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Prag feiert EU-Beitritt
Die Tschechische Republik gehört zur EU. Seit der Nacht von Freitag auf Samstag ist Tschechien neben neun weiteren neuen Mitgliedern Teil des europäischen Staatenbundes. Hunderte feierten den EU-Beitritt auf dem Altstädter Ring in der historischen Altstadt von Prag. Nachdem die Menschen gemeinsam einen 10-Sekunden-Countdown bis 0 Uhr abgezählt hatten, brachen sie in Jubel aus. Die tschechische Nationalhymne erklang, gefolgt von der Europahymne. Tschechiens Premier Vladimír Spidla begrüßte die Feiernden mit den Worten "Guten Morgen in der Europäischen Union". Weiter sagte Spidla: "Uns hat sich eine Möglichkeit eröffnet, die wir sicherlich nutzen werden." Zeitgleich begann ein gewaltiges 15-minütiges Feuerwerk, das den Himmel über der Prager Innenstadt erleuchtete. Präsident Václav Klaus hat den EU-Beitritt nicht in der Hauptstadt erlebt. Klaus forderte auf dem sagenumwobenen mittelböhmischen Berg Blaník die tschechischen Bürger zu Eintracht auf. Zugleich warnte Klaus vor übertriebenen Erwartungen. In der ganzen EU würdigten Politiker die Erweiterung als historische Rückkehr nach Europa.
EU-Staats- und Regierungschefs in Dublin
Tschechiens Premier Vladimir Spidla ist am späten Samstagnachmittag zur offiziellen Feier der EU-Erweiterung in der irischen Hauptstadt Dublin eingetroffen. In Irland, das gegenwärtig dem Europäischen Rat vorsitzt, standen sich erstmals die 15 bisherigen und die zehn neuen Staats- und Regierungschefs gleichberechtigt gegenüber. Bei einer Zeremonie in der Residenz der irischen Präsidentin Mary McAleese wurden feierlich die Fahnen von Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, der Slowakei, von Slowenien, Malta und Zypern gehisst. Spidla war zuvor am Samstagmittag mit Deutschlands Kanzler Gerhard Schröder und Polens Premier Leszek Miller im deutsch-polnisch-tschechischen Dreiländereck Zittau-Bogatynia-Hradek nad Nisou/Grottau zusammen getroffen. Miller, der am Sonntag von seinem Amt zurücktreten will, würdigte bei dem Treffen im Dreiländereck die EU-Erweiterung als Erfüllung eines großen Traums. Spidla sprach von einem historischen Tag und sagte: "Der europäische Riese kriecht aus seinem Bett, sieht sich um und wird sich seiner globalen Verantwortung bewusst werden müssen". Die EU-Erweiterung bedeute die Überwindung der Folgen des Zweiten Weltkriegs. Gerhard Schröder sagte in seiner Rede: "Die Spaltung des Kontinents und die Trennung seiner Bürger ist endgültig überwunden". Europa werde damit zu einem Ort dauerhaften Friedens. Die Regierungschefs hissten gemeinsam die Europaflagge und gaben die Arbeiten für den Bau einer Straße frei, die ihre Länder verbinden soll. Am Freitag hatte der deutsche Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl in einer Festrede im Dreiländereck gesagt: "Es ist eine Glücksstunde". Kohls Botschaft: Nie wieder Krieg in Europa! Wörtlich sagte er: "Wir wollen nie wieder in Europa Soldatengräber haben." Mit der Erweiterung um zehn neue Mitgliedsstaaten gewinnt die Europäische Union 75 Millionen neue Bürger und zählt seit Samstag 455 Millionen Einwohner.
Präsident Klaus will keine EU-Flagge auf seinem Amtssitz hissen
Bei einer Präsentation seines neuen Buches am Freitag in Prag sagte der tschechische Präsident Vaclav Klaus, dass er am 1. Mai, dem Tag des tschechischen EU-Beitritts, nicht beabsichtige, auf seinem Amtssitz auf der Prager Burg eine Fahne der Europäischen Union zu hissen. "Ich denke, dass ich dazu von keinem Bürger der Tschechischen Republik ein Mandat, eine Weisung, einen Befehl oder eine Bitte erhalten habe", sagte Klaus. Sein Buch mit dem Titel "Das Europa von Vaclav Klaus" ist ein Sammelband von Texten, die der amtierende Präsident dem Thema europäische Integration gewidmet hat.
Regionalpolitiker auf grenzüberschreitender Elbfahrt
Nordböhmische und sächsische Politiker sind am Samstag gemeinsam auf einer Schifffahrt auf der Elbe symbolisch in die erweiterte Europäische Union gelangt. An Bord eines mit den Fahnen Tschechiens, Deutschlands und der EU beflaggten Schiffes feierten Vertreter verschiedener Städte, Regionen und Gemeinden. Sie sprachen auch über die Möglichkeiten ihrer weiteren Zusammenarbeit. Auf der Fahrt von Decin/Tetschen über Dresden nach Meißen begrüßten sie Bürger der Anrainerstädte sowie die Mitglieder des sächsischen Landtags und EU-Vertreter. Veranstalter der symbolischen Elbefahrt war die Euregion Elbe/Labe. Symbolische Schiffskapitäne waren der tschechische Präsident der Euregion, Petr Gandalovic, und sein sächsischer Amtskollege Hans-Jürgen Eversen.
"Tag der Arbeit" im Schatten des EU-Beitritts
Im Schatten der EU-Feierlichkeiten stand der diesjährige "Tag der Arbeit" am 1. Mai. Auch das traditionell aus diesem Anlass von der Kommunistischen Partei organisierte Treffen in Prag besuchten am Samstag weniger Menschen als in den vergangenen Jahren. Statt den üblichen 10 000 Teilnehmer fanden sich auf dem Prager Letna-Plateau nach Polizeischätzungen nur etwa 4 500 Menschen ein. Der Chef der Kommunistischen Partei Miroslav Grebenicek kritisierte die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Tschechien. Die anwesenden Kandidaten der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) für die bevorstehenden Europaparlamentswahlen, Miroslav Ransdorf und der ehemalige Raumfahrer Vladimir Remek warben auf der Veranstaltung um Wähler.
150 Rechtsextremisten demonstrieren gegen EU-Beitritt in Prag
150 Rechtsextremisten haben sich am Samstag zu einer Demonstration gegen den EU-Beitritt Tschechiens am Prager Wenzelsplatz versammelt. Eskortiert von Polizisten zog der Protestzug zum Altstädter Ring, wo in der Nacht auf Samstag noch Hunderte Tschechen den EU-Beitritt jubelnd begrüßt hatten. Die EU-Gegner, zu denen Mitglieder der Parteien "Nationale Vereinigung" und "Patriotische Front" zählen, skandierten bei ihrem Protestmarsch nach Angaben der Nachrichtenagentur CTK Sätze wie "Tschechien den Tschechen", "Wir wollen Brüssel nicht" und "Nichts als die Nation".
Normales Verkehrsaufkommen an tschechisch-deutscher Grenze
Der EU-Beitritt Tschechiens hat das Verkehrsaufkommen beim größten tschechischen Grenzübergang Rozvadov/Weidhaus kaum beeinflusst. Wie die Nachrichtenagentur CTK berichtet, war der Verkehr an der tschechisch-deutschen Grenze am Samstagvormittag vergleichbar mit einem normalen Samstag. Der Wegfall der Zollkontrollen hatte keine Auswirkungen. Dutzende Pkw reihten sich auf dem Weg nach Tschechien in Autoschlangen mit meist kurzen Wartezeiten. Nach Angaben eines tschechischen Grenzers werden Bürger aus EU-Staaten nur wenig kontrolliert, jedoch Bürger dritter Staaten umso gründlicher. Deutsche Reisende aus den an Tschechien grenzenden Bundesländern fahren oft regelmäßig an Wochenenden zum Einkaufen ins Nachbarland und gehen in Restaurants essen. Nachmittags kehren sie wieder zurück.
Eishockey-WM: Tschechien und die Slowakei siegen jeweils mit 2:0
In den Freitag-Abendspielen zum Auftakt der Zwischenrunde bei der 68. Eishockey-Weltmeisterschaft setzte sich Gastgeber Tschechien in Prag gegen Österreich 2:0 durch. Zeitgleich konnte die Slowakei in Ostrava Russland mit 2:0 besiegen. Auch mit 2:0 bezwang bereits am Nachmittag Titelverteidiger Kanada das Team aus Lettland. Schweden und Finnland trennten sich mit einem 1:1 Unentschieden. Damit sind Tschechien, Kanada, die Slowakei und Schweden weiter ungeschlagen und auf dem besten Wege ins Viertelfinale. Die Schweiz, die am Sonntag auf Tschechien trifft, trennte sich am Samstag von Lettland mit einem 1:1 Unentschieden.