"Miteinander reden wollen." - Tschechisch-deutsche Konferenz in Potsdam

Passend zur Unterzeichnung der EU-Erweiterungsverträge, welche unter anderem die Aufnahme Tschechiens in die Europäische Union zum 1.Mai 2004 besiegelten, begann am Dienstag in Potsdam ein Veranstaltungszyklus zum tschechisch deutschen Verhältnis. Unter dem Titel "Miteinander reden wollen. Deutsch-tschechisches Miteinander in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" finden in Potsdam in den kommenden zwei Monaten zahlreiche Veranstaltungen statt, die sich aus kultureller, politischer und historischer Perspektive mit den nicht immer einfachen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern beschäftigen. Unser freier Mitarbeiter Jakub Liska stellt Ihnen das Programm vor:

Deutsche und tschechische Flagge
Eröffnet wurde der Zyklus von der Ausstellung "Kde domov muj. - Wo ist meine Heimat. Spuren tschechisch-deutscher Gemeinsamkeiten im 19. und 20. Jahrhundert". Auf 60 Wandtafeln zeigt die Ausstellung an Beispielen aus Literatur, Musik und Bildender Kunst sowie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft das deutsch-tschechische Zusammenleben. Besonders hervorgehoben wird dabei die kulturelle Leistung der jüdischen Bevölkerung.

Die erste Veranstaltung findet dann am 14. Mai statt, eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Besetzung, Aussiedlung, Vertreibung". Für Andre Stanisavljevic, Vorsitzender von "Mostar Friedensprojekt e. V." und Veranstalter des Programms, ist es wichtig, dass dieses schwierige Kapitel in den tschechisch-deutschen Beziehungen offen und kritisch diskutiert wird:

"Wir wissen sehr wohl, dass wir hier auch Themen anschneiden, gerade was den Bereich Besetzung, Aussiedlung, Vertreibung angeht, die bis heute noch sehr diffizil sind. Wir haben sicherlich auch Personen ausgewählt, die nicht so in die Kerbe hauen werden. Mit 'in die Kerbe hauen' meine ich, dass sie sich sehr sachlich mit dem Thema auseinandersetzen können und auch sehr weitreichend auf das Thema eingehen werden."

Eingeladen wurden der tschechische Botschafter Boris Lazar, der Düsseldorfer Historiker Detlev Brandes und Ludmila Stuchlikova vom Koordinierungszentrum deutsch-tschechischer Jugendaustausch.

Die zweite Podiumsdiskussion Anfang Juni widmet sich einem weiteren wichtigen Kapitel der tschechischen Geschichte - dem Prager Frühling von 1968. Zu den Teilnehmern dort meint Andre Stanisavljevic:

"Dazu gehört unter anderem Herr Sonka, der selbst als Flüchtling 1968 in die BRD kam. Dazu gehört auch der ehemalige Intendant des Ostdeutschen Rundfunks, Herr Hans-Jürgen Rosenbauer, der selber einmal als Korrespondent in Tschechien akkreditiert war, sowie die Publizistin Doris Liebermann, die einen Einblick geben kann über die Beziehungen von Dissidenten und Dissidenten-Gruppen in der DDR nach der Gründung der Charta 77 sowie der Politologe Herr Reinman, der die Entwicklung hin zum Prager Frühling beleuchtet."

Darüber hinaus werden angeboten: Autorenlesungen zu den Themen "Vertreibung" und "tschechische Gegenwartsliteratur", der Film "Dan sedmy, osma noc - Der siebte Tag, die achte Nacht" von Evald Storm und eine weitere Diskussionsrunde zur friedlichen Auflösung der CSFR in die beiden Staaten Slowakei und Tschechien.

Besonderen Wert legen die Veranstalter darauf, dass die Besucher aktiv an den Diskussionen teilnehmen, und so hat das Publikum bei fast allen Veranstaltungen die Gelegenheit, selbst ein Wörtchen mitzureden. Stanisavljevic:

"Das sind immer Diskussionen, wo das Publikum auch mit einbezogen ist. Zum einen haben wir die klassische Podiumsdiskussion und zum anderen haben wir aber auch die Mixtur aus Referat und anschließender Podiumsdiskussion. Die Veranstaltungsreihe ist an den politisch interessierten Bürger gerichtet, es sind aber keine Fachveranstaltungen, sondern ganz im Gegenteil: sie sind offen für jeden, der sich dafür interessiert."

Weitere Informationen und die genauen Termine der einzelnen Veranstaltungen erhalten Sie unter anderem über die Internetseite des Tschechischen Zentrums in Berlin, www.czech-berlin.de, oder direkt beim Alten Rathaus in Potsdam.