Nachrichten Dienstag, 02. Februar, 1999

Skandal um Abberufung des tschechischen Geheimdienstchefs

Die Gründe für die Abberufung des bisherigen Direktors des zivilen Geheimdienstes, BIS, Karel Vulterin, beschäftigen die tschechischen Medien auch nach dem Wochenende weiter. In einer Talk-Show des privaten TV-Senders NOVA wurde angedeutet, Vulterin habe infolge einer von Aussenminister Jan Kavan inszenierten Intrige zurücktreten müssen. Kavan selbst bezeichnete diese Konstruktion der Tagezeitung Pravo gegenüber als absurd. Dem Chef des tschechischen Nationalen Sicherheitsamtes Tomas Kadlec zufolge, handle es sich bei diesem Fall um das schwerwiegenste Versagen des tschechischen Geheimdienstes im Verhältnis zum Ausland überhaupt. und hätten den britischen Agenten in Lebensgefahr gebracht. Wie der Chef des parlamentarischen Ausschusses für die Kontrolle des Geheimdienstes, Jan Klas, erklärte, sehe er für eine mögliche Verhinderung der Flucht von Geheiminformationen in der Novellierung des Gesetzes über Geheimdaten, das von Vizepremier Pavel Rychtesky vorbereitet wird. Ausserdem verwies Klas auf kommunistische Abgeordnete, die ihre Mitgliedschaft in entsprechenden Parlamentausschüssen ganz offen für die Demontage der Nato verwenden.

Zilk-Benda-Strafanzeige auf Amtmissbrauch

Bis Ende kommender Woche soll geklärt werden, ob die Immunität des ODS-Senator und ehemaligen Chef des Untersuchungsamtes für kommunistische Verbrechen, Vaclav Benda aufgehoben wird. Dies erklärte der für die Untersuchung der Affäre Zilk zuständige tschechische Untersuchungsleiter gegenüber der Nachrichtenagentur ctk. Mit der Aufhebung der Immunität wäre eine Strafanzeige gegen Benda möglich.Benda hatte im vergangenen Jahr öffentlich seine Bedenken gegen die Verleihung einer der höchsten Staatsauszeichnungen an den ehemaligen Wiener Bürgermeister Zilk mit dem Verdacht über dessen Zusammenarbeit mit der tschechoslowakischen Staatssicherheit begründet. SEine Erklärung will er auf Wunsch der Präsidialkanzlei gemacht haben. Die Anklage lautet auf Verleumdung und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass er wegen Amtsmissbrauch bzw. Gefährdung von Staatsgeheimnissen belangt wird.

Tschechien-EU

Der für Wirtschaftsangelegenheiten zuständige Vizeregierungsvorsitzende Pavel Mertlik wird am Dienstag den Regierungsausschuss für die Integration der Tschechischen Republik in die Europäische Union mit aktuellen Fragen der der nationalen Wirtschaftsstrategie bekanntmachen. Der für die EU-Integration zuständige Chefunterhändler Pavel Telicka vom Aussenministerium legt ausserdem dasdas sog. Nationalprogramm zum Vorbereitungsstand Tschechiens auf den EU-Beitritt vor. Telicka zufolge sei dieses Jahr entscheidend für die Beitrittvorbereitungen.

Parteitourismuss zum Zwecke der Bildung einer Mehrheitsregierung

Der sozialdemokratische Vizeparteichef Zdenek Skromach schliesst nicht aus, dass einige kommunistische Abgeordnete in der laufenden Legislaturperiode in die Partei der Sozialdemokraten übertreten. AUch der Übertritt von Mitgliedern der Freiheitsunion in das basisstarke Lager der Christdemokraten hält Skromach für möglich. Über eine mögliche Mehrheitsregierung von Sozialdemokraten und Christdemokraten wird schon seit längerem spekuliert. Die Parteiübertritte jedoch stellen Skromach zufolge keine aktuelle Frage dar.

Parteien-Sitzung bei Havel

Der amtierende Chef der Christdemokraten 'KDU-CSL), Jan Kasal, begrüsst die Intitiative von Staatspräsident Vaclav Havel, alle die Vorsitzenden der demokratischen Parlamentsparteien 'ausser Kommunisten) zu einer beratenden Sitzung einzuladen. Der Präsident halte Kasal zufolge die gegenwärtige Situation, in der nicht alle Parteien im Parlamentspräsidium vertreten seien, wahrscheinlich nicht für standardgemäss.

Ab heute neue Autobahnvignetten Pflicht

Autofahrer in der tschehcischen Republik benötigen ab 1. Februar eine neue Vignette zur Benutzung hiesiger Autobahnen. Das Fehlen wird mit einem Bussgeld von bis zu 5000 Kronen belegt. Diese Regelung gilt auch für motorisierte Besucher aus dem Ausland. Ausserdem erhalten Auslandbesucher ein Flugblatt der Tschechischen Polizei, in dem sie zu erhöhter Aufmerksamkeit beim AUtodiebstahl aufgefordert werden. Polizeiangaben zufolge seien vor allem deutsche Touristen davon betroffen.

Prager U-Bahn METRO hofft auf Staatshilfe

Regierung verhandelt über Finanzierung der Prager Metro Die tschechische Regierung berät am Montag über eine mögliche künftige Beteiligung des Staates an der Finanzierung der Metro- der Untergrundbahn von Prag. In diesem Jahr wird die Hauptstadt noch wie in den vorangegangen Jahren alle Kosten selbst tragen müssen. Für die Zukunft hofft man aber auf eine 50%ige Kostenbeteiligung durch den Staat. Verkehrsminister Antonin Peltram legt dem Kabinett in diesem zusammenhang Material zu Ausbau und Modernisierung der Metro vor. Noch für dieses Jahr ist eine Erweiterung der Trasse B geplant.

Staatspräsident Havel trifft sich mit Kardinal Vlk

Der Prager Erzbischof Kardinal Miloslav Vlk hat Staatspräsident Vaclav Havel und dessen Frau Dagmar zu einem privat-Frühstück eingeladen. Wahrscheinlich wird man über den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen Staat und Kirche sprechen und die dafür zuständige neu gebildete Regierungskommission.

Grippe greift um

Die Grippeepedemie in der Tschechischen Republik hat sich weiter ausgebreitet. Stark betroffen sind vor allem die Hauptstadt Prag und Nordböhmen. Viele Schuleinrichtungen haben Grippeferien angeordnet.