ersten Mal. Natürlich freue ich mich darauf und hoffe, dass es allen gefallen wird. Für mich geht es nun nach Cheb, dort übernehmen dann die Kollegen aus Deutschland.“
Dass gerade Jan den besonderen Zug steuern durfte und so die wohl meistfotografierte Fahrt seiner Lokführerkarriere antrat, war im Übrigen Zufall. Warum gerade er für den Orient-Express zugeteilt worden sei, wisse er nicht, das sei wohl einfach Glück gewesen und er sei ausgelost worden, schmunzelt er.