Militär: Welche Stärken bringt die Tschechische Armee in die NATO ein?
Die Tschechische Republik ist neben Polen und Ungarn das jüngste NATO-Mitglied, sie hatte jedoch während ihrer Mitgliedschaft schon einige Bewährungsproben zu bestehen. Das jüngste und noch allen bekannte Beispiel war die kriegerische Auseinandersetzung im Irak, die nun der humanitären Hilfe für die Iraker gewichen ist. Lothar Martin hat sich daher im nachfolgenden Beitrag mit der Frage befasst: Welche Stärken bringt die Tschechische Armee eigentlich in die NATO ein?
Die Tschechische Republik ist seit etwas mehr als vier Jahren Mitglied der NATO. Doch in keiner der seit dem 12. März 1999 stattgefundenen militärischen Operationen wie der jüngst zu Ende gegangenen bewaffneten Auseinandersetzung alliierter Truppen mit dem Irak hat auch Tschechien so deutlich zu spüren bekommen, dass die Nordatlantische Allianz keine nur zum Selbstzweck geschaffene Institution ist. An diesem Konflikt war das Herzland Europas dann zwar nicht unmittelbar beteiligt, doch auf Wunsch der Vereinigten Staaten stand zumindest ein tschechisch-slowakisches Bataillon von Spezialisten zur Abwehr von ABC-Waffen im kuwaitischen US-Stützpunkt Doha bereit, um dem befürchteten, zum Glück aber nicht realisierten Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch das Hussein-Regime entgegenwirken zu können. Weshalb gerade die tschechischen Anti-ABC-Waffen-Spezialisten zur Abwehr solcher Waffen geradezu prädestiniert sind, dazu sagte Hauptmann Jirí Mitbauer, der kommissarische Befehlshaber des Stabes der Garnison Liberec, wo sich der zentrale Stützpunkt der Chemischen Streitkräfte der Tschechischen Armee befindet, gegenüber Radio Prag:
"Ich denke, die Spezifik unserer Einheit ist, dass sie über eine ziemlich gute Ausrüstung und Technik verfügt. Die Technik ist wirklich modern und sichert eine ganze Reihe von Tätigkeiten ab, wie das vergleichsweise bei den äquivalenten Einheiten der anderen Armeen nicht der Fall ist. Was den Grad der Ausbildung und Einsatzvorbereitung betrifft, da stehen wir mit den Einheiten der anderen NATO-Armeen in etwa auf einer Stufe. Unsere Einheit ist ein toll eingespieltes Kollektiv, dass niemanden extra von sich überzeugen muss, denn die Soldaten arbeiten selbständig und wissen genau, was sie zu tun haben."
Neben den professionell ausgebildeten und ausgerüsteten Chemiewaffen-Spezialisten haben sich auch die tschechischen Militärmediziner schon mehrfach - sei es im Kosovo, in Afghanistan oder jetzt im Irak - aufgrund ihrer ausgezeichneten Fähigkeiten bewährt. Als Glanzstück der ihm unterstellten Militärs sieht jedoch der tschechische Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík die 6. Brigade einer Aufklärereinheit aus dem mährischen Prostejov an, die allerhöchsten internationalen Ansprüchen standhielte und die man daher auch als d i e Eliteeinheit der Tschechischen Armee bezeichnen könne. Tvrdik zufolge sei sie die beste Einheit, die er habe. Sie könne zwar hinsichtlich ihrer Ausstattung möglicherweise nicht ganz mit den modernsten technologischen Trends der USA mithalten, man könne sie aber mit ähnlichen Einheiten der Allianz, zum Beispiel der britischen SAS, vollkommen auf ein und dieselbe Stufe stellen, ist Tvrdík überzeugt.
Die eben aufgezählten Truppenverbände der Tschechischen Armee sind zwar nur ein verhältnismäßig geringer, dafür aber sehr effizienter Beitrag des kleinen NATO-Landes im Bündnisfall. Anhand ihrer erst vor Jahresfrist formulierten Militärstrategie des Landes sieht die Prager Regierung den Charakter ihrer Streitmacht ohnehin neu definiert: weg von einer das eigene Territorium beschützenden reinen Verteidigungsarmee hin zu einem verlässlichen Bündnispartner, der auch fernab der Heimat die Interessen der NATO-Länder durchzusetzen gedenkt.