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Letzte Sitzung der Regierung Spidla
Die sozialliberale Regierung des scheidenden tschechischen Premierministers Vladimír Spidla ist am Mittwochvormittag auf Schloss Kolodeje bei Prag zu ihrer höchstwahrscheinlich letzten Sitzung zusammengekommen. Diese wurde bereits vom neuen Premierminister Stanislav Gross geleitet. Der scheidende Regierungschef Spidla übergab seinem Nachfolger und sozialdemokratischen Parteikollegen gleich zu Beginn den Vorsitz. Auf der anschließenden Pressekonferenz meinte Spidla, seine Regierung, die zwei Jahre lang im Amt gewesen war, müsse sich für nichts schämen. Einige begonnene Reformen hätten jedoch nicht erfolgreich zu Ende geführt werden können. Gross äußerte seinerseits die Ansicht, das teilweise schlechte Image der Regierung sei oft Folge "irrationaler Beweggründe". Bereits zuvor hatte Gross angekündigt, künftig die Kommunikation mit der Öffentlichkeit verbessern zu wollen. Laut Verfassung wird das Land bis zur Angelobung des neuen Kabinetts noch von der Regierung Spidla verwaltet.
Kabinett nominiert Spidla offiziell als EU-Kommissar
Das Kabinett hat am Mittwoch unter anderem beschlossen, den bisherigen Premierminister Vladimír Spidla für das Amt des neuen EU-Kommissars zu nominieren. Ein entsprechender Vorschlag wurde bereits vergangene Woche von den Spitzen der Koalitionsparteien unterbreitet, der nunmehrige Regierungsbeschluss bedeutet die offizielle Bestätigung für den Wechsel ihn der Europäischen Kommission. Welchen Posten Spidla dort konkret bekleiden wird, hängt von der Entscheidung des künftigen Kommissionspräsidenten Jose Barroso ab. Spidla selbst hat indes angegeben, er würde sich besonders für die Bereiche Sozialpolitik, Verkehr, regionale Entwicklung oder EU-Erweiterung interessieren. Vladimír Spidla, der im November den bisherigen tschechischen EU-Kommissar Pavel Telicka ablösen wird, verabschiedete sich auf der Regierungssitzung am Mittwoch von seinen Ministern.
Auslandseinsätze der tschechischen Armee: Regierung beschließt neuen Plan
Auf dem Programm der Regierungssitzung stand am Mittwoch unter anderem auch ein Plan für die Friedensmissionen tschechischer Soldaten im Jahr 2005. Diesbezügliche Vorschläge von Verteidigungsminister Miroslav Kostelka sehen eine Erweiterung der tschechischen Militärpräsenz auf dem Balkan und in Afghanistan vor. Im Irak hingegen soll sich das tschechische Kontingent auf einige wenige Armeemediziner beschränken. Die Gesamtkosten für die Auslandseinsätze der tschechischen Armee sollen nächstes Jahr 1,25 Milliarden Kronen betragen, das sind etwa 40 Millionen Euro. Der Plan wurde von den Mitgliedern des scheidenden Kabinetts einstimmig bewilligt.
Verhandlungen zur Regierungsbildung werden fortgesetzt
Die Spitzen der Dreiparteienkoalition aus Sozialdemokraten (CSSD), Christdemokraten (KDU-CSL) und der liberalen Freiheitsunion (US-DEU), die sich bereits am Dienstag auf den Programmteil eines neuen Koalitionsvertrages geeinigt hatten, setzten am Mittwoch die Verhandlungen über die Aufteilung der einzelnen Ministerien und die Besetzung der Ministerposten fort. Eines der Ressorts, über die im Zusammenhang mit der Regierungsbildung dieser Tage am häufigsten spekuliert wird, ist das Außenministerium. Inoffiziellen Informationen zufolge soll der christdemokratische Außenminister Cyril Svoboda durch einen Sozialdemokraten abgelöst werden, spekuliert wird aber auch über andere Namen. So wird etwa auch der scheidende EU-Kommissar Pavel Telicka als Kandidat für die Leitung des Außenamts genannt. Die Christdemokraten jedoch verlangen einstweilen in offiziellen Stellungnahmen, alle ihre Ressorts behalten zu können. Eine Schlüsselfrage bei der Kabinettsbildung besteht auch darin, ob der Chef der Christdemokraten, Miroslav Kalousek, selbst ein Ministerium übernehmen wird.
Gross will Gespräche mit Gewerkschaftsverband führen
Der neue Premierminister Stanislav Gross will bereits am Donnerstag mit dem Chef der Böhmisch-mährischen Gewerkschaftskonföderation (CMKOS), Milan Stech, zusammentreffen. Thema der Gespräche werde die Frage sein, wie künftig die Verhandlungen zwischen der neuen Regierung und den Sozialpartnern auf eine bessere Basis gestellt werden könnten, sagte Stech vor Journalisten. Die Arbeitnehmervertreter wollen, dass die Regierung einschlägige Gesetzesentwürfe in Zukunft bereits im Vorfeld der politischen Behandlung mit den Gewerkschaften konsultiert. Stech ist auch sozialdemokratischer Senator. Er sei überzeugt, mit seinem Parteikollegen Gross eine gute Gesprächsbasis finden, so Stech gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.
Zahl der Häftlinge steigt
Die Zahl der tschechischen Häftlinge steigt. Ende Juni waren fast 18.200 Personen in tschechischen Gefängnissen inhaftiert, ein Jahr davor waren es nur etwa 17.000 gewesen. Ein überdurchschnittlicher Anstieg ist dabei vor allem bei Personen, die wegen Gewaltdelikten verurteilt wurden, bei Personen aus dem Milieu des organisierten Verbrechens sowie bei Frauen zu verzeichnen. Dies gab am Mittwoch die Gefängnisverwaltung gegenüber der Nachrichtenagentur CTK bekannt. Langfristig herrscht bei den Häftlingszahlen jedoch nach wie vor ein rückläufiger Trend: Zur Jahreshälfte 2000 betrug die Zahl der Inhaftierten noch knapp 23.000.
Museum für Roma-Kultur in Not
Das Museum für Roma-Kultur in der mährischen Metropole Brno / Brünn hat kein Geld mehr zur Finanzierung seines Betriebs und zur Bezahlung der Mitarbeiter. Über den Notstand dieser in Mitteleuropa einzigartigen Kulturinstitution berichtete am Mittwoch die Tageszeitung Právo in ihrer südmährischen Beilage. Die Direktorin des Museums erwägt, die zwölf Mitarbeiter in einen unbefristeten und unbezahlten Urlaub zu entsenden bzw. einen Teil von ihnen zu entlassen. Wie sich der Vorsitzende der südmährischen Landesregierung, Stanislav Juránek, gegenüber dem Blatt äußerte, führe er mit der Museumsleitung Gespräche über die Möglichkeit, Fördergelder aus europäischen Strukturfonds zu erhalten. Diskutiert wird derzeit auch die Möglichkeit, dass das Museum in staatliche Verwaltung übergehen könnte.
Wetter
Zum Abschluss das Wetter: Am Donnerstag ist es in Tschechien heiter bis bewölkt, im Osten des Landes auch bedeckt und zeitweise regnerisch. Tageshöchsttemperaturen 21 bis 25 Grad, im Osten nur etwa 19 Grad.