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Untersuchungsausschuss zur Privatisierung der Chemieindustrie bringt neuen Streit in der Regierung

Der sozialdemokratische Premierminister Tschechiens, Jiri Paroubek, und der Chef der oppositionellen Kommunisten, Miroslav Grebenicek, haben am Donnerstag die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses über die Privatisierung der chemischen Industrie vereinbart. Paroubeks christdemokratische Koalitionspartner hatten hingegen eine spezielle Untersuchungskommission verlangt, die sich ausschließlich mit der jüngst in die Schlagzeilen gekommenen Privatisierung der Firma Unipetrol beschäftigen sollte. Eine solche wurde von den Sozialdemokraten abgelehnt. Die Einigung mit den Kommunisten gilt in Tschechien als jüngste Episode im Dauerstreit zwischen Sozial- und Christdemokraten, die einander jeweils vorwerfen, mit einer der beiden Oppositionsparteien zu kokettieren.

Staat verkauft Anteil an größter tschechischer Braunkohlegesellschaft

Der tschechische Staat verkauft seinen 55,4-prozentigen Eigentumsanteil an der größten heimischen Braunkohlegesellschaft, Severoceske doly, dem tschechischen Energieriesen CEZ. Das verlautbarte Finanzminister Bohuslav Sobotka am Donnerstag im Anschluss an die Regierungssitzung. Der Verkaufspreis beträgt etwas mehr als 9 Milliarden Kronen, das sind zirka 300 Millionen Euro. CEZ besitzt bereits jetzt 37 Prozent von Severoceske doly und wird nach Geschäftsabschluss somit knapp 93 Prozent an der Gesellschaft halten. Laut einem Vertreter von CEZ handelt es sich bei dem Kauf um eine der bisher größten Investitionen in Tschechien.

Prag gibt historische Stühle an Wien zurück

Nach jahrelangem diplomatischem Tauziehen gibt Tschechien rund 200 historische Stühle an Österreich zurück, die 1945 als "Feindeigentum" beschlagnahmt worden waren. Eine entsprechende Entscheidung hat am Donnerstag die Regierung in Prag getroffen. Die Stühle waren 1944 aus Sorge vor der Bombardierung Wiens aus Schönbrunn und der Hofburg in ein mährisches Schloss ausgelagert worden. Der Besitzer des Anwesens wurde nach dem Krieg auf Grundlage der so genannten Benes-Dekrete enteignet, die Stühle fielen an den tschechoslowakischen Staat. Seitdem hatte Wien wiederholt die Rückgabe angestrebt, diese war aber von der kommunistischen Tschechoslowakei abgelehnt worden. Auch nach der Wende von 1989 durften die Stühle als denkmalgeschützte Kulturgüter zunächst nicht ausgeführt werden. Nun hat eine ressortübergreifende Kommission die Rechtmäßigkeit der österreichischen Forderung festgestellt. Tschechien wird die Stühle nun zurückerstatten, zuvor sollen sie für 6,5 Millionen Kronen, das sind etwa 220.000 Euro, renoviert werden. Außenminister Cyril Svoboda bezeichnete die Rückgabe als einen "Akt der Gerechtigkeit".

Regierung beschließt Rentenerhöhung um fast fünf Prozent

Die tschechischen Renten sollen im Januar nächsten Jahres um 4,9 Prozent angehoben werden. Auch das beschloss am Donnerstag das Kabinett auf seiner Sitzung. Im Schnitt werden Rentner hierzulande dann 8128 Kronen monatlich erhalten, das sind etwa 270 Euro.

Oberste Staatsanwältin Benesova abberufen

Die tschechische Regierung hat am Donnerstag auf Vorschlag von Justizminister Pavel Nemec die Oberste Staatsanwältin Marie Benesova abberufen. Ihren Posten übernimmt die Staatsanwältin aus Hradec Kralove / Königgrätz, Renata Vesecka. Die Abberufung von Benesova unterstützte auch der sozialdemokratische Premierminister Jiri Paroubek. Die ebenfalls in der Regierung vertretenen Christdemokraten waren dagegen. Justizminister Nemec bemüht sich bereits seit längerer Zeit um Benesovas Abberufung. Benesova verhalte sich eher wie eine Politikerin und nicht wie eine Staatsanwältin. Von ihrer Nachfolgerin Vesecka erwarte er sich "mehr Taten und weniger Worte", so Nemec.

EU-Kommissar Spidla warnt vor Abkehr von sozialen Werten

Der für Sozialpolitik zuständige tschechische EU-Kommissar Vladimir Spidla hat vor einer Abkehr von den sozialen Grundwerten Europas gewarnt. Man dürfe diese Werte nicht über Bord werfen, sagte Spidla im Vorfeld eines informellen EU-Gipfels, der sich Ende Oktober in London vor allem mit sozialen Fragen beschäftigen soll. Spidla erwartet allerdings "keine Harmonie" bei diesem Treffen der Staats- und Regierungschefs. Zwar strebten alle 25 EU-Staaten nach sozialem Zusammenhalt der Gesellschaft, die Wege zu diesem Ziel seien jedoch umstritten, sagte er. Spidla bekräftigte außerdem seine Forderung, die Arbeitsmärkte der alten EU-Länder möglichst bald für Bürger der neuen Mitgliedstaaten zu öffnen. Auch Deutschland und Österreich würden von der Freizügigkeit profitieren, so der Sozialdemokrat. Zugleich sprach sich Spidla dafür aus, die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer zu erhalten. Nur so könnten sie die Kreativität entwickeln, die Europas Wirtschaft im internationalen Wettbewerb dringend brauche.

Medaillen für Persönlichkeiten der tschechisch-deutschen Verständigung

Der Vorsitzende der Vereinigung der politischen Gefangenen, Oldrich Stransky, und der Vorsitzende der sudetendeutschen christlichen Organisation Ackermann-Gemeinde, Adolf Ullman, wurden am Mittwoch im Prager Erzbistum mit den Medaillen des Heiligen Wenzel ausgezeichnet. Diese Medaillen werden aus Anlass des tschechischen Staatsfeiertages an Persönlichkeiten oder Institutionen verliehen, die sich für gegenseitiges Verständnis und für Toleranz einsetzen. Oldrich Stransky nahm in der 90er Jahren an den Beratungen zur Deutsch-tschechischen Erklärung teil und engagiert sich für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter. Die Ackermann-Gemeinde unterstützt seit 1946 den Friedensprozess in Mitteleuropa und arbeitet aktiv für die Verbesserung der tschechisch-deutschen Beziehungen.

Bürgerdemokraten ließen Image-Studie erstellen

Neun Monate vor den Parlamentswahlen in Tschechien ließ sich die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS) eine umfassende Meinungsumfrage über ihre Wirkung auf die Wähler erstellen. Es handelt sich dabei um die erste Image-Umfrage dieser Art in Tschechien, schreibt die Tageszeitung Mlada Fronta Dnes in ihrer Donnerstagausgabe. Die Bürgerdemokraten wollten vor allem die Meinung der unentschlossenen Wähler in Erfahrung bringen, um sie in der Wahlkampagne besser ansprechen zu können. Das Ergebnis: Über 40 Prozent der Unentschlossenen halten die Bürgerdemokraten für arrogant und aggressiv. Parteichef Mirek Topolanek meinte, die ODS würde sich bereits seit geraumer Zeit bemühen, dieses Image abzustreifen. Ganz sei dies jedoch noch nicht gelungen, sagte Topolanek. Die negative Reputation der Partei bei vielen Wählern habe ihre Wurzeln in der Vergangenheit, meint der Parteichef, dem ein recht kühles Verhältnis zu seinem Vorgänger, dem heutigen Staatspräsidenten Vaclav Klaus, nachgesagt wird.

Tschechien mit drei Bundesliga-Spielern gegen Holland und Finnland

Drei Spieler aus der deutschen Fußball-Bundesliga hat Tschechiens Nationaltrainer Karel Brückner in sein Aufgebot für die WM-Qualifikationsspiele gegen die Niederlande (8. Oktober) und in Finnland (12. Oktober) berufen. Brückner nominierte am Donnerstag Tomas Rosicky von Borussia Dortmund, Jan Polak vom 1. FC Nürnberg und Jiri Stajner von Hannover 96. Entgegen den Erwartungen fand Mittelfeldspieler David Jarolim vom Hamburger SV keine Berücksichtigung.

Wetter

Am Freitag ist es in Tschechien überwiegend bewölkt, örtlich ist mit Niederschlägen zu rechnen. Tageshöchsttemperaturen 11 bis 15 Grad.