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Tschechien gedenkt seiner Helden und Opfer zum Kriegsende vor 60 Jahren
Mit zahlreichen Aktionen, Veranstaltungen und Kranzniederlegungen haben am Samstag Zehntausende Menschen in der ganzen Tschechischen Republik des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 60 Jahren gedacht. Vor dem Gebäude des Tschechischen Rundfunks in Prag wurde dabei innerhalb von 48 Stunden zum zweiten Male der Kampf um das Rundfunkgebäude nachgestellt, bei dem die Prager im Mai 1945 den Grundstein für ihren erfolgreichen Aufstand gegen die deutschen Besatzer legten. Im Beisein von Premierminister Jiri Paroubek fand eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die gefallenen tschechischen und ausländischen Soldaten auf dem Friedhof in Prag-Olsany statt. Bestandteil von dessen weit reichenden Friedhofsanlagen ist dabei ein Soldatenfriedhof, auf dem u. a. 264 Gräber vor allem britischer, aber auch polnischer, kanadischer, australischer und neuseeländischer Flieger zu finden sind.
Mit einer großen Parade moderner und historischer Militärtechnik wurden am Samstag in Plzen/Pilsen die viertägigen Feierlichkeiten zu der 1945 durch die US-Amerikaner und Belgier vollzogenen Befreiung der Stadt abgeschlossen. Den Veranstaltern zufolge wohnten dieser Truppenparade, bei der mehr als 250 Armeefahrzeuge zu sehen waren, rund 100.000 Besucher bei. Bereits am Vortag wurden 60 amerikanische und belgische Kriegsveteranen, die an der Befreiung Pilsens Anteil hatten, in der westböhmischen Kreisstadt mit militärischen Auszeichnungen geehrt. Sie wurden ihnen persönlich oder aber in Vertretung durch den stellvertretenden Verteidigungsminister Jaroslav Kopriva, den Pilsener Oberbürgermeister Miroslav Kalous sowie die Botschafter der Vereinigten Staaten und Belgiens in der Tschechische Republik überreicht.
Auch in Usti n ad Laben/Aussig und anderen tschechischen Städten fand eine Reihe von Gedenkveranstaltungen zum 60. Jahrestag des Kriegsendes statt. Die Stadt Aussig hatte eigens dafür eine ganze Reihe von Denk- und Mahnmälern restaurieren lassen. Das hat dem städtischen Budget knapp eine Million Kronen gekostet.
Havel und weitere Kritiker bezeichnen Feiern in Moskau als eine Parodie
Als eine Parodie haben der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel und weitere über 70 Unterzeichner eines offenen Briefes die Feierlichkeiten bezeichnet, die am Montag in der russischen Hauptstadt Moskau aus Anlass des 60. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs und des Sieges über das faschistische Deutschland stattfinden werden. Nach Meinung der 75 Signatare unterschlage der russische Präsident Vladimir Putin bei diesen Feierlichkeiten die wesentlichen Prinzipien, die im Jahr 1945 zum Sieg über das faschistische Regime Adolf Hitlers geführt hätten. Den Feierlichkeiten in Moskau werden am Montag auch zahlreiche ausländische Spitzenpolitiker mit US-Präsident George W. Bush an der Spitze beiwohnen. Unter ihnen wird auch der tschechische Präsident Vaclav Klaus zugegen sein.
Tschechiens Außenminister: Ich verstehe Trauer von Deutschen
Anlässlich des 60. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs hat der tschechische Außenminister Cyril Svoboda Deutschland als "friedliebenden und zutiefst demokratischen Staat" gewürdigt. Es gebe zwar "keinen Zweifel, wer damals Aggressor und wer Okkupierter gewesen" sei, sagte der Christdemokrat der dpa in Prag. Er könne aber verstehen, dass Deutsche am 8. Mai auch an eigene Opfer denken würden: "Ich kann mir die Trauer einer deutschen Mutter vorstellen, die ihren Sohn verloren hat. Mir haben hier die Erzählungen von Heinrich Böll die Perspektive auf das Leid der anderen Seite eröffnet, ohne dass man Geschichte umschreiben kann."
Er sei völlig einverstanden, dass der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montag in Moskau am internationalen Gedenkakt zum Kriegsende teilnehme, unterstrich Svoboda: "Es ist sehr gut, wenn sich ehemalige Feinde treffen." Der 48-Jährige lobte auch die Einrichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin, das am Dienstag eröffnet wird: "Über die Erinnerung an die erschütternde Tatsache des Holocaust hinaus sehe ich darin eine Warnung, dass keine Demokratie vor Bedrohungen sicher ist."
Hingegen äußerte sich Svoboda skeptisch über das von deutschen Vertriebenenverbänden in Berlin geplante "Zentrum gegen Vertreibungen". Er habe gewisse Zweifel, ob nicht die Zwangsumsiedlung der Deutschen im Mittelpunkt stehen wird. "Das wäre selbstverständlich ein falscher Blick auf die Geschichte", sagte Svoboda.
HN: Der Ruf des "Nie wieder" muss immer und immer wieder erklingen
Die liberale tschechische Tageszeitung "Hospodarske noviny" meint am Samstag zum 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa:
"Die im Mai 1945 geborene Hoffnung auf ´nie wieder Krieg´ war möglicherweise von Anfang an verfehlt. Zwar hielt das jeweilige Atombombenarsenal in der Folge die beiden Großmächte von einer direkten Konfrontation ab. Doch andere Waffengänge gab es genug. Und auch die Hoffnung auf ´nie wieder Vernichtungslager´ war vergeblich - es gab Gulags in der Sowjetunion, ein Genozid in Kambodscha und einen organisierten Massenmord in Ruanda.
Trotzdem muss der Ruf des ´Nie wieder´ immer und immer wieder erklingen. Denn er birgt Hoffnung, aller Enttäuschungen zum Trotz. In Europa, wo der Zweite Weltkrieg begann, hat man verstanden: Dauerhaft kann nur jener Sieg sein, der auch dem Verlierer eine Zukunft ermöglicht."
Tschechische Regierungssprecherin Skorepova trat von ihrem Amt zurück
Die Sprecherin der tschechischen Regierung Veronika Skorepova ist am Samstag von ihrer Funktion zurückgetreten. Sie wolle das neue Kabinett von Premier Paroubek nicht diskreditieren und sie lehne gleichzeitig alle Spekulationen über die angeblich in ihrem Lebenslauf gemachten unwahren Angaben ab, über die am Freitag die Medien berichtet hatten, sagte sie zur Begründung ihres Schrittes.
Eishockey-WM: Tschechien nach 5:1 über Slowakei schon im Viertelfinale
Bei der 69. Eishockey-Weltmeisterschaft in Österreich hat sich die tschechische Nationalmannschaft am Samstagabend in Wien durch einen klaren 5:1-Erfolg über die Slowakei bereits für das Viertelfinale qualifiziert. Nach Toren von Sykora, Straka, Rucinsky, Hemsky und Kubina sowie dem slowakischen Gegentreffer durch Strbak fuhr das Team von Auswahlcoach Vladimir Ruzicka im vierten Spiel den vierten Sieg ein und führt die Zwischenrundengruppe E mit sechs Punkten vor Russland mit vier Punkten an. Sollten die Cracks um Superstar Jaromir Jagr, der gegen die Slowakei zum besten tschechischen Spieler der Partie gekürt wurde, auch ihre Begegnung am Sonntagabend gegen die russische Mannschaft gewinnen, dann stehen sie vor ihrem abschließenden Match am Dienstag gegen Weißrussland bereits als Gruppensieger fest. Dann würde Tschechien am Donnerstag im Viertelfinale in Wien auf den Vierten der Zwischenrundengruppe F treffen, die ihre Partien in Innsbruck austrägt.